VISION 20005/2007
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“Mit Gottes Hilfe geht alles"

Artikel drucken Kaplan Victor Frölichsthal, gesuchter Beichtvater in der südlichen Steiermark (Von Alexa Gaspari)

Während unseres diesjährigen Urlaubs in der Steiermark hat mich Maria Fellner (Portrait 6/02) auf diesen bescheidenen, liebenswürdigen Priester aufmerksam gemacht. Er habe, wie Maria erklärt, “ein Charisma als Beichtvater und verkörpert somit Gottes Barmherzigkeit besonders gut. Er macht die Menschen fröhlich und reist wie der heilige Nikolaus mit Säcken voller Schriften und Bücher umher, um sie zu verteilen." Der Kaplan selbst meinte allerdings zu Beginn unseres Gesprächs bei den Schulbrüdern im steirischen Laubegg, sein Leben sei viel zu unspektakulär für ein Portrait. Mal sehen...

Victor Frölichsthal wurde am 10. Juli 1930 in Wien geboren. Vier Buben gibt es somit in der Familie, doch 1933 stirbt sein damals 5jähriger Bruder an Diphterie. Frölichsthals Vater ist Privatsekretär von Bundeskanzler Kurt Schuschnigg: zunächst als dieser Unterrichts- und Justizminister ist, und später, als Schuschnigg Bundeskanzler wird. Nach dem Anschluß muß der Vater sofort mit dem nächsten Zug flüchten, um nicht ins KZ zu kommen: zunächst nach Ungarn, dann aber nach Italien, um in Rom seinen ehemaligen Religionsprofessor, der mittlerweile Erzbischof geworden war, aufzusuchen.

Der Rest der Familie flieht nach Grado. Es ist Sommer: Für den damals 9jährigen Victor ein schöner Aufenthalt am Meer und eher ein Abenteuer: aufregend zum Beispiel ein gewaltiger Wirbelsturm, der Dächer abdeckt und einen schweren Eisentisch aus der Pension ins Meer fegt. In Grado gehen die Kinder bis Weihnachten auch in die Schule. Zuletzt aber kann die Familie nach Rom nachkommen.

Sieben Jahre wohnen die Frölichsthals von da an im exterritorialen Kloster der “Schwestern der Schmerzhaften Mutter" ganz in der Nähe des Vatikans. Von dort fahren die Brüder in das Jesuitenkolleg Mondragone bei Frascati, die Schule, die der junge Victor von seinem 10. bis zum 16. Lebensjahr besucht. Übrigens: Freizeit ist seitdem für ihn Fußball.

Sein Vater arbeitet als Übersetzer, verdient aber nicht genug, sodaß die Mutter jede nur mögliche Arbeit annimmt, um die Familie wirtschaftlich über Wasser zu halten: als Näherin, Masseuse - und auch als Schauspielerin.

Daß die Juden verfolgt werden, bleibt kein Geheimnis für die Buben. Sie bekommen aber auch mit, wie sehr sich Papst Pius XII für sie einsetzt, sie in vielen exterritorialen päpstlichen Gebäude versteckt werden. “Der Papst wollte ja etwas gegen die Judenverfolgung schreiben, wie es die holländischen Bischöfe getan hatten. Doch dann gab es dort die wilde Judenvernichtung, bei der auch Edith Stein umgebracht wurde. Da hat der Papst auf seine Schrift verzichtet und sehr viel im Geheimen geholfen. Der damalige Oberrabbiner von Rom hat das sehr zu schätzen gewußt. Nach dem Krieg wurde er katholisch und nahm bewußt den Namen Eugen, den Vorname von Pius XII, an," erinnert sich der Kaplan an die schwere Zeit.

Stark in seine Erinnerung eingeprägt hat sich auch ein gewaltiger Luftangriff der Alliierten auf Frascati im September 1943. Victor ist damals mit einem seiner Brüder unterwegs, die anderen im Keller in Mondragone - doch die Alliierten verschonten das päpstliche Eigentum, was damals allerdings niemand wußte.

1946 übersiedelt die Familie wieder nach Wien zu den Großeltern. Hier erkrankt der 17jährige Victor schwer an Diphterie. In ihrer Verzweiflung - dem Burschen geht es sehr schlecht - bittet die Mutter die Schwestern der Schmerzhaften Mutter, bei denen sie in Rom gewohnt hatten, um ihr Gebet. Und tatsächlich: Auf die Fürsprache der Gründerin, der Dienerin Gottes Mutter Franziska Streitel, wird Victor über Nacht geheilt. Abends noch schwerkrank, diagnostizieren ihn die Ärzte am nächsten Tag als kerngesund: Blutbild, Temperatur, Herzgeräusche... alles normal. Diese plötzliche, wunderbare Heilung wird übrigens zum Seligsprechungsprozeß von Franziska Streitel eingereicht.

Das Schuljahr hat Victor allerdings durch die lange Krankheit verloren. Er wird die 6. Klasse dann in Bregenz nachholen. Dorthin übersiedelt die Familie, weil der Vater als Dolmetsch in der französischen Besatzungszone arbeiten kann. Der junge Mann erkrankt in den nächsten Jahren neuerlich: diesmal Tuberkulose. Er muß nach in die Lungenheilanstalt. Nur Dank des Streptomycins, das der Vater aus Amerika beschaffen kann, heilt die Lunge aus. Nach der Matura 1951 beginnt er, in Innsbruck Philosophie und Theologie zu studieren.

Ob er da schon wußte, daß er zum Priester berufen war, will ich wissen. “Ja, ich wollte immer schon den Menschen helfen und habe mir überlegt, wer denn das am besten könne: Als Arzt könnte ich für das leibliche Wohl der Menschen sorgen, solange es geht. Doch nach dem Tod... Als Priester hingegen kann ich den Menschen zu Lebzeiten helfen, zu Gott zu finden und nach dem Tod auch noch für sie Messe feiern. Und so wollte ich schon recht früh einmal diesen Helferdienst als Priester ausüben. Als Student habe ich meine Berufung zum Priester geprüft, mir Rat bei meinem Beichtvater, beim Regens und auch beim Bischof geholt. Sie haben alle gesagt, ihrer Ansicht nach sei ich berufen, entscheiden aber müsse ich mich selbst mit meinem freien Willen."

Auf diese Weise wächst im Theologiestudenten die Gewißheit, daß es wohl Gottes Wille sei, daß er Priester werde.

Für die Eltern ist seine Berufung kein Problem: “Im Gegenteil: Meine Mutter hat mir später erzählt, daß sie das Thema nie angesprochen habe, damit ich nicht ihr zuliebe Priester würde. Bei meiner Taufe habe meine Großmutter nämlich neben dem Priester einen weiteren Priester stehen gesehen. Um mich nicht zu beeinflussen, hatten sie mir das nie erzählt." Freude also bei der Mutter über die Entscheidung.

Nach 6 Jahren Studium wird er 1957 für die Diözese Feldkirch zum Priester geweiht. Sein Motto: “Nütze die Zeit für die Ewigkeit." Als sich Victor wegen der vielen Aufgaben, die ein Priester hat, sorgt, macht ihm sein Primizprediger, ein Jesuit, Mut: “Wie heißt denn dein Regens?", fragt er den jungen Priester: “Amann, habe ich gesagt. ,Merke dir', gab er zur Antwort, ,im Reich Gottes gibt es A-Männer, B-Männer, C-Männer, das ganze Alphabet durch. Jeder hat seine eigene Begabung. Die soll er einsetzen. Gott schaut nicht darauf, daß einer alles kann, sondern ob er guten Willens ist, ob er Gott dienen will, ob er bereit ist zu helfen, Seelen zu retten. Wo das vorhanden ist, ist es egal, welche Begabungen man hat."

Aber das Vertrauen auf die Hilfe des Heiligen Geistes muß der junge Priester erst erfahren: “Im Gymnasium hatte ich mich schon vor jedem öffentlichen Auftritt gefürchtet, und im Seminar hatte ich schreckliche Angst vor dem Predigen - noch dazu, wo der Regens gemeint hat, es gäbe sogar 70jährige Priester, die vor jeder Predigt zittern würden. In der Nacht bin ich vor den leeren Bänken in der Kirche predigen gegangen. Vor der ersten Predigt habe ich dem Pfarrer gesagt: Ich kann nicht. Unmöglich! Er riet mir dann, ich solle einfach ablesen, was ich aufgeschrieben hatte. Die Leute würden schon verstehen, daß ein Primiziant noch nicht frei reden könne. Später ist das Predigen mit großem Gottvertrauen gegangen," lächelt der Kaplan.

Maria Fellner hingegen kennt ihn nur als ausgezeichneten Prediger: “Seine Predigten prägen sich ein, weil sie gespickt sind mit eindrucksvollen Geschichten." Davon aber später.

Es folgen 19 Jahre, in denen Victor Frölichsthal an den verschiedensten Orten als Priester wirkt: zunächst im Bregenzer Wald - “,Rosa, Rosa', sagte meine Mutter zu meiner einheimischen Köchin, ,sprechen Sie Deutsch, ich verstehe ja kein Wort'," erinnert er sich lachend an diese Zeit. Später kommt er nach Kendelbach bei Bregenz. Gaissau und Höchst, an der Schweizer Grenze, sind die nächsten Etappen. In Gaissau ist er Provisor, in Höchst Kaplan. In Küßnacht in der Schweiz, wo er für ein Jahr ist, haben die Schulkinder Verständigungsschwierigkeiten mit dem Religionsprofessor aus Österreich: “ I kum nit drus" (ich verstehe Sie nicht) hört er immer wieder. Nach dem Jahr in der Schweiz wird ihm freigestellt, sein nächstes Tätigkeitsfeld auszusuchen. Da es in Kärnten die wenigsten Priester gibt, läßt er sich dorthin versetzen. Und so kommt er nach Bad St. Leonhard, wo er nach 21 Jahren für 7 Pfarren als Kaplan tätig ist.

Trotz der vielen Pfarrarbeit wird ihm aber auch anderes wichtig: “Als ich nach Kärnten kam, habe ich vom Einsatz für die Ungeborenen gehört, da wollte ich mich engagieren." Und das hat er seither getan. Heute noch hört er beispielsweise jeden 1. Samstag im Monat, wenn die Vigil für das Leben in Graz angesetzt ist, Beichte. “Ich freue mich immer, wenn möglichst viele sich öffentlich für die Ungeborenen einsetzen, wenn Rosenkranz betend durch die Stadt zur Abtreibunsgsklinik gezogen und dort von den Mitarbeitern des Lebensschutzes Zeugnis gegeben wird, wieviele Kinder sie im letzten Monat retten durften. Da kommen auch dankbare Mütter, die sich dank der Lebensbewegung für das Leben ihrer Kinder entscheiden konnten."

Gerne bestärkt er diese Mütter, freut sich mit ihnen. Aber es kommen auch Frauen zu ihm, die ihre Kinder abgetrieben haben und es nun aus tiefstem Herzen bedauern. “Wir müssen viel darum beten, daß in den Menschen die Einsicht wächst, daß man das Leben der Kinder unter allen Umständen retten muß. Diese ungeborenen Kinder gehören ja nicht den Frauen. Wenn jemand sagt, der Bauch gehört mir, so antworte ich: ja und nein. Zunächst gehört der ganze Mensch Gott und damit auch der Bauch, in dem der Mensch heranwächst. Und die Frucht des Leibes, der neue Mensch, ist erst recht Gottes Eigentum," höre ich ihn eindringlich sagen.

“Schön wäre es, wenn alle Bewegungen, die sich für ungeborene Kinder einsetzen, eine Einheit bildeten und ohne Einschränkung gemeinsam für das Leben, wie Gott es eben gibt, einstehen würden. Gott gibt auch die Gnade dazu, wenn man sich ganz dafür einsetzt."

Zurück zu seiner Zeit in Kärnten: Vor lauter Arbeit beachtet der Kaplan nicht, daß er seit vielen Jahren einen hohen Blutdruck hat. Die Folge: Mit 68 Jahren erleidet er im November 1998 um halb 3 Uhr nachts einen Schlaganfall. Er fühlt sich dem Tod nahe. Es gelingt ihm aber noch, selbst die Rettung anzurufen. Eine der Folgen: Darmverschluß.

Eine schwere Zeit bricht an. Viele Monate in verschiedenen Spitälern. Eine körperliche Beeinträchtigung, eine Gehbehinderung bleiben erhalten. Ich frage: “Haben Sie mit Gott gehadert?" Er muß gar nicht überlegen: “Nein, das liegt mir nicht. Ich denke mir eher: Wie Gott will, ich bin still. Oder auch: Der Herrgott weiß es, Er wird sorgen." Solche Gedanken begleiten ihn weiter durchs Leben und lassen sein Gottvertrauen erkennen.

Vom heiligen Benedikt übernimmt er das Wort: “An Gottes Barmherzigkeit niemals zweifeln" und von Therese v. Konnersreuth das Gebet:

Ich weiß, daß Du mein Vater bist,

in dessen Liebe ich geborgen!

Ich will nicht fragen, wie du führst, ich will Dir folgen ohne Sorgen!

Und legtest Du in meine Hand mein Leben, daß ich selbst es wende,

Ich gäb es wieder voll Vertrauen zurück in Deine Vaterhände!

Nachdem er sich vom Schlaganfall halbwegs erholt hat, beschließt er, aufgrund des Priestermangels wieder eine Wirkungsstätte zu suchen. So kommt er zu den Schulbrüdern nach Laubegg in der Nähe von Leibnitz, um hier auszuhelfen. “Ich danke Gott, daß ich noch die Hauptfunktionen des Priesters tun kann: Beichte hören und Messe feiern," freut er sich.

Mittlerweile ist sein Einsatzbereich aber recht groß geworden: im Heiligtum in Frauenberg, bei den Kreuzschwestern, bei Messen von Medjugorje-Pilgern und ganz allgemein als Aushilfe, wo man ihn gerade braucht, vor allem in der Fastenzeit und im Advent.

Die Art, wie er Messe feiert, beeindruckt. Seine Predigten sind anschaulich, lebensnah. Oft erzählt er von Heiligen oder heiligmäßigen Menschen: “Damit die Leute sehen, daß es möglich ist, das Evangelium zu leben: die Heiligen sind ja das gelebte Evangelium. Es gibt nämlich Bibelstellen, die wir nicht so leicht verstehen: Liebet eure Feinde, tut Gutes denen, die euch hassen, betet für jene, die euch verfolgen. Wenn man da anschaulich erzählt, wie die Heiligen das gelebt haben, so werden diese Bibelstellen lebendig und verständlich."

Wo immer der Kaplan hinkommt, ob auf die Post oder zum Friseur, erzählt er seine kleinen Geschichten oder verschenkt inhaltlich wertvolle Schriften. “Es wird viel zu wenig Gutes gelesen," erklärt er. Maria erzählt mir nachher: “Die Menschen haben viel Spaß mit ihm. Viele freuen sich, eine seiner Geschichten zu hören, einen Rosenkranz oder ein Büchlein geschenkt zu bekommen. Der persönliche Kontakt macht es aus. Erst unlängst hat ein Mann gesagt, ihm habe eine der Schriften geholfen."

Der Kaplan geht auf die Menschen zu. Denn das ist sein Hauptanliegen: “Menschen zu Gott zu führen, liegt mir besonders am Herzen. Es ist das Grundanliegen meines Priesteramtes." Die Beichte eigne sich da besonders, vermittelt dieses Sakrament doch Gottes Barmherzigkeit.

Beichte zu hören, sei sein besonderes Charisma, meint Maria: “Die Menschen kommen zu ihm und sagen: ,Er kann so gut zuhören. Er gibt uns das Gefühl, daß er uns ernstnimmt, und daß Gott jeden von uns ganz besonders liebt.' Der Kaplan kann Gottes Güte und Barmherzigkeit gut erfahrbar machen. Viele gehen ganz glücklich von ihm weg. Erwachsene und auch viele Kinder kommen regelmäßig nur zu ihm zur Beichte, weil sie sich verstanden und angenommen fühlen. Bis von Graz herunter kommen sie zu ihm beichten."

Auf die Beichte angesprochen, erzählt der Kaplan: “Ich hatte da ein großes Vorbild in meiner Kindheit. Unser Beichtvater in Rom im Jesuitenkolleg hat jeden zuerst umarmt und liebevoll gesagt: ,dimmi tutto figliolo, figliola' (Sag mir alles mein Sohn, meine Tochter). Da hat man viel Vertrauen bekommen. Für mich ist, Beichte zu hören, eine Riesenfreude. Ich sag den Kindern in der Schule: Wenn du kommst, dann sag' ich zuerst einmal: Lob sei Gott und Dank, daß du kommst.

,Tun sie die Kinder nicht zamschimpfen?', fragen sie manchmal. ,Warum sollte ich schimpfen?', antworte ich dann. ,Es nützt ja nichts. Was geschehen ist, ist geschehen - und jetzt geht es um die echte Reue: Das hätte ich nicht tun dürfen, es tut mir von Herzen leid, und ich will wirklich neu anfangen. Denk an das Leid, das Du angestellt hast, bei den Angehörigen usw...' So muß man sie für eine gute Lossprechung vorbereiten. Ich freue mich über jeden, der kommt. Je größer der Sünder und je länger einer nicht bei der Beichte war, desto größer die Freude über seine Heimkehr zum Vater."

Es kommt aber auch vor, daß er die Lossprechung verweigert. Da kam unlängst ein Mann zu ihm und bedankte sich, daß der Kaplan seine Freundin zwar gesegnet, aber die Lossprechung verweigert hatte: “Das hat ihr zu denken gegeben, jetzt hat sich alles geregelt und wir werden richtig heiraten," habe er froh erzählt.

Dazu der Kaplan: “Wenn eine Frau kommt und sagt, daß sie nur so mit einem Mann zusammenlebt und dabei bleibt, sage ich, daß ich die Lossprechung nicht geben kann. Aber ich sage auch: ,Kommen Sie, so oft Sie wollen, ich gebe Ihnen immer den Segen Gottes. Damit Gott Ihnen hilft, aus dieser Zwickmühle herauszukommen.' Dann machen sich viele doch Gedanken und es kommt oft zu einer Lösung. Wichtig ist, daß sie weiter in die Messe gehen, statt der Kommunion die geistige Kommunion empfangen, indem sie sagen: ,Jesus, komm' in geistiger Weise in mein Herz. Ich kann jetzt nicht zur Kommunion gehen, Du weißt es, aber Du bist allmächtig und nicht an das Sakrament gebunden. Du kannst in Deiner Gnade auch ohne Hostie in mein Herz hineinkommen.' Dann fassen sie Vertrauen zu Gott, und Er kann die Sache lösen."

Beten, glauben und vertrauen - und immer wiederkommen, nicht sich zurückziehen - das rät der Kaplan in klaren, aber liebevollen Worten all denen, die in einer außerehelichen Verbindung leben. “Aber ich bin immer froh, wenn möglichst viele kommen, denen ich die Lossprechung geben kann," meint er abschließend zum Thema Beichte.

Wie gut er zuhören kann, merke ich übrigens auch daran, daß unser Gespräch irgendwann bei meinen eigenen Sorgen landet, die er sich interessiert und geduldig anhört.

“Wo haben Sie sich eigentlich daheim gefühlt, wenn Sie so oft das Zuhause gewechselt haben?", wechsle ich das Thema. “Ich hatte nie ein Heimatgefühl. Aber auch nie Heimweh," erklärt er ohne Wehmut. “Die Hauptsache ist, daß wir zur ewigen Heimat kommen. So war immer nur der Himmel meine Heimat. So wie es Paulus sagt: Unsere Heimat ist im Himmel."

Ob er es je bereut habe, Priester geworden zu sein? “Nein, ich habe ja gesehen, wieviel Gutes ich als Priester für die Menschen tun konnte und wie die Früchte gewachsen sind, wie man so sagt."

Daß aber in seinem Leben nicht alles reibungslos und ohne Probleme gegangen ist, erkenne ich an folgender Aussage, die er nach einer Gedankenpause hinzufügt: “Ich habe mich schon auch gefragt, ob ich nicht verheiratet und auch Priester hätte sein können. Die Möglichkeit ist mir schon vor Augen gewesen. Aber dann dachte ich mir: wenn es Gott jetzt so gefügt und zu Petrus gesagt hat: Was du auf Erden binden wirst, wird im Himmel gebunden sein, so füge ich mich halt. Ich nehme das eben, so wie es ist. Es liegt ja im Ermessen der Kirche. Von der praktischen Seite her gesehen ist es natürlich besser, wenn ein Priester ganz frei sein kann für die Seelen. Sonst käme ja die Familie an erster Stelle. Aus dieser Sicht ist der Zölibat ein Segen."

Für viele Menschen ist Kaplan Frölichsthal auch ein großes Vorbild im Annehmen seiner Behinderungen und Leiden “Mit Gottes Hilfe geht alles," meint er gelassen. Weil er selbst schon viel gelitten hat, kann er wohl so gut jene, die Schmerzen und Leiden erfahren, trösten, kann ihnen Kraft vermitteln, das Schwere zu ertragen. Er erklärt mir auch, daß Gott sich ja unserer Schwächen, Behinderungen, Krankheiten bedient, wenn wir sie Ihm vertrauensvoll zur Rettung der anderen anbieten.

Zum Schluß lächelt er: “Gott hat das Schwache erwählt. Man muß sich halt immer an den Heiligen Geist halten. Er möge einem helfen. Er kann dann wunderbare Sachen machen." Es ist spürbar: Hier ist einer, der in Demut dient und auf Gott hört - und daher vertrauenswürdig ist.

Zuletzt warne ich ihn vor den möglichen Folgen, die sein Portrait haben könnte: “Jetzt werden noch mehr Leute bei Ihnen beichten wollen." Worauf er lacht: “Also das würde mich nur freuen."

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