VISION 20001/2008
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Die Abtreibungsgesetze ändern!

Artikel drucken Was sich aus der Ansprache Papst Benedikts in der Wiener Hofburg ergibt (Von Weihbischof Andreas Laun)

Große Aufregung während des Papstbesuchs in Österreich. Benedikt XVI. hatte klare Worte zur Abtreibung gesprochen. Abschwächende Kommentare wurden herumgereicht. Im folgenden eine Klarstellung, wie die Kirche zur Frage steht:

Papst Benedikt XVI. besuchte im Herbst 2007 Österreich und hielt am 7. September in der Wiener Hofburg eine vielbeachtete Rede. Dabei sagte er zum Thema Abtreibung:

“In Europa ist zuerst der Begriff der Menschenrechte formuliert worden. Das grundlegende Menschenrecht, die Voraussetzung für alle anderen Rechte, ist das Recht auf das Leben selbst. Das gilt für das Leben von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Ende. Abtreibung kann demgemäß kein Menschenrecht sein - sie ist das Gegenteil davon. Sie ist eine ,tiefe soziale Wunde', wie unser verstorbener Mitbruder Kardinal Franz König zu betonen nicht müde wurde.

Mit alledem spreche ich nicht von einem speziell kirchlichen Interesse. Vielmehr mache ich mich zum Anwalt eines zutiefst menschlichen Anliegens und zum Sprecher der Ungeborenen, die keine Stimme haben. Ich verschließe nicht die Augen vor den Problemen und Konflikten vieler Frauen und bin mir bewußt, daß die Glaubwürdigkeit unserer Rede auch davon abhängt, was die Kirche selbst zur Hilfe für die betroffenen Frauen tut.

Ich appelliere dabei an die politisch Verantwortlichen, nicht zuzulassen, daß Kinder zu einem Krankheitsfall gemacht werden und daß die in Ihrer Rechtsordnung festgelegte Qualifizierung der Abtreibung als ein Unrecht nicht faktisch aufgehoben wird."

In einer Zeit, in der sogar eine Organisation wie “Amnesty international", die seinerzeit für die Verteidigung der Menschenrechte angetreten war, Abtreibung als rechtmäßig anerkennt, und “Ärzte ohne Grenzen" bereit sind, Abtreibungen durchzuführen, und Politiker Abtreibung im Widerspruch zum Gesetzbuch ihres Landes als “Menschenrecht" bezeichnen, Internationale Konferenzen abgehalten werden, um Abtreibung weltweit noch “sicherer" zu machen, mußten Worte des Papstes Aufsehen erregen.

Aber die nervös-aggressive Reaktion zeigt eigentlich nur, wie weit die “intellektuelle Erkrankung" der Gesellschaft fortgeschritten ist (so die US-Bischöfe in ihrem Hirtenbrief zum “Evangelium des Lebens" vom 24.11.1998). Worin besteht der Neuheitswert oder gar das Sensationelle solcher Worte, da der Papst doch nur wiederholte, was das kirchliche Lehramt schon immer, oft und viel ausführlicher gesagt hat?

Warum die Aufregung in Österreich, obwohl der Papst die Fristenregelung nicht direkt angesprochen hatte? Nach der Rede des Papstes beeilten sich jedenfalls Politiker aller größeren Parteien Österreichs zu betonen, daß an der Fristenregelung nicht zu rütteln sei.

Die APA, die Österreichische Presse-Agentur, konnte unter dem Titel “Fristenlösung nicht gemeint" sogar melden: “Unterdessen stellten kirchliche Stellen klar, der Papst habe bei seiner Rede am Freitag in der Hofburg keine Abschaffung der österreichischen Fristenlösung gefordert: Benedikt XVI. habe an die politisch Verantwortlichen appelliert, daß Abtreibung weiter wie bisher als ein Unrecht gelten solle. Der Pressesprecher der Erzdiözese Wien, Erich Leitenberger, sagte, der Papst habe offensichtlich auf Bestrebungen Bezug genommen, Abtreibung aus dem Strafrecht herauszunehmen. Solche Bestrebungen gebe es wie in anderen Ländern auch in Österreich."

Was der Papst “wirklich gesagt hat", kann jeder nachlesen. Tatsache ist: Er hat das Wort “Fristenregelung" nicht in den Mund genommen. Offen bleiben aber zwei Fragen: Was ergibt sich logisch aus dem, was der Papst gesagt hat? Und: Was will und denkt der Papst bezüglich Fristenlösung wirklich?

Zunächst: Was die “Fristenlösung" betrifft, ist der Standpunkt der Kirche klar und unverändert, weil ihr Standpunkt zur Abtreibung unveränderlich ist: Abtreibung ist “Mord". Und zur Frage der Gesetzgebung sagte Papst Johannes Paul II.: Abtreibung freigebende Gesetze haben nur den “tragischen Schein einer Legalität" (in EV 20).

Und Papst Benedikt XVI. im Jahr 2007 in Wien: Abtreibung ist das “Gegenteil eines Menschenrechtes." Dann zitierte der Papst noch Kardinal König mit seinem berühmten Wort: Die Fristenlösung ist eine “tiefe soziale Wunde". In eben diesem Sinn äußerten sich auch die Österreichischen Erzbischöfe: Die Fristenlösung ist ein “nicht annehmbarer Zustand", so Kardinal Schönborn und Erzbischof Kothgasser: Abtreibung ist “die vorsätzliche Tötung eines unschuldigen Menschen und daher ein schweres Unrecht, das niemals gerechtfertigt werden kann!"

Daraus folgt: “Gesetze, die Abtreibung, Euthanasie und Beihilfe zum Selbstmord erlauben, sind zutiefst unrecht, und wir sollten friedlich und unermüdlich daran arbeiten, ihnen zu widerstehen und sie zu ändern" - so wiederum die US-Bischöfe!

Angesichts dieser kirchlichen Position: Wer sagt, der Papst wollte keine Änderung der Fristenlösung, behauptet, er, der Papst, hätte sich von der stets gleichbleibenden Lehre der Kirche bezüglich Abtreibung verabschiedet und wäre in dieser Frage ein “Liberaler" geworden.

In Anbetracht seiner Rede in Wien würde es bedeuten: Der Papst halte den rechtlichen Schutz eines Menschenrechtes für unnötig oder gar für falsch! Noch einfacher wird es zu erkennen, was der Papst denkt und will, wenn man die Antwort im Bild von der “offenen Wunde" sucht: Wer meint, die Fristenlösung solle bleiben, vertritt die absurde Auffassung, es könne einen Menschen geben, der sich wünscht, daß die beklagte offene Wunde offen bleibe und offen gehalten werde.

Es ist zwingend logisch: Wer die Fristenlösung eine “offene Wunde" nennt, ist zugleich überzeugt, daß sie abgeschafft werden sollte - weil nur die Abschaffung dieses Gesetzes und der erneuerte Schutz auch für die Ungeborenen entspricht der “Heilung", die im Bild von der Wunde enthalten ist.

Wer immer noch meint, Papst Benedikt XVI. wäre mit der Fristenlösung irgendwie einverstanden, wenigstens im Sinn einer Resignation, muß ihn für schizophren halten: Erst vor kurzem lobte Benedikt XVI. Politiker aus Nicaragua ausdrücklich für ihr Bemühen, das menschliche Leben zu schützen, und er bedankte sich für das seit einem Jahr gültige absolute Abtreibungsverbot in Nicaragua.

Die Antwort auf die gestellte Frage läßt sich auch aus dem Gebetsanliegen des Papstes für November 2007 ableiten: Die Katholiken mögen dafür beten, “daß diejenigen, die sich der medizinischen Forschung widmen und im Bereich der Gesetzgebung tätig sind, stets tiefen Respekt für das Menschenleben empfinden, von dessen Beginn bis zu seinem natürlichen Ende."

Die Belege für das katholische Nein zu Gesetzen wie demjenigen der österreichischen Fristenregelung ließen sich leicht vermehren, mit Worten des Papstes und Stimmen der ganzen Weltkirche. Daß die Worte des Papstes in Österreich, wenn auch nur für kurze Zeit, eine solche Unruhe hervorgerufen haben, zeigt, wie offen diese Wunde tatsächlich immer noch ist. Von einer ruhigen Überzeugung derer, die die Fristenlösung praktizieren und verteidigen, - Überzeugung, das Richtige zu tun! - kann keine Rede sein.

(...)

Wer wirklich auf Papst Benedikt XVI. hört und seine Worte zum Menschenrecht auf Leben ernst nimmt, will, daß die Fristenlösung abgeschafft wird. Dafür gibt es mehr als nur einen guten, zwingenden Grund:

Das erste Opfer der Abtreibung ist der Mensch, der getötet wird. Es ist nicht eine Glaubensfrage, sondern ein wissenschaftlich abgesichertes Faktum: Der Mensch beginnt mit der Empfängnis, wer abtreibt, tötet einen Menschen. Wer den Schutz des Gesetzes für alle Menschen fordert, fordert auch den der ungeborenen Menschen und fordert damit die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz.

Das zweite Opfer der Abtreibung ist die Frau, die in ihrer Weiblichkeit tief verletzt wird. Zudem gibt man sie quälenden Gewissensbissen preis, sie wird wahrscheinlich an PAS leiden und sie wird in vielen Fällen in ihrem Alter einsam sein - und an die Kinder denken, die sie gehabt hätte.

Das dritte Opfer ist der Rechtsstaat: Die Menschenrechte sind unteilbar! Wer das Recht auf Leben mißachtet, mißachtet früher oder später auch alle anderen Menschenrechte und zerstört damit auf längere Sicht das Fundament, auf dem der Rechtsstaat aufbaut. Darum hat Mutter Teresa Recht, wenn sie sagte: “Abtreibung ist die größte Gefahr für den Weltfrieden."

Das vierte Opfer ist Europa in seiner physische und kulturellen Existenz: Europa leidet mehr und mehr unter den Folgen des Kindermangels, und das wissen heute bereits alle Menschen und alle Parteien. Notwendig ist, gegen alle politische Korrektheit und Zensur der “Meinungs-Moralisten" nach den Hauptursachen dieser Entwicklung zu fragen: nach Verhütung und Abtreibung - und alles zu tun, um sie einzuschränken!

Dazu müßte man den Mut haben, die Fristenlösung in Frage zu stellen und als ersten, großen Schritt in die richtige Richtung den Müttern angemessen viel Geld geben für die Erziehung ihrer Kinder! Diese Maßnahme wäre vermutlich noch wichtiger und noch wirkungsvoller als ein entsprechendes Gesetz.

Darum: Alle Gesetze, die Abtreibung ermöglichen, sollten abgeschafft werden und die Gesetze, die den Menschen schützen, sollten auf die Ungeborenen ausgedehnt werden. Denn wir wissen sehr wohl, wer die Ungeborenen sind, und wir wissen auch, daß wir ihre Brüder und Schwestern sind - und daß Gott uns einst fragen wird wie den Kain nach seinem Bruder Abel.

Und auch Kain hat gemeint, er könnte sich mit behauptetem “Nichtwissen" aus der Verantwortung stehlen. Es ist ihm nicht gelungen, es gelingt heute nicht und wird nie gelingen.

Auszug aus seinem Beitrag in kath.net v. 3.12.07

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