VISION 20002/2009
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Seid alle eines Sinnes!

Artikel drucken Wie Christen miteinander umgehen sollten

Was den Umgang der Christen untereinander anbelangt ist die Hl. Schrift unzweideutig: Achtet die Hirten, ermahnt einander, aber streitet nicht öffentlich, seid gütig, vergebt einander, vor allem aber: liebt einander...

Achtet die Hirten!

Gehorcht euren Vorstehern, und ordnet euch ihnen unter, denn sie wachen über euch und müssen Rechenschaft darüber ablegen; sie sollen das mit Freude tun können, nicht mit Seufzen...

(Hebr 13,17)

Wir bitten euch Brüder: Erkennt die unter euch an, die sich solche Mühe geben, euch im Namen des Herrn zu leiten und zum Rechten anzuhalten. Achtet sie hoch, und liebt sie wegen ihres Wirkens! Haltet Frieden untereinander! (1Thess 5,12f)

Ihr Jüngeren: ordnet euch den Ältesten unter! Alle aber begegnet einander in Demut! Denn Gott tritt den Stolzen entgegen, den Demütigen aber schenkt er seine Gnade. (1Petr 5,5)

Ermahne, aber richte nicht!

Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und weise ihn unter vier Augen zurecht. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen. Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei Männer mit, denn jede Sache muß durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werden. Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde. Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder Zöllner. (Mt 18,15ff)

Wagt es einer von euch, der mit einem anderen einen Rechtsstreit hat, vor das Gericht der Ungerechten zu gehen statt den Heiligen? Wißt ihr denn nicht, daß die Heiligen die Welt richten werden? Und wenn durch euch die Welt gerichtet wird, seid ihr dann nicht zuständig, einen Rechtsstreit über Kleinigkeiten zu schlichten? (...) Warum leidet ihr nicht lieber Unrecht? (1Kor 6.1-3.7)

Wie kannst also du deinen Bruder richten? Und du, wie kannst du deinen Bruder verachten? Wir werden doch alle vor dem Richterstuhl Gottes stehen. Denn es heißt in der Schrift: So wahr ich lebe, spricht der Herr, vor mir wird jedes Knie sich beugen, und jede Zunge wird Gott preisen. Also wird jeder von uns vor Gott Rechenschaft über sich selbst ablegen. Daher wollen wir uns nicht mehr gegenseitig richten. (Röm 14,10ff)

Nur einer ist Gesetzgeber und Richter: er, der die Macht hat, zu retten und zu verderben. Wer aber bist du, daß du über deinen nächsten richtest? (Jak 4,12)

Wenn jemand auf unsere Mahnung in diesem Brief nicht hört, dann merkt ihn euch, und meidet den Umgang mit ihm, damit er sich schämt; doch seht ihn nicht als Feind an, sondern weist ihn als euren Bruder zurecht. (2Thess 3,14)

Seid wachsam!

Gebt acht auf euch und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist zu Bischöfen bestellt hat, damit ihr als Hirten für die Kirche Gottes sorgt, die er sich durch das Blut seines eigenen Sohnes erworben hat. Ich weiß: Nach meinem Weggang werden reißende Wölfe bei euch eindringen und die Herde nicht schonen. Und selbst aus eurer Mitte werden Männer auftreten, die mit ihren falschen Reden die Jünger auf ihre Seite ziehen. Seid also wachsam... (Apg 20,29ff)

Ich ermahne euch, meine Brüder, auf die acht zu geben, die im Widerspruch zu der Lehre, die ihr gelernt habt, Spaltung und Verwirrung verursachen: Haltet euch von ihnen fern! Denn diese Leute dienen nicht Christus, unserem Herrn, sondern ihrem Bauch, und sie verführen durch ihre schönen und gewandten Reden das Herz der Arglosen. (Röm 16,17f)

Ertragt einander!

Ihr seid von Gott geliebt, seid seine auserwählten Heiligen. Darum bekleidet euch mit aufrichtigem Erbarmen, mit Güte, Demut, Milde, Geduld! Ertragt euch gegenseitig, und vergebt einander, wenn einer dem andern etwas vorzuwerfen hat. Wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr! Vor allem aber liebt einander, denn die Liebe ist das Band, das alles zusammenhält und vollkommen macht! (Kol 3,12ff)

In Demut schätze einer den andern höher ein als sich selbst. (Phil 2,3)

Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe, und bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch den Frieden, der euch zusammenhält. (Eph 4,2)

Über eure Lippen komme kein böses Wort, sondern nur ein gutes, das den, der es braucht, stärkt, und dem, der es hört, Nutzen bringt. Beleidigt nicht den Heiligen Geist Gottes, dessen Siegel ihr tragt für den Tag der Erlösung. Jede Art von Bitterkeit, Wut, Zorn, Geschrei und Lästerung und alles Böse verbannt aus eurer Mitte! Seid gütig zueinander, seid barmherzig, vergebt einander, weil auch Gott euch durch Christus vergeben hat. (Eph 4,29ff)

Seht zu, daß keiner dem andern Böses mit Bösem vergilt, sondern bemüht euch immer, einander und allen Gutes zu tun. (1Thess 5,15)

Seid alle eines Sinnes, voll Mitgefühl und brüderlicher Liebe, seid barmherzig und demütig! Vergeltet nicht Böses mit Bösem noch Kränkung mit Kränkung! Statt dessen segnet; denn ihr seid dazu berufen, Segen zu erlangen. (1Petr 3,8f)


Klärende Wortmeldungen

Gottes Botschaft unverfälscht erhalten

 

Das 2. Vaticanum: kein Bruch, eine Erneuerung

Bereits in seiner ersten programmatischen Weihnachtsansprache an die Mitglieder der römischen Kurie am 22. Dezember 2005 hat der Papst sehr grundsätzlich zwischen zwei verschiedenen Interpretationen des Konzils unterschieden. Die eine bezeichnete er als Interpretation im Sinn der Diskontinuität und des Bruches, dergemäß bewußt über die Konzilstexte hinausgegangen werde, um den sogenannten “Geist des Konzils" in die Zukunft hinein weiter zu schreiben. Die zweite nannte er Interpretation im Sinne der Reform, der Erneuerung der Kirche in bleibender Verbundenheit mit der Tradition.

Für Papst Benedikt versteht es sich von selbst, daß das 2. Vatikanische Konzil keinen Bruch in der Kirchengeschichte darstellt, daß es sich vielmehr um eine Erneuerung der Kirche in Kontinuität mit der Tradition handelt. Diese eindeutige Verbindung von Treue und Dynamik in der Interpretation des Konzils war eine klare Aussage nicht nur in progressistischer, sondern auch in traditionalistischer Richtung, die freilich in der Beurteilung des Konzils als Bruch gar nicht so weit auseinander liegen, wie es auf den ersten Blick scheint.

Bischof Kurt Koch

Brief an die Gläubigen zur schwierigen Situation in der Kirche heute


Das Amt ist Wächter des Wortes

Sören Kierkegaard erwägt in “Der Einzelne", wie die Menschheit im Laufe der Geschichte sich den Schatz und die Quellen der Offenbarung widerrechtlich angeeignet hat. “Die Grundverwirrung, die man den Sündenfall der Christenheit nennen könnte, ist: Jahr um Jahr, Jahrzehnt um Jahrzehnt, Jahrhundert um Jahrhundert, schleichend - beinah halb von sich nicht wissend, was sie tat - angestrebt zu haben, Gott das Eigentumsrecht am Christentum zu entwenden, und sich in den Kopf zu setzen, daß das Geschlecht, das Menschengeschlecht, selbst das Christentum erfunden habe oder doch so ungefähr das Christentum selbst erfunden habe".

Man habe sich gedacht: “Es ist nun schon lange her, daß Gott als Eigentümer und Herr etwas von sich hat hören lassen, somit ist das Christentum uns verfallen, mögen wir es nun ganz und gar abschaffen oder es ad libitum zurechtstutzen wollen als etwas, das so ungefähr unser Eigentum und unsere Erfindung ist?"

(...) Wer die zweitausendjährige Geschichte des Christentums kennt, weiß um das mühevolle Ringen der Glaubenden, Gottes Botschaft der Menschheit unverfälscht zu erhalten. Schon in der Bibel selbst ist die Weitergabe des “anvertrauten Gutes" (1 Tim 6,20) - der Lehre, der Wahrheit und des Glaubens - ein klassischer Topos. Es zu hüten und zu bewahren, obliegt letztlich den Verantwortlichen der Gemeinde.

(...) Offenbar erlebte schon die frühe Kirche die Probleme, die die Leitungs- und die Deutungsvollmacht der kirchlichen Hirten zur Folge hat. Gottes Botschaft ergreift für sie Partei. “Gehorcht euren Vorstehern und ordnet euch ihnen unter", schreibt der Verfasser des Hebräerbriefes. “Sie wachen über euch und müssen Rechenschaft darüber ablegen: Sie sollen das mit Freude tun können, nicht mit Seufzen; denn das wäre zu eurem Schaden" (13,17).

Die kirchliche Gemeinschaft ist strukturiert, nicht amorph. Achtung vor der Autorität der kirchlichen Leiter und der schuldige Gehorsam wird angemahnt. Durch sie hat Christus das Heilswort an die Gemeinde gerichtet. Wer nicht zur Kirche gehört, hat überhaupt kein Recht, in Glaubensdingen Einspruch zu erheben. Und für alle Teilnehmer an der gemeinsamen Sendung der Kirche sind es in letzter Instanz die Träger des Amtes, die von Gottes Wort zum Wächterdienst autorisiert werden. Nicht die Lautstärke der öffentlichen Resonanz befindet über die Berechtigung.

Kardinal Paul Josef Cordes

Die Tagespost v. 17.2.09


Mediale Entgleisungen

Wieso wurden z.B. in den Medien immer wieder Dinge in Umlauf gebracht, die nicht oder nur halb stimmten? Kann das nur mit dem weithin schon zum Prinzip erhobenen Hang der Medien zur Negation erklärt werden? Wieso wurden Dinge oberflächlich dargestellt, die eine gründliche, respektvolle Recherche verdienten? Ist das nur auf die Aktualitätsverpflichtung der Medien zurückzuführen? Oder hatte unsere Gesellschaft - und einige Politiker dazu - endlich eine Gelegenheit gefunden, dem weltweit angesehenen deutschen Papst Schaden zuzufügen, der die Jugend fasziniert und der sich immer wieder in verschiedensten Situationen als gebildeter Gesprächspartner zeigt, der herausragende kirchenpolitische Zeichen gesetzt hat und auch bei seinen Reisen gut ankommt, der jedoch moralische Positionen vertritt, die dem allgemeinen Mainstream entgegenstehen?

Will man endlich einmal seine Ruhe haben von einem Papst, von dem man eigentlich nicht loskommt? Spitzt sich nicht in den Angriffen gegen den Papst ganz allgemein etwas zu, was die evangelische Kirche z.B. vor einiger Zeit im Zusammenhang mit Christival erleben mußte? Wahrscheinlich ist vor diesem Hintergrund so manche mediale Entgleisung besser zu verstehen.

Prof. Hubert Windisch

kath.net 9.2.09


Ein unglaublicherMeinungsumschwung

Es konnte in diesen Wochen schon erschüttern, wie schnell Joseph Ratzingers Verdienste um die christlich-jüdische Aussöhnung weggewischt wurden. Aber nicht nur diese. Überhaupt verrutschten in der Eigendynamik des antirömischen Kesseltreibens die Proportionen: Papst Benedikt hat in den ersten vier Jahren seiner Amtszeit zwei allseits bewunderte Enzykliken und einen Bestseller über Jesus vorgelegt, zwei eindrucksvolle Weltjugendtage und eine Reihe höchst erfolgreicher Auslandsreisen - darunter auf so vermintes Terrain wie die Türkei, Polen (Auschwitz) und die USA - absolviert und wichtige Debatten über Religion und Vernunft sowie Glaube und Gewalt angestoßen.

Eine absolute Mehrheit der Deutschen lobte seine Arbeit noch jüngst als “gut" oder “sehr gut". Nun soll er laut deutschen Leitmedien plötzlich eine “Fehlbesetzung", ein “Pontifex der Pleiten und Pannen" (Der Spiegel) sein, nur weil seine pastorale Versöhnungsgeste gegenüber den Piusbrüdern auch einen Mann mit abstrusen politisch-historischen Ideen betrifft?

“Ach Gott, es ist auch eine Primitivität in dem, was sich Kritik an der Kirche nennt, daß es einen jammert", äußerte Deutschlandfunk-Kommentator Hubert Maessen vor Papst Benedikts Besuch beim Kölner Weltjugendtag. Solche entfesselte Primitivität, welche die Kirche nur noch in den profanen Kategorien einer x-beliebigen gesellschaftlichen Institution zu beurteilen und den gängigen politischen Kriterien von Wohlverhalten (Konfliktvermeidung!) zu unterwerfen vermag, war im Februar 2009 in Deutschland zu besichtigen.

Daß Benedikt XVI. “in schöner Regelmäßigkeit Kollisionen mit der real existierenden Welt" passieren (Der Spiegel), ist aber gar kein Manko, sondern biblischer Normalfall und geradezu Qualitätsbeweis dieses Pontifikats, das von Anfang an spannend zu werden versprach.

Andreas Püttmann

kath.net v. 11.2.09


Der Papst baut auf der Tradition auf

Der Papst muß natürlich immer auf der Tradition aufbauen, sonst gibt es keinen Fortschritt in der Kirche. Benedikt XVI. betont immer wieder die Kontinuität. Er will ja auch das Zweite Vatikanische Konzil eben nicht als Bruch verstanden wissen - so als gäbe es eine vorkonziliare und eine nachkonziliare Kirche. Ich bin nun alt genug, um zu sehen, daß die meisten Urteile über die sogenannte vorkonziliare Kirche wirklich auf Unwissenheit beruhen. Wenn ich zum Beispiel bei der Messe an die aktive Teilnahme der Gläubigen an der Liturgie denke, die Pius X. schon gefordert hat: Ich muß sagen, da, wo die alte Messe gefeiert wird, ist die actuosa participatio größer als in den normalen Pfarrkirchen. Wir sind im übrigen alle rückwärtsgewandt in dem Sinne, daß wir uns orientieren an der Lehre eines Menschen, der vor 2000 Jahren gelebt hat, Jesus Christus.

Robert Spaemann

Die Tagespost v. 15.2.09

 

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