VISION 20001/2001
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“Ich bin ja Mitarbeiter Gottes!"

Artikel drucken Wenn Gott auch am Arbeitsplatz die erste Stelle einnimmt (Stefan Keznickl)

Besonders groß kann das Spannungsfeld zwischen einem Leben aus dem Glauben und den Anforderungen am Arbeitsplatz werden. Eine Initiative im Rahmen der Schönstatt-Bewegung setzt sich mit diesem Fragenkreis auseinander.

Lange Zeit glaubte ich, daß meine tägliche Arbeit irgendwie mit meinem Glauben zu tun hat (Evangelisierung am Arbeitsplatz), daß ich damit meinen Lebensunterhalt verdiene, daß ich durch sie (indirekt zumindest) dem Wohl der Menschen um mich diene, usw. Zwar ist mit der Arbeit auch Mühe und Ärger verbunden, aber im Prinzip ist die Arbeit gut. So dachte ich.

Aber mich haben die vielen negativen Widerwärtigkeiten (Streß, Ärger, Konflikte, persönliche Schwächen) immer mehr gestört. Wie lassen sich diese unguten Umstände mit meinem Glauben, den ich immer als eine große Bereicherung empfand, vereinbaren?

Im Frühsommer 1996 habe ich dann mit einem Ehepaar, die “zufällig" über denselben Leidensdruck klagten, einen Arbeitskreis (“Christ am Arbeitsplatz") gegründet, in dem wir mit Hilfe der Pädagogik eines begnadeten Erziehers - P. Joseph Kentenich - Lösungen für unsere Probleme finden wollten. Wir machten uns auf die Forschungsreise in die eigene Seele!

Wo nachschlagen, wenn man nicht weiter weiß? Wir forschten und stießen bis zum Anfang von allem vor - bis zum Schöpfungsbericht. “Gott, der Herr, formte aus dem Ackerboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und führte sie dem Menschen zu, um zu sehen, wie er sie benennen würde. Und wie der Mensch jedes lebendige Wesen benannte, so sollte es heißen. Der Mensch gab Namen allem Vieh, den Vögeln des Himmels und allen Tieren des Feldes." (Gen 2, 19 u. 20).

Man muß sich da fast jedes Wort auf der Zunge (und im Herzen) zergehen lassen. Gott hat die Schöpfung nicht ganz allein fertig gemacht, Er hat dem Menschen den Auftrag gegeben mitzutun! Der Mensch sollte die Tiere benennen. Das ist eine geistig schöpferische Tätigkeit. Und noch dazu hat sich Gott an das Ergebnis dieser Tätigkeit gehalten. Die Tiere behielten den Namen, den ihnen der Mensch gegeben hatte.

Gott hat also dem Menschen einen Auftrag gegeben, bei der Schöpfung mitzuwirken - und dieses Mitwirken hat nicht aufgehört. Das geht seit allem Anfang bis zum heutigen Tag weiter, bis zu mir und meiner täglichen Arbeit heute.

Das hat uns im Arbeitskreis fasziniert: ich nehme durch meine berufliche Arbeit an der Schöpfung teil - ich bin Mitschöpfer (so hat es auch Johannes Paul II. in Laborem Exercens ausgedrückt). Seit damals (das sind jetzt schon fast fünf Jahre) koste ich diesen Gedanken, daß ich durch meine berufliche Arbeit Mitschöpfer Gottes bin, aus.

Der geistige Vater unseres Arbeitskreises - P. Kentenich - hat einen Satz geprägt, der diese Haltung gegenüber jeder menschlichen Arbeit so ausdrückt: “Arbeit ist Teilnahme an der schöpferischen und sich verschenkenden Tätigkeit Gottes". Das hat unsere Forschung noch einmal beflügelt.

Irgendwann hat dann einer gesagt: “Ich bin Mitarbeiter Gottes!" Das war dann so etwas wie ein Höhepunkt in der bisherigen “Forschung" unseres Arbeitskreises. Es ist herrlich: Wenn das stimmt, daß ich Mitarbeiter Gottes bin, dann ist jede menschliche Arbeit wertvoll - auch die unbezahlte (Mutter und Hausfrau), auch die unbedankte, auch die nicht angesehene, auch die “minderwertige" (Putzfrau), weil sie einem göttlichen Auftrag entspricht.

Wir haben dann versucht, das in unserem alltäglichen Leben umzusetzen, und wir sind einfach mit dem Gefühl im Herzen “Ich bin Mitarbeiter Gottes" in und durch den Tag gegangen. (Nebenbei hat mir gefallen, daß das nicht moralisierend wirkt. Denn es ist klar, daß ich nicht stehle, nicht betrüge und nicht lüge, daß ich nicht Steuern hinterziehe ...)

Als Mitarbeiter Gottes möchte ich natürlich meine Arbeit möglichst gut machen. Mir hat gefallen wie das einer einmal so ausgedrückt hat: das Gewöhnliche außergewöhnlich gut machen. Außerdem stellt Gott (wie jeder Chef) auch Anforderungen - ich soll zum Beispiel die Menschen um mich herum nicht nur in ihrer Funktion wahrnehmen.

Eines Tages ging ich - wie jeden Montag morgen - ins Büro. Es war noch dazu ein grauer, kalter Novembermorgen. Wie ich so auf das Gebäude, in dem sich mein Büro befindet, zugehe, hat es mich überhaupt nicht gefreut. Es ist in der Zeit davor einiges schiefgegangen, die Stimmung in der Abteilung war im Keller, ich war übermüdet, einige Personen in meiner Nähe sind mir auf die Nerven gegangen, ... und auf einmal kam so der Gedanke hoch: “Aber trotzdem, Du bist Mitarbeiter Gottes!"

Und plötzlich konnte ich mit einer gewissen Freude diesen Tag und meine Arbeit sehen. Der November war zwar noch immer grau, die Menschen um mich waren noch immer nicht freundlich genug, aber ich habe es als Gnade empfunden, ins Büro zu gehen und dort als Mitarbeiter Gottes tätig zu sein.

Gleich zu Beginn unseres Arbeitskreises ist ein Ehepaar zu uns gestoßen, die an einem Problem “gekiefelt" haben. Der Mann war seit einiger Zeit in seinem Betrieb unter starkem Druck geraten, der sich so gesteigert hat, daß Schlafprobleme auftraten. Er war zwar immer ziemlich tüchtig und fleißig gewesen, aber durch ein neues Management und andere Umstände waren bisherige Arbeitsgewohnheiten völlig anders geworden. Der Leistungsdruck ging so weit, daß er immer länger arbeiten mußte, wodurch die Erholungsphasen zu kurz und auch die ohnedies knappe Zeit für die Familie noch kürzer geworden war.

Mit Hilfe des “Ich bin Mitarbeiter Gottes"-Ideals ist es ihm gelungen nach einiger Zeit eine Lösungsstrategie zu erarbeiten, die ihm und seiner Familie geholfen hat die Krise zu bewältigen:

1. Er hat zu Beginn jedes Tages Gott für den kommenden Tag gedankt, egal wie der kommende Tag werden wird.

2. Er hat im voraus jede Störung (und davon gab es ziemlich viele) bewußt in Kauf genommen und sich klar gemacht, daß diese Phase nun einmal so ist, daß es ständig Störungen geben wird.

3. Er hat jedes Wochenende mit seiner Frau einen Tag in der kommenden Woche ausgemacht, an dem er viel früher mit seiner Arbeit Schluß machen würde. Diesen Nachmittag beziehungsweise Abend wollten die beiden allein verbringen, denn sie hatten sich in dieser Phase kaum noch während der Woche gesehen.


Christ am Arbeitsplatz

Für das Jahr 2001 sind folgende Termine für die Schönstatt-Arbeitskreise “Christ am Arbeitsplatz" vorgesehen:

Wien: Schönstatt am Kahlenberg (19.30 bis 21 Uhr)

Zeit: 19.1., 16.2., 23.3., 4.5., 8.6., 14.9. 2001

Salzburg: Im Zentrum (19.30 bis 21 Uhr)

Zeit: 12.1., 23.2., 30.3., 11.5., 22.6., 7.9. 2001

Pierbach/OÖ: Raiffeisenkasse (Sitzungssaal) (19.15 bis 21 Uhr)

Zeit: 26.1., 2.3., 6.4., 18.5., 29.6., 7.9. 2001

Information: Stefan Keznickl Tel. 01/799 49 10

Die Arbeitskreise sind offen für jeden, der Freude daran hat den Glauben mit dem Leben zu verbinden. Manche Teilnehmer kommen regelmäßig, andere sporadisch. In Wien sind es derzeit etwa zwölf.

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