VISION 20001/2001
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„Mit der Zeit wurde ich knausrig“

Artikel drucken Als Sparmeister Sklave des Geldes (Martin Ploderer)

Irgendwie hatte ich als Kind und junger Mensch immer das Gefühl, Geld sei etwas Schlechtes an sich, die Quelle allen Übels und mit allen Mitteln zu vermeiden. In jungen Jahren, die ich im Ausland verbrachte, schlug ich mich recht und schlecht durch, leistete den einen oder anderen Dienst, meist darauf bedacht, dafür nichts oder nicht sehr viel bezahlt zu bekommen. Mit der Zeit wurde ich durch die daraus entstehenden Nöte zwangsläufig knausrig und mißgelaunt, und schließlich mußte ich von Woche zu Woche fürchten, nicht mehr genug für Miete und sonstiges Notwendige aufbringen zu können - von Gaben oder Geschenken für andere ganz zu schweigen. Verschiedene andere Ereignisse trugen das Ihre dazu bei, daß ich eines Tages vor dem stand, was ich als die Ruinen meines Lebens empfand - eine im übrigen höchst segensreiche Erfahrung!

Es ergab sich, daß just zu dieser Zeit der Herr in besonderer Weise in mein Leben trat, indem Er mich zu einer Katechese und in weiterer Folge in eine katholische Gemeinschaft führte, in der das Wort Gottes nicht leerer Buchstabe bleiben sollte, sondern sich im täglichen Leben verifizieren ließ. So kam es unter anderem dazu, daß ich in diesem Zusammenhang einem Bußgottesdienst beiwohnte, der in üppigen Agapen seinen Abschluß fand - und das mitten in der Fastenzeit!

Plötzlich begriff ich einfach, wie schwach ich war. Ohne all jene zahllosen und vielfältigen Gaben, die Gott uns Menschen zur Verfügung stellt, sind wir einfach nicht lebensfähig - und wenn ich die schönen Dinge des Lebens als Geschenk Gottes anzunehmen weiß, werden diese dadurch veredelt und gerechtfertigt. Schließlich heißt es ja bei Mt 19,24, es sei für einen Reichen schwerer, in das Reich Gottes zu kommen als einem Kamel durch das Nadelöhr, nicht aber, daß es unmöglich sei!

Ich halte diese Unterscheidung für wesentlich, denn worauf es ankommt, das ist, allen Dingen, so auch dem Geld, den ihnen gebührenden Platz zu geben, nicht aber sie über uns oder über Gott zu stellen. Auch Geld ist nur ein Ding, ein Mittel, wenn auch eines mit einer sehr hohen Energie und Überzeugungskraft... Wenn es aber seinem Zweck entsprechend richtig eingesetzt ist, kann es doch auch Wunderbares bewirken. Und das ist der springende Punkt!

Ich war in jenen Jahren meiner Lebenslehre ein umgekehrter Sklave des Geldes geworden, indem ich es allzu sehr verachtete und auch noch sehr stolz darauf war. So aber konnte ich die Natur des Geldes und meine eigene Schwäche erkennen. Gott gab mir durch diese Erkenntnis die Freiheit, und seither kann ich Geld komplexfrei und unkompliziert betrachten, auch wenn es bis zur vollkommen selbstlosen, christlichen Freiheit natürlich noch ein weiter Weg ist... Ich weiß heute, daß alles Geschenk Gottes ist, und kann es daher unbeschwert annehmen. Ist es denn nicht auch für uns beschämend, wenn wir einen Menschen beschenken wollen, und dieser die Gaben dann nicht annimmt? Gott will, daß wir frei sind, freie Herren auch über das Geld, deshalb warnt Jesus uns vor der Sklaverei, wenn wir uns dem Geld unterwerfen.

So kann uns der Lauf des Gebens vieles lehren: wenn ich gebe, kann ich auch nehmen. Auch das Leben, das ich bekommen habe, kann ich nicht zurück-, nur weitergeben. So ist es in der Liebe, und Liebe ist die Voraussetzung des Lebens. Wenn Gott mir aber aus Liebe gibt, weshalb sollte ich es dann nicht annehmen?

Martin Ploderer

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