VISION 20002/2010
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Untaugliche Versuche, einen neuen Menschen zu schaffen

Artikel drucken Statt zwei Geschlechtern, nunmehr sechs – oder mehr?

 

Eigentlich ist es grotesk, daß man etwas so Selbstverständliches wie die Verschiedenheit unseres Mann-Frau-Daseins heute argumentativ verteidigen muß. Mit nur etwas Beobachtungsgabe kann jedermann feststellen, daß der Mensch entweder als Mann oder als Frau existiert.
Jedes kleine Kind ist sich seines Geschlechts bewußt. Man muß nur einmal eine Stunde in einem Kindergarten verbracht haben, um zu erkennen: Buben gehen anders mit den Dingen, anders miteinander um als Mädchen, sie interessieren sich für anderes und sie haben ein ausgeprägtes Bewußtsein, keine Mädchen zu sein. Und mit derselben Selbstverständlichkeit grenzen sich die Mädchen ab.
Es bedarf massiver erzieherischer Beeinflussung oder schwerwiegender Störungen – sie sind meist eine Folge mißlungener Eltern-Kind-Beziehungen – oder genetischer bzw. hormoneller Störungen, damit dieses Selbstverständnis ins Wanken gerät. Zugegeben: Die Pubertät ist eine Periode, in der heranwachsende junge Menschen sich neu in ihrem sozialen Umfeld positionieren müssen. Sie ist damit auch eine Phase der Unsicherheit, in der auch der Umgang mit der eigenen Geschlechtlichkeit neu erlernt werden muß. Da kann es zu Erlebnissen starker gefühlsmäßiger Bindung an gleichgeschlechtliche Freunde kommen. Aber nach allen Erkenntnissen der Entwicklungspsychologie handelt es sich da um eine Übergangsphase, die – wenn sie nicht fehlgeleitet wird – in ein natürliches Interesse für das andere Geschlecht mündet.
Ich habe bewußt das Wort „natürlich“ verwendet. Es ist heute weitgehend diskreditiert. Der Mensch sei imstande technisch, so vieles zu verändern – und er habe dies auch getan –, daß man kaum mehr von Natürlichem sprechen könne.
Und damit sind wir bei einem entscheidenden Punkt unseres Themas: Nachdem sich die moderne Gesellschaft ihren Lebensraum (Bodenschätze, Meere, Böden, Flüsse, Pflanzen, Tiere…) technisch gefügig gemacht hat, bemüht sie sich zunehmend, den Menschen selbst nach eigenem Gutdünken zu gestalten – unabhängig von den natürlichen Vorgaben. Abtreibung, Euthanasie, Gentechnik und Gender-Ideologie sind die Instrumente. Sie sollen einen neuen Menschen schaffen, frei von Zwängen. Auf diesem Weg soll sich die Menschheit gewissermaßen von den letzten Vorgaben, die ihr der Schöpfer gemacht hat, befreien: Er gestaltet sich selbst, befreit sich auch von den „Zwängen“ seiner Geschlechtlichkeit.
Soweit das Projekt vieler wichtiger Entscheidungsträger auf nationaler und internationaler Ebene. Was läßt sich zu diesem Denkansatz sagen? Zunächst einmal, daß die Menschheit trotz aller wirklich phänomenaler technischer Errungenschaften immer deutlicher mit den negativen Folgen ihrer einseitigen Bemühungen konfrontiert wird: Verschmutzte Meere, Anwachsen der Wüstenregionen, Klimawandel sind nur einige dieser negativen Folgen.

 

2 Jahre Gefängnis für „verächtlich machen“

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch zur Verhinderung von Terrorismus (Terrorismuspräventionsgesetz 2010) geändert wird
§ 283 lautet:
§ 283. (1) Wer öffentlich zu Gewalt oder Hass oder auf eine Weise, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu gefährden, zu einer sonstigen feindseligen Handlung gegen eine nach den Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe auffordert oder aufreizt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer öffentlich eine der in Abs. 1 bezeichneten Gruppen in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft oder verächtlich zu machen sucht.

 

Und genau dasselbe wird sich bei den Eingriffen in die menschliche Substanz abspielen. Viele negative Folgen sind ja jetzt schon unübersehbar.
Der deutsche Philosoph Robert Spaemann hat dazu treffend festgestellt (in Die Welt): „Schon
Jean Jacques Rousseau hat darauf hingewiesen, daß die „unbesiegbare Natur“ zurückschlägt, wenn die Herrscher falsche Gesetze erlassen und gegen die Ordnung der Dinge verstoßen. Wahrheit läßt sich auch durch eine demokratische Entscheidung nicht beugen. Es kann sehr wohl einer demokratischen Entscheidung unterliegen – und das sagt auch Rousseau – wenn in einem Land gegen die Natur der Dinge gehandelt wird. Dann kann man nur abwarten, bis die Katastrophen eintreten und es sieht aus, als wären wir heute in genau dieser Lage. […] Menschenwürde soll nichts mehr zu tun haben mit menschlicher Natur, sondern nur mit menschlicher Selbstbestimmung, also nur mit dem menschlichen Willen. Dann kommen so absurde Blüten heraus wie in Spanien, wo Sie zum Standesamt gehen und sagen können, ich möchte eine Frau sein, bitte schreiben sie mich um. Und dann sind sie eine Frau und dürfen auf die Damentoilette gehen. […] Es gibt etwas wie eine menschliche Natur, und die kann nicht einfach ersetzt werden durch Willen.“
Offensichtlich hat sich diese Einsicht aber noch nicht wirklich innerhalb unserer „Elite“ herumgesprochen. Und so erleben wir heute dasselbe, was alle Gesellschaften erleben, die sich einer nicht lebensträchtigen, totalitären, den ganzen Menschen erfassenden Ideologie verschreiben: Die Fehlspekulationen werden rechtlich abgesichert. Kritik an den falschen Grundannahmen der Gesetze wird unter Strafsanktion gestellt, gefährdet sie ja deren Legitimität.
Und genau das passiert derzeit in Österreich. Der Entwurf des „Bundesgesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch zur Verhinderung von Terrorismus geändert wird“ sieht vor, daß „wer öffentlich“ eine der aufgezählten Personengruppen (siehe Kasten) „in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft oder verächtlich zu machen sucht“, mit bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Wer dann also Kritik an der Quasi-Gleichstellung von homosexuellen Beziehungen mit der Ehe äußert, muß mit strafrechtlichen Folgen rechnen. Die im Entwurf verwendeten Begriffe sind ausreichend vage, um dies zu ermöglichen.
Andreas Unterberger, Ex-Chef?redakteur der Wiener Zeitung schreibt dazu in seinem „Nicht ganz unpolitischen Tagebuch“ (www.andreas-unterberger.at/2010/01/997): „Solche nie exakt definierbaren Begriffe können vom Justizapparat extensiv zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit verwendet werden. (…) Man braucht künftig nur mit leicht kritischem Unterton sagen oder schreiben, daß Angehörige der Nationalität X in signifikant hohem Ausmaß in den österreichischen Drogenhandel verwickelt sind, oder daß solche der Nationalität Y das “Geschäft” mit Wohnungseinbrüchen dominieren, oder daß Angehörige der sexuellen Orientierung Z in signifikant hohem Ausmaß eine bestimmte übertragbare Krankheit haben. (…)Und schon kann ein solches Strafverfahren drohen.“
Auch Deutschland bleibt nicht von Versuchen, die Gender-Ideologie durchzudrücken, verschont. Ende Jänner hatten Grüne, SPD und die Linke einen Antrag zur Abänderung von Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes gestellt.. Dieser sollte künftig, wie folgt lauten: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner sexuellen Identität, seiner Abstammung, seiner Rasse seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden…“ Dieser Antrag wurde im Bundesrat abgelehnt. Er ist aber symptomatisch und hätte schwerwiegende Folgen gehabt, wie Christine R. Vonholdt (Leiterin d. Deutschen Institus für Jugend und Gesellschaft) erklärt: „ Wenn im GG steht, daß niemand aufgrund seiner „sexuellen Identität“ benachteiligt werden darf, muß das gesamte Ehe- und Familienrecht geändert werden, um Schwulen, Lesben, Bisexuellen, Transgendern und Transsexuellen eine gleichberechtigte „Ehe und Familie“ zu ermöglichen. (…) Schon 2007 hat die „Grüne Jugend“ (Nachwuchsorganisation von Bündnis 90/Die Grünen) eine gesetzlich festgeschriebene homosexuelle Ehe, polygame Ehe, Gruppenehe (bisexuelle Ehe) und Geschwisterehe mitsamt allen Familienrechten gefordert. Die europäische Organisation ILGA (International Lesbian and Gay Association) fordert, daß es möglich sein muß, daß ein Kind mehr als zwei Eltern hat.“
Schon diese wenigen Hinweise sollten reichen, deutlich zu machen, daß es hier um zwei unvereinbare Menschenbilder, um eine grundsätzliche Konfrontation geht, in der wir Christen aufgerufen sind, Stellung zu beziehen: vor allem in persönlichen Gesprächen, um Irrtümer aufzuklären und Meinung zu bilden, aber auch in öffentlichen Stel?lung?nahmen, die wir nicht allein dem Papst aufhalsen dürfen.

 

Christof Gaspari

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