VISION 20004/2007
« zum Inhalt Worte des Papstes

Laßt Euch nicht treiben!

Artikel drucken Ermutigung des Papstes, sich für Jesus zu entscheiden

Was will es konkret heißen, “Christus nachzufolgen"? Am Anfang, bei den ersten Jüngern, war der Sinn sehr einfach und unmittelbar: Diese Menschen hatten beschlossen, ihren Beruf, ihre Geschäfte, ihr ganzes Leben aufzugeben, um mit Jesus mitzugehen. Es ging darum, einen neuen Beruf aufzunehmen: den des Jüngers.

Der grundsätzliche Inhalt dieses Berufs bestand dar in, mit dem Meister zu gehen, sich seiner Leitung voll und ganz anzuvertrauen. So war die Nachfolge etwas Äußeres und gleichzeitig etwas zutiefst Inneres. Der äußere Aspekt bestand darin, Jesus bei Seinen Wanderungen durch Palästina hinterher zu gehen; der innere Aspekt bestand in der neuen Ausrichtung des Daseins, das seinen Bezugspunkt nun nicht mehr in den Geschäften, im Beruf, der den Lebensunterhalt gewährleistete, im persönlichen Willen hatte, sondern der sich ganz dem Willen eines anderen hingab. Ihm zur Verfügung zu stehen, war nunmehr der Sinn des Lebens geworden. Welchen Verzicht auf das, was einem gehörte, dies mit sich brachte; wie sehr man sich von sich selbst abkehren mußte, können wir in einigen Szenen des Evangeliums sehr deutlich erkennen.

Damit enthüllt sich aber auch das, was Nachfolge für uns bedeutet und was für uns ihr wahres Wesen ist: Es handelt sich um eine innere Veränderung des Daseins. Sie erfordert, daß ich nicht mehr in meinem Ich verschlossen bin und so nicht meine Selbstverwirklichung als den hauptsächlichen Sinn meines Lebens ansehe. Sie erfordert, daß ich mich aus freien Stücken einem anderen hingebe - um der Wahrheit, um der Liebe, um Gottes willen, der mir in Jesus Christus voranschreitet und mir den Weg weist.

Es handelt sich um die Grundentscheidung, nicht mehr den Nutzen und den Verdienst, die Karriere und den Erfolg als letztes Ziel meines Lebens zu betrachten, sondern Wahrheit und Liebe als echte Kriterien anzuerkennen. Es handelt sich um die Wahl zwischen dem Nur-für-mich-selbst-Leben oder dem Mich-Schenken - um des Größeren willen. Und es sei wohl gemerkt, daß Wahrheit und Liebe keine abstrakten Werte sind: In Jesus Christus sind sie Person geworden. (...)

Liebe junge Freunde: Wie wichtig ist heute gerade das: sich im Leben nicht einfach nach hierhin und dorthin treiben zu lassen; sich nicht mit dem zufrieden zu geben, was alle denken und sagen und tun. Es geht darum, forschend nach Gott Ausschau zu halten und Gott zu suchen; nicht zu erlauben, daß die Frage nach Gott in unseren Seelen verdunstet, die Sehnsucht nach dem, was größer ist, die Sehnsucht, ihn zu kennen - sein Antlitz...

Die andere sehr konkrete Bedingung für den Aufstieg ist diese: auf heiligem Boden kann stehen, “wer reine Hände hat und ein lauteres Herz". Reine Hände - das sind Hände, die nicht für gewalttätige Handlungen benutzt werden; Hände, die nicht von der Korruption, vom Schmiergeld beschmutzt sind. Ein lauteres Herz - wann ist das Herz lauter? Lauter ist ein Herz, das nicht “so tut, als ob", das sich nicht mit Lüge und Heuchelei befleckt; ein Herz, das durchsichtig wie Quellwasser bleibt, da es keine Zweideutigkeit kennt. Lauter ist ein Herz, das sich nicht mit der Trunkenheit der Lust zerstreut, ein Herz, dessen Liebe wahr ist und nicht nur eine Leidenschaft des Augenblicks. Reine Hände und ein lauteres Herz: Wenn wir zusammen mit Jesus gehen, steigen wir hinauf und finden die Läuterungen, die uns wirklich auf jene Höhe bringen, die die Bestimmung des Menschen ist: die Freundschaft mit Gott selbst.

Auszug aus der Predigt, gehalten am Palmsonntag, 1.4.07

© 1999-2024 Vision2000 | Sitz: Hohe Wand-Straße 28/6, 2344 Maria Enzersdorf, Österreich | Mail: vision2000@aon.at | Tel: +43 (0) 1 586 94 11