VISION 20007/2007
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Gutgläubiger Handlanger böser Geister

Artikel drucken Gedanken über okkulte Fähigkeiten, die scheinbar gute Früchte bringen (Von P. Joseph-Marie Verlinde)

Als Student hatte er Yoga entdeckt und sich in die Meditation fallen lassen. Weil er so begabt war, nahm ihn Guru Maharishi in den inneren Kreis seiner Schüler auf. In alle Praktiken eingeweiht, erlebte Verlinde die tiefsten Erfahrungen, die transzendentale Meditation eröffnet. Eines Tages fragt ihn zufällig jemand, welchen Stellenwert Jesus für ihn habe. Diese beiläufige Frage löst in Verlinde eine Revolution, eine Umkehr aus: Binnen 24 Stunden verläßt er Indien...

Ich komme also nach vier Jahren in Indien wieder in den Westen zurück - mit der neuen Verantwortung, dem Ruf des Herrn zu folgen. Ein neuer Anfang. Mein Fehler war allerdings: Ich hatte nicht die Demut, meinen Herrn dort zu suchen, wo Er lebt, wo Er sich schenkt: in Seiner Kirche. Da ich nicht dorthin ging, wo sich der Geist in Fülle verschenkt, war ich eine leichte Beute für esoterische Sekten, die sich zwar auf den Namen Jesu oder das Evangelium berufen, aber nicht zu den Jüngern Christi zählen: die Gnostiker. Sie stellen eine Lehre des Heils vor: eine Lehre, nicht eine Person, nicht ein Ereignis, das rettet - vielmehr ein Wissen, das angeblich rettet.

Sie erkannten rasch, daß ich Fähigkeiten besaß, nannten das Gottesgaben und animierten mich dazu, mich aus Liebe in den Dienst meiner Brüder zu stellen - im Namen Jesu. Die erste Fähigkeit, die sie entdeckten, war die Radiästhesie, um medizinische Diagnosen zu stellen. Man drückte mir ein Pendel in die Hand und sagte: “Sie haben Talent, eine außergewöhnliche Begabung." Erstaunt nahm ich die Schnur mit dem Stück Blei in die Hand: Tatsächlich, es funktionierte bestens.

Bald stellte ich allerdings fest, daß ich das Pendel in der Gegenwart des Ratsuchenden - meistens stellt man ja irgendeinen Kontakt zu der Person her, in dem man etwa die Hand auflegt - gar nicht brauchte, um eine Diagnose zu erstellen. Es genügte, daß ich den Betreffenden ruhig anschaute, um zu erkennen, was nicht funktionierte. Ich hatte die “Gabe" des Hellsehens.

Sehr bald machte man mich darauf aufmerksam, daß jene, die wegen einer Diagnose gekommen waren, sich besser fühlten, wenn ich meine Hand auf ihre legte: Ich hatte also auch die “Gabe" der Heilung. Das waren viele “Gaben" in kurzer Zeit... Ich betone: Während ich all diese Praktiken ausübte, ging ich auf dem Weg der Umkehr weiter. So gut ich konnte, blieb ich Jesus treu, ging täglich zur Eucharistie, hielt Zeiten der Anbetung, betete zu Maria, auch den Rosenkranz - hatte also wirklich ein Glaubensleben.

Was das Mediale betrifft, möchte ich es so definieren: Es ist die Fähigkeit, sich in eine Beziehung des Verschmelzens mit der Person, die einem gegenübersteht, einzulassen - und nicht nur mit Personen, sondern auch mit okkulten Energien. Wir sprechen von einer okkulten Kraft, einer Kraft, die wir einsetzen, aber nicht mit Mitteln der klassischen Physik sichtbar machen können. Wir können sie auch nicht beherrschen, sind unfähig, diese “Energie" zu objektivieren. Einige werden antworten: Da ist doch das Pendel, als Mittel die Energie zu registrieren. Das Problem ist nur: Das Pendel selbst ist Teil des okkulten Wissens. Es ist kein Apparat: In der Hand des einen “antworten" es, in der Hand des anderen nicht. Das Pendel macht nur die mediale Eigenschaft des Benützers sichtbar. Pendeln gehört in den Bereich des Hellsehens. Mit einer gewissen Übung kommt man ohne Pendel aus. Dasselbe gilt übrigens für alle anderen Träger: die Kristallkugel, die Tarot-Karten...

Meine Macht forderte eine dauernde Vertiefung, eine wachsende Beherrschung. Dies wirkte entfremdend auf mich, aber auch auf jene, die mich konsultierten. Ob sie es nun wollten oder nicht, die Personen gerieten zu mir in eine Beziehung wie zu einem Guru. Und dabei hätte ich gewarnt sein müssen. Ich sah ja, daß es durch meine Fähigkeit, die Gedanken anderer zu lesen, zum Mißbrauch von deren Freiheit kam. Wenn Jesus mir die Freiheit eines Neubeginns gegeben hatte, so durfte ich die Freiheit anderer nicht an mich reißen. Wenn Jesus für unsere Freiheit am Kreuz gestorben war, hatte ich einfach nicht in die psychische Intimität meiner Brüder einzudringen.

Eines Tages, als ich einigen Bekannten die Hände auflegte, wurde mir bewußt, daß mich in meinem Inneren irgendwelche Wesen mit personalem Charakter anrührten. Das ist schwer zu beschreiben. Jedenfalls handelte es sich nicht um eine Geisterfahrung, wie sie der Heilige Geist wirkt... Ich erlebte, daß ich unter der Einwirkung von jemandem stand. Sie können sich mein Erstaunen, ja, ehrlich gesagt, meine Angst vorstellen.

In dieser Zeit erlebte ich das, was man heute “Channelling" nennt, eine Form des Spiritismus. Wenn ich Wissen durch eine unmittelbare, nicht über die Sinne laufende Intuition erhalte, entspricht dies nicht der Art, wie die Dinge beim Menschen vor sich gehen. Diese Art zu wissen ist den Engeln eigen: Sie erfassen die Wesen unmittelbar. Leider gilt das nicht nur für die Engeln des Lichts, sondern auch für die gefallenen. Jedesmal also, wenn wir im Bereich des Wissens oder Handelns unsere natürlichen Fähigkeiten überschreiten, rufen wir implizit die Hilfe eines Geistes, der sich in unseren Dienst stellt, an.

Eines Tages bei einer Meßfeier in Paris erlebte ich im Moment der Erhebung des Leibes Christi, wie in mir Blasphemien laut wurden, obwohl ich mich ernsthaft bemühte, Jesus zu lieben. Die Frage drängte sich auf: Wer spricht da in mir? Mir war klar, daß sich dieser Jemand verraten hatte. Natürlich hatten mir die Spiritisten gesagt, daß bei all meinem Tun ein guter Geist wirke. Aber in dieser Situation bestand für mich keinZweifel mehr über die Natur dieses angeblich heilenden Geistes.

Ich ging sofort in die Sakristei, erzählte dem Priester, was passiert war. Dieser antwortete mir seelenruhig: “Das wundert mich nicht." “Das wundert Sie nicht?!" “Nein, ich bin der Exorzist der Diözese."

Da habe ich verstanden. Wir haben mit einigen sehr klaren Gebeten angefangen. Und ich begriff, was da vor sich ging. Erlauben Sie mir, keine weiteren Details zu erzählen. Was folgte, gehört zu den erniedrigsten Erfahrungen meines Lebens. Man kann sich nicht vorstellen, was bei einem solchen Geschehen passiert. Es war aber eine Gnade, daß mir der Herr gestattete, in meinem Inneren dem Kampf zwischen dem Licht und der Finsternis beizuwohnen. Bei einem Befreiungsgebet einer kleinen Gemeinschaft von Karmeliten in Brügge hat mir der Herr endgültig die Freiheitgeschenkt. In einem ganz einfachen, vom Glauben getragenen Gebet haben sie für ihren angeketteten Bruder gebetet.

Lassen Sie mich auf diese Geister zurückkommen: Es sind Lügengeister. Sie versuchen mit allen Mitteln, unsere Aufmerksamkeit zu erregen, sich in unser Leben einzuschleichen. Mehr kann ich gar nicht sagen. Es ist ein Eindringen auf geistiger Ebene, das spirituelle, aber auch psychische und körperliche Probleme hervorruft. Ich kann von all dem Zeugnis geben. Der Ausdruck klingt nicht schön, aber ich meine, es handelt sich da um eine Art von okkultem Vampirismus. Er erschöpft den Menschen langsam aber sicher, führt ihn zunehmend in existentielle Unsicherheit.

Es gibt noch andere, mechanischere Formen: etwa das automatische Schreiben. Es verbreitet sich enorm rasch. Jeder kann das erwerben. Es besteht darin, daß ein Geist, den man anruft, sich einer Hand bedient. Dann beginnt man, ohne Widerstand leisten zu können, zu schreiben, in einer Schrift, die nicht die eigene ist. Man schreibt Dinge, die gänzlich unvorhersehbar sind.

Ich könnte Ihnen leider eine ganze Reihe einschlägiger Erfahrungen mit schweren physischen und psychischen Folgen berichten. Eine davon: Zu mir kommt eine junge Frau um Rat. Sie hat auffallende Symptome: Das Gefühl, eine Zange im Hals zu spüren, Zittern in der Nacht, Ängste, ein Gefühl, wie Messerstiche im Bauch... Diese Symptome treten regelmäßig auf...

Das Verhalten ihres Vierjährigen macht ihr Sorgen. Er ist seit Monaten sehr aggressiv. Vor einigen Tagen habe er sie mit einem Messer verfolgt. Ein Vierjähriger! Ich frage sie, ob sie in Milieus verkehrt hat, die sich dem Okkultismus widmen. - “Nein!" Ob sie einen Schock hinter sich habe? Ja, den Tod des Vaters vor einem Jahr. Sie habe tiefe Verzweiflung erlebt. “Aber er hat mich getröstet - und begleitet mich weiterhin..."

Als ich mehr erfahren will, erklärt sie, daß sie sich am Abend des Todes alleingelassen der Flut der Tränen nicht erwähren konnte. Um Trost zu finden, schreibt sie dem Vater einen Brief, beendet ihn tränenüberströmt und läßt ihre Hand auf dem Papier liegen.

Zu ihrer großen Überraschung setzt sich die Hand wieder in Bewegung. Angeblich der Vater: “Mein Kind weine nicht, ich bin im Frieden, in der Freude, habe dich nicht verlassen, werde dich begleiten...." Erstaunt, zögernd, dann aber voll Freude beginnt sie, sich in allen Entscheidungen an ihren Vater zu wenden.

Ein scheinbar glückliches Ereignis also: Trost für die junge Frau. Es kann sich daher offenbar nur der Vater gemeldet haben. Ich meine, er hatte anderes zu tun, als mit seiner Tochter zu plaudern. Und wenn man die Symptome sieht, die nur einige Wochen später auftraten, wird klar, daß es weder der Vater war, noch ein guter Geist, sondern diese Art Vampir-Geist, von dem ich sprach.

Hervorheben möchte ich die Bosheit dieses Geistes, der sich in die Wunde der Verzweiflung dieser Frau einschleicht. Nun könnte man einwenden: Wie kommt es, daß dieser Geist solche Macht hat? Das habe auch ich gefragt. Und da gab die Frau zu, daß sie einige Jahre davor in einer Periode beruflicher Unsicherheit einige Zeit hindurch eine Kartenlegerin konsultiert hatte. Das war also die Einbruchstelle. Hätte es nämlich nicht Zustimmung zur okkulten Welt durch diese Konsultation und damit Öffnung für das Mediale gegeben, so hätte der Geist keinen Zugriff im Moment der psychischen Schwierigkeit gehabt. Es bedarf einer freien Zustimmung.

Da sind wir wieder bei der großen Bedeutung unserer Freiheit. Wir wählen, wir bauen unsere Geschichte. So sehr der Herr unsere Entscheidungen respektiert, so sehr stimmt es, daß das Bemühen des Bösen wenig Respekt vor unserer Freiheit hat.

Es stimmt auch, daß der Herr immer da ist, um uns zu helfen. Ich habe erlebt, daß Menschen, die sehr im Okkultismus verhaftet waren, in dem Moment, wo sie beschließen, zum Herrn Jesus zurückzukehren und auf ihr Tun verzichten, um sich Christus zuzuwenden, mit Hilfe des Gebetes der Brüder voll die Freiheit wiedererlangen können.

Auszugsweise Abschrift des Zeugnisses von P. Joseph-Marie auf einem Video-Band der Gemeinschaft St. Joseph.

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