VISION 20001/2003
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Heimkehr aus 68er-Bewegung

Artikel drucken Peter Seewalds Weg zurück in die Kirche

In den letzten Jahren mehren sich Zeugnisse von Menschen, die nach oft bewegenden Lebenserfahrungen den Weg zurück in die Katholische Kirche gefunden haben. Ein ganz besonderes Buch dieser Art erschien kürzlich bei der Deutschen Verlagsanstalt: Peter Seewald, der Autor, bekannt durch seine Gespräche mit Kardinal Ratzinger, schreibt über die Zeit, als er begann, wieder an Gott zu denken.

Der Bogen spannt sich von seiner Jugend in der katholischen Idylle seiner niederbayrischen Heimat, über die wilden Jahre der 68er-Bewegung, bis hin zu den verzweifelten Fragen eines jungen Familienvaters und den Begegnungen mit dem Präfekten der Glaubenskongregation im Kloster Monte Cassino.

Seewalds Buch liest sich wie die Geschichte einer ganzen Generation. Einer Generation, die die alten Wertvorstellungen und gesellschaftlichen Ansprüche hinter sich ließ, um zu neuen Ufern aufzubrechen. Der Autor hat sich glücklicherweise die Kritikfähigkeit seiner 68er Jahre erhalten. Er hat sich nicht damit zufriedengegeben, das Leben am neuen Ufer kritiklos hinzunehmen. So entlarvt er die neue “Spießigkeit" vieler Zeitgenossen, mit deren Mittelmäßigkeit er sich nicht zufrieden geben wollte.

Seewald geht es um die zivilisatorische Relevanz des Christentums. An der Erziehung seiner Kinder sah er, welch fatale Folgen der kulturelle Umbruch auslöste, für den er vor Jahren selbst begeistert auf die Straße gegangen war. Die innere Unruhe, die dadurch entstand, führte ihn an einen Ort, von dem er sich längst verabschiedet hatte - in die Katholische Kirche. Gerade an den Ort, den die 68er-Bewegung als Synonym für Verlogenheit und Spießigkeit ausgemacht hatte.

Und dabei entdeckte Seewald allmählich, welche Lebensweisheiten und geistigen Schätze diese uralte Institution in sich birgt, und wie sehr sie unsere Kultur und Zivilisation prägte. In den großen Traditionen der abendländischen Überlieferung findet er erstaunliche und überzeugende Antworten auf die lebensbedrohlichen Herausforderungen unserer Zeit. Er entdeckt in der katholischen Kirche jene großartige Freiheit des Christenmenschen, der er so lange auf der Spur war.

So kann er heute sagen: “Ein Katholik ist einfach jemand, der alles haben will, die Ganzheit des Glaubens, mit allem, was dazugehört. Der den alten Papst respektiert, weil er die Einheit des Glaubens verkörpert. (...) Ein Katholik hat ein kritisches Bewußtsein, wie es der Geist der Unterscheidung verlangt, aber er ist auch gehorsam, weil er selbst nicht immer so ganz genau weiß, was für ihn das Beste ist".

Sein Zeugnis ist sehr offen und freimütig. Er beschreibt die inneren Kämpfe, die Zerissenheit eines langen Suchens. Er stellt uns die Kirche der Heiligen wie der Sünder vor Augen. Sein Zeugnis liest sich als Liebeserklärung, die jedoch nicht glorifiziert. Es ist ein Buch für die vielen suchenden und fragenden Menschen unserer Zeit, die wie der Autor an ein neues Ufer geschwommen sind und dort erkennen müssen, daß sie sich da ihr letztes Paradies nicht schaffen können.

Christoph Hurnaus

Grüß Gott - Als ich begann wieder an Gott zu denken, Von Peter Seewald, Deutsche Verlagsanstalt, Euro 20,50

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