VISION 20001/2008
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Die Hoffnung, die uns beseelt

Artikel drucken Über die Notwendigkeit der Evangelisation (Von Christof Gaspari)

Welche Bedeutung kommt nun dem Dokument der Glaubenskongregation (siehe Seite 23) zu? Antworten darauf gibt das folgende Gespräch über die Bedeutung von Mission mit dem Nationaldirektor von “missio":

Jeder Mensch habe ein Recht darauf, die Frohe Botschaft verkündet zu bekommen, heißt es in der Note. Widerspricht das nicht der Vorstellung, religiöse Fragen seien Privatsache, da dürfe man niemandem dreinreden. Was ist dazu zu sagen?

P. Leo-M. Maasburg: Man spricht heute viel über den “Genetischen Code", der viele unserer Eigenschaften, Fähigkeiten und Veranlagungen beeinflußt, und der von Generation zu Generation weitergegeben wird. Der Schritt, daraus ein Recht abzuleiten, daß diese Eigenschaften, Fähigkeiten und Veranlagungen nach Möglichkeit gefördert und entwickelt werden müssen, liegt auf der Hand. Dazu braucht es Menschen, die ihrerseits diese Aufgabe der Entwicklung übernehmen. Für sie wird das Recht der einen zur Pflicht. Mit dem Glauben an die Frohe Botschaft Christi verhält es sich ähnlich. Diese Botschaft trifft im Menschen auf eine Grundbegabung der Seele, die ihr von der Gnade Gottes schon im Schöpfungsakt verliehen wurde. Da Gott seine Gnadengaben gibt, damit sie Frucht bringen, hat die Seele ein “Recht", diese Frohbotschaft zu hören. Auf uns, die wir die Botschaft selbst schon empfangen haben, liegt die Pflicht ihrer Weitergabe. Natürlich bleibt die Annahme des Glaubens durch den einzelnen intimste Gewissensfrage. So heißt es in der “Lehrmäßige Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung" der Glaubenskongregation: “Das Zeugnis für die Wahrheit will nichts mit Gewalt auferlegen, weder mit Zwangsmaßnahmen, noch mit Kunstgriffen, die dem Evangelium widersprechen. Die Übung der Liebe ist umsonst. (...) Die christliche Mission stützt sich auf die Kraft des Heiligen Geistes und der verkündeten Wahrheit selbst".

Bisher schien zu gelten: Mit Andersgläubigen tritt man in einen Dialog. Jetzt wird von Mission gesprochen. Wie verhält sich beides zueinander?

Maasburg: Mission erschöpft sich nicht im Dialog. Mission verkündet, lehrt und lernt, sie betet, opfert und erträgt, freut sich und feiert. In den verschiedenen Formen des Dialogs (Dialog des Lebens, der konkreten Aktion, des theologischen Austausches) sind die Wege der Mission zusammengefaßt. Mission auf ein zu enges Konzept von Dialog zu reduzieren, hieße der Kirche ihre missionarische Natur nicht in allen ihren Lebensäußerungen zuzugestehen. Die Opfer und Gebete vieler tausender Gläubiger sind missionarisch, auch wenn sie sich nicht leicht einer dialogischen Kategorie zuordnen lassen. Sie durchwirken die Mission mit dem Zeugnis, das aus unentgeltlichem Einsatz, Liebe und der Bereitschaft zum Dialog entspringt.

Ist die oft geäußerte Skepsis gegenüber der Mission nicht Zeichen mangelnden Glaubens?

Maasburg: Ja, diese “Skepsis gegenüber der Mission" hat es wirklich gegeben. Sie war meiner Meinung nach Ausdruck einer Überforderung der Nachkriegs- oder besser Aufbaugenerationen mit Altlasten, Wirtschaftsboom und den neuen nachkonziliären Möglichkeiten. Auch unter Christen ist das Lumen Christi, das Licht Christi, zu einer Hoffnung unter anderen verblaßt. Die Lehre der Kirche von einer universalen Heilsbedeutung Christi wurde peinlich. Nun verzögert sich aber das Kommen der heilen Technowelt schon ein wenig zu lange, weltweit nimmt das Elend nicht ab, sondern zu. Besonders in den heutigen Jugendlichen oder jungen Erwachsenen hinterließ der Tanz um das goldene Kalb eine große Leere. Der Geist Gottes aber blieb nicht aus. Heute sind es immer wieder junge Menschen, die verwandelt werden durch Gottes Wirken und neue Wege beschreiten, die davon Zeugnis ablegen, was sie mit Gott erlebt haben.

Wurde vielleicht allzu viel philosophiert und moralisiert, zu wenig von Jesus Christus gesprochen? Welche Erfahrungen hast Du da gemacht?

Maasburg: Ich erinnere mich noch gut, daß mich, damals noch ein “guter katholischer Atheist", ein Jesuitenpater in Tirol sehr beeindruckte, der am Ende eines Vortrages über Spiritualität und Gebet meinte: “So, jetzt haben wir so viel über das Gebet gesprochen, jetzt tun wir es doch. Beten wir für den, der an unserer rechten und den, der an unserer linken Seite sitzt." Es war mir schrecklich peinlich, für Unbekannte zu beten, noch dazu, da sie neben mir saßen. Aber bis heute habe ich gelernt, daß vom konkreten Bitt- und Dankgebet eine Kraft ausgeht, die Philosophie oder Moral weit übertrifft.

Jetzt wird von Evangelisation statt Mission gesprochen. Eine Akzentverschiebung oder nur eine neue Bezeichnung für einen Grundauftrag der Christen?

Maasburg: Die “Lehrmäßige Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung" verwendet fast ausschließlich das Wort “Evangelisierung" um das Leben der Kirche zu beschreiben, deren Grundauftrag darin besteht, “den Herrn Jesus in Wort und Tat zu verkünden, also Werkzeug seiner Gegenwart und Wirksamkeit in der Welt zu werden".

Siehst Du einen Zusammenhang zwischen der jüngsten Enzyklika “Spe salvi" und der Note der Glaubenskongregation, die innerhalb weniger Wochen veröffentlicht worden sind?

Maasburg: Ob das “timing" Zufall war oder nicht, weiß ich nicht, inhaltlich besteht eine enge Verbindung, da die Enzyklika “Spe salvi" uns wie einen Fächer die “Gründe für unsere Hoffnung" aufzeigt und uns einlädt, “uns und die Welt [zu] öffnen für das Hereintreten Gottes: der Wahrheit, der Liebe, des Guten". Das Dokument der Glaubenskongregation wiederholt mit dem Auftrag zur Evangelisierung das Recht auf und die Pflicht zur Verkündigung dieses Hereintretens Gottes in die Welt.

Können nur wirklich von Hoffnung erfüllte Christen evangelisieren? Ist nicht Mutter Teresa ein leuchtendes Beispiel für diese Voraussetzung?

Maasburg: Das Beispiel der seligen Mutter Teresa ist eine bleibende Erinnerung daran, wieviel Licht ein Missionar oder eine Missionarin in das Dunkel unserer Welt bringen kann, wenn Gott es ist, der durch ihn oder sie in die Welt eintritt. Dabei kommt es nicht darauf an, wie viel “Erfolg" einer Evangelisation beschieden ist. Mutter Teresa hatte das auch immer wieder betont: “Gott hat mich nicht berufen, Erfolg zu haben. Er hat mich berufen treu zu sein."

Msgr. Dr. Leo-M. Maasburg MA, ist Nationaldirektor von Missio, den Päpstlichen Missionswerken in Österreich. Mit ihm sprach CG.

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