VISION 20002/2000
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Ich ließ mein Kind abtreiben

Artikel drucken Zeugnis einer Vision-Leserin

Als ich vor 21 Jahren mein Kind abtreiben ließ, war ich mir in keiner Weise darüber im klaren, was ich tat. Ich lebte vollkommen in der Kultur des Todes. Helfershelfer in meiner Umgebung zu finden, war für mich damals kein Problem. Mit fast 40 Jahren durfte ich dann doch noch Mutter werden. Als ich ein paar Jahre nach der Geburt schon ins Klimakterium kam, verschlechterte sich mein seelischer Zustand sehr. Im folgenden möchte ich in einer Kurzfassung schildern, auf welch wunderbare Weise mich der Herr, zu dem ich damals ganz besonders flehte, geführt hat.

Schon an unserem letzten Wohnort - wir lebten in einem evangelisch-pietistisch geprägten Dorf - hatte ich sehr oft große Sehnsucht nach dem eucharistischen Mahl verspürt. Damals hatte ich auch bereits ein besonderes Verhältnis zur heiligen Teresa von Avila. Bei einem Ferienaufenthalt in Bodman in der Nähe des Bodensees las ich ein Plakat über den Frauenberg. Es lud die Menschen zur sommerlichen Wallfahrt ein. Als wir dann zwei Jahre später in die Nähe von Bodman übersiedelten, erinnerte ich mich wieder an diesen Berg. Es dauerte mehr als zehn Monate, bis ich ihn endlich gefunden hatte. Dort wurden wir, meine Tochter und ich, von einer sehr liebenswerten Schwester der Gemeinschaft Agnus Dei empfangen. An der Wand hing das Portrait der heiligen Teresa von Avila!

Im folgenden Winter besuchten wir den Frauenberg regelmäßig. Ich hatte ein Gespräch über den Katechismus aufgenommen und beschloß, im Mai endlich zu konvertieren. Nachdem ich katholisch geworden war, durfte ich an der ewigen Anbetung teilnehmen.

Wir verlebten einen wundervollen Sommer und Herbst. Sehr viel Zeit verbrachten wir zusammen mit der Gemeinschaft, wo sich meine Tochter inmitten der Kinderschar sehr wohl fühlte.

Am Ende des Winter aber geriet ich in eine außerordentliche Krise. Das Beten auf dem Frauenberg war mir schwer geworden. Eine große Unruhe war in mir aufgekommen, ich hatte Fluchtgedanken und Depressionen. Auch für die Ehe fühlte ich mich immer unzulänglicher.

Damals erfuhrt ich, daß die Gemeinschaft 1985 wegen der Ungeborenen mit der ewigen Anbetung begonnen hatte. Ihr Anliegen: Den Herrn für alle die Abtreibungen um Verzeihung zu bitten. Zufällig fiel mir damals ein Blatt in die Hände, in dem die Gemeinschaft Frauen, die abgetrieben hatten, ihre Hilfe anbot.

Erst da bemerkte ich, daß ja ich gemeint war, daß ich eine der Betroffenen war! Nun begann ein sehr mühsamer Weg für mich: die Aufarbeitung meiner Erlebnisse vor mehr als 20 Jahren und die Bearbeitung meiner Traumata. Bei meiner großen seelischen Labilität hatte ich das Glück, mein Kind stets in guten Händen zu wissen. Und den Brüdern und Schwestern der Gemeinschaft bin ich bis heute sehr dankbar für ihre liebevolle und behutsame Art, mit mir umzugehen. Natürlich ist mir damals auch ein Priester zur Seite gestanden, der mit mir sprach, mir aber auch in einigen Beichten viel abverlangte.

Es dauerte mehr als ein halbes Jahr, bis ich wieder Frieden finden konnte vor dem Allerheiligsten. Jetzt bin ich wieder sehr, sehr glücklich und dankbar, daß ich wieder gerne beten darf.

SHS

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