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Männer stecken heute in einer Krise. Seit mittlerweile mindestens vier Jahrzehnten wird uns eingeredet, wahre Männlichkeit bestünde darin, ständig Rücksicht zu nehmen, für alles Verständnis zu zeigen und nachzugeben... Viele Männer haben sich daran gehalten - und ihr Herz verloren. Sie sind müde, gelangweilt und unglücklich. Jetzt fragt sich unsere Gesellschaft, wo die “echten Männer" geblieben sind. |
Der ungezähmte Mann ist ein Buch, das auf diese Frage eine Antwort gibt. Es will Männern dabei helfen, ihr Herz wiederzufinden. John Eldredge, christlich-evangelikaler Schriftsteller und Lebensberater, hält sich nicht lange mit der Frage auf, ob der Unterschied zwischen Mann und Frau ein gesellschaftliches Konstrukt ist. Wenn Gott den Menschen als Mann und Frau geschaffen hat, dann hat das eine Bedeutung, die wir nicht ungestraft ignorieren können.
Aus vielen Beratungsgesprächen kennt Eldredge die unerfüllte Sehnsucht des modernen, westlichen Mannes. Jeder Mann war einmal ein Bub. Die Träume jedes Buben kreisen um drei große Themen: um Kampf, Abenteuer und um die Rettung einer “Prinzessin". Diese Themen bleiben auch für den erwachsenen Mann relevant.
Das mag vielleicht nach einer Rechtfertigung des Machismo klingen, doch weit gefehlt. Ein Macho ist für Eldredge nur eine andere Form der Karikatur echter Männlichkeit als der schon erwähnte passive - ewig freundliche und nachgiebige - Typus.
Beide Formen mißverstandener Männlichkeit stammen aus einer Verletzung. Denn jeder Mann trägt nicht nur die Sehnsucht nach Kampf, Abenteuer und Rettung der “Prinzessin" in sich, sondern auch die bange Frage, ob er den damit verbundenen Anforderungen entsprechen kann. Echte Männlichkeit hat man nicht einfach, sie muß von einer Generation von Männern an die nächste weitergegeben werden.
Jeder Bub wünscht sich nichts mehr als ein richtiger Mann zu werden. In früheren Gesellschaften gab es Initiationsriten, die den heranwachsenden Jugendlichen in die Welt der Männer einführten. Diese Riten und das in ihnen enthaltene Wissen sind uns weitgehend verloren gegangen. Wir leben in einer Gesellschaft nicht initiierter Männer.
Heute wird fast jeder Pubertierende während seiner Entwicklung tief verletzt. Seine bange Frage wird abschlägig beantwortet, sein Wunsch nach Initiation nicht erfüllt. Ein Mann hat nun zwei Möglichkeiten. Entweder er zieht sich zurück, wird passiv und weicht allen Herausforderungen aus. Oder er sucht krampfhaft und aggressiv nach der Bestätigung seiner Männlichkeit. In den Workaholics, den Ehrgeizigen, die unbedingt nach oben wollen, sieht Eldredge eine sozial akzeptierte Variante gewalttätiger Männer.
Auch sie lassen Opfer zurück: gescheiterte Ehen, persönliche Beziehungen, ihre Gesundheit. Sie sind getrieben von der Suche nach Bestätigung und leben in der Angst, sie könnten sich eines Tages doch als Versager entpuppen.
Worin besteht die wahre Männlichkeit?
Der Wunsch nach Kampf erfüllt sich nicht in unkontrollierter Aggression, sondern im entschlossenen Widerstand gegen das Böse. Eldredge zitiert den heiligen Johannes vom Kreuz: Jeder von uns ist mit drei Feinden konfrontiert: mit dem Fleisch, mit der Welt samt ihren Verlockungen und Drohungen und mit dem Teufel, der sich in unserer Zeit verborgen hält und gerade dadurch um so mehr Schaden anrichten kann.
Unsere Waffen sind Selbstdisziplin, aber vor allem eine enge und lebendige Beziehung zu Gott. Letztere ist die entscheidende, unverzichtbare Kraftquelle für das Leben eines Mannes.
Wie steht es nun mit der “Rettung der Prinzessin"? Das mag für unsere Ohren etwas pathetisch klingen. Eldredge meint damit, daß ein Mann der Frau seines Lebens eine erfüllte Ehe bieten soll. Auch die Frau hat bestimmte Sehnsüchte, Wünsche und Träume und auch sie wurde im Laufe ihrer Entwicklung verletzt. Ein wirklicher Mann bietet seiner Frau seine Stärke an und nimmt sie hinein in das gemeinsame Abenteuer der Ehe.
Ein Mann sieht das Leben nicht als Problem, das er zu lösen hat, sondern als Abenteuer. Jedes Abenteuer bringt eine Reihe von Herausforderungen, Überraschungen und Risiken mit sich. Der moderne Mann will alles kontrollieren und absichern und schließt damit ein abenteuerliches Leben von vornherein aus. Aber er verliert sein Herz, wenn er alles unter Kontrolle haben will.
Eldreges Rat lautet daher: Frage dich nicht, was die Welt will, sondern frage dich, was dich lebendig macht und dann tu das, denn die Welt braucht nichts dringender als Menschen, die aus ihrem Herzen leben.
“Der ungezähmte Mann" ist ein Buch für Männer, die sich der Herausforderung einer erneuerten, christlichen Männlichkeit stellen möchten, aber auch für Frauen, die ihre Männer besser verstehen wollen.
Johannes Graf
Der ungezähmte Mann. Auf dem Weg zu einer neuen Männlichkeit. Von John Eldredge. Brunnen-Verlag, 285 S., 16,95 Euro.