VISION 20002/2010
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Brückenbauer im Heiligen Land

Artikel drucken Louisa und Dr. Karl-Heinz Fleckenstein, Archäologen, Fremdenführer und Missionare (Von Alexa Gaspari)


Wir wollen Brücken bauen, nicht Mauern. Helft uns dabei mit Eurem Gebet. Ergreift nicht einseitig Partei für die Palästinenser oder die Juden. Jeder hat auf seine Weise recht.“ Eindringlich trägt Karl-Heinz Fleckenstein gleich am ersten Tag unserer Heiligen-Land- Reise die Bitte aller palästinensischen Christen vor: „Betet mit uns um Frieden im Hl. Land.“
Louisa und Karl-Heinz Fleckenstein haben jedenfalls bewiesen, daß sie Brückenbauer sind. Durch ihre Ehe – sie ist Palästinenserin, er Deutscher – haben sie bereits eine Brücke zwischen Orient und Okzident geschlagen. Sie hält schon bald drei Jahrzehnte den Stürmen des Lebens stand.
Wie es dazu kam? Der junge Karl-Heinz, der in Krombach bei Aschaffenburg geboren ist und auf Wunsch des früh verstorbenen Vaters im Nachkriegsdeutschland eine Gesellenprüfung als Herrenschneider absolviert, ahnt wohl nicht, daß es ihn Jahre später nach Israel verschlagen wird. Nach der Schneiderei studiert er Theologie und landet schließlich beim Journalismus.
Mit großer Begeisterung wird er Chefredakteur der Zeitschrift Neue Stadt mit Sitz in München. Zu dieser Zeit lebt er in einem ökumenischen Lebenszentrum mit Christen verschiedener Konfessionen zusammen. Sein Glaube wird schon von den Eltern, vor allem durch das Vorbild der Mutter sehr gefördert. „Daß ich zu Hause so gut katholisch erzogen worden bin, ist ein Erbe, das nicht bezahlt werden kann,“ betont er dankbar. So weit er sich erinnern kann, zeigt jedoch seine „innere Kompaßnadel” in Richtung Israel.
Eine Schnupperreise dorthin mit dem Ziel, eine Leserreise für die Zeitung zu organisieren bringt ihn auch zur – über dem Haus Marias errichteten- Kirche in Nazareth. In der Verkündigungsgrotte spürt er deutlich: Hierher komme ich zurück. Für die Pilgerreise braucht er einen Guide. Wer könnte das sein? Man erzählt ihm von einer jungen Frau, die vor kurzem als einzige palästinensische Christin unter lauter Juden ein Studium als Reiseleiterin erfolgreich absolviert habe, sich derzeit aber in Spanien aufhalte. Also schickt er ihr heimgekehrt einen Brief, in dem er ihr sein Anliegen darlegt.
Da sind wir also bei Louisa angelangt. Sie wird in Bethlehem in einer traditionell katholischen Familie als fünftes von sieben Kindern geboren, eine Familie, die, wie fast alle Christen dort, Nachfahre der ersten, von Christus selbst gegründeten Urgemeinde, ist. Louisa erinnert sich lächelnd, daß man ihre Mutter, sucht man sie, meist in der Kirche antreffen konnte. Auch über ihren Vater weiß Louisa nur das Beste zu berichten: ein guter Vater voll Liebe für die Menschheit.
Als Mädchen zieht es sie nach Europa, wo sie fast sechs Jahre verbringt, um Sprachen zu studieren: Italienisch, Englisch und Französisch. Die Irrtümer, Unwahrheiten und falschen Erzählungen, denen sie dort bezüglich der ersten Christen, der heiligen Familie oder der biblischen Geschichte des Hl. Landes oft begegnet, erhärten ihren Wunsch, in ihrem Land eine gute Reiseleiterin für Pilger zu werden. Als sie 1973 nach Israel zurückkehrt, wird sie mit der Tatsache konfrontiert, daß sie, die zu Hause ja nur arabisch gesprochen hat, zuerst Hebräisch lernen muß, um in Jerusalem studieren zu können.
Als sie sich anschließend um einen Studienplatz als Guide bemüht, wird sie abgelehnt. „Weil du eine christliche Araberin bist?“, frage ich. „Ja ich denke schon. Aber ich bin zu dem Verantwortlichen gegangen und habe ihn gefragt: Jetzt habe ich sechs Jahre im Ausland Sprachen studiert, und nur weil ich ein kleines christliches Mädchen bin, lassen Sie mich nicht studieren?“ Louisa fühlt sich im Herzen zu dieser Aufgabe berufen, und so läßt sie nicht locker. Sie möchte christlichen Pilgern, die sich auf die Spuren Jesu begeben, die Schönheiten dieses Landes, vor allem aber die Schönheit und Wahrheit ihres Glaubens nahebringen und die Pilger dadurch näher zu Jesus führen. „Und plötzlich war doch ein Platz frei. Ich war in diesem Kurs unter 50 Juden die einzige Araberin und Christin,“ lächelt Louisa.
„War das nicht recht schwierig?“ unterbreche ich sie. „Anfangs war es schon schwer,“ bestätigt sie, „denn kaum ist politisch etwas passiert, haben alle auf mich geschaut. Doch ich bin immer ruhig geblieben. Du mußt nur lieben, habe ich mir immer gesagt. Du hast keine Feinde. Nur kein Selbstmitleid! Die Liebe besiegt alles. Das war meine Rüstung.“ Ihre Taktik erweist sich als erfolgreich und verhilft ihr zu wunderbaren Erfahrungen mit den Kommilitonen. Bis zum heutigen Tag hat sie sehr gute Freunde unter den Kollegen. „Sie wird nicht nur geachtet, sondern von den Kollegen geliebt, die kleine Araberin,“ ergänzt ihr Mann lächelnd, sichtlich stolz auf sie.
Für Louisa bleibt es ein kleines Wunder, daß sie die Lizenz als Guide machen konnte. Nach diesem Studium möchte sie die Spuren Jesu noch besser kennenlernen. „Dazu wollte ich tiefer in die Geschichte und in die Archäologie eindringen.“ Und so wird sie die erste Frau, die im Jerusalemer Bibelinstitut der Franziskaner christliche Archäologie, Altes und Neues Testament studiert. Sie ist hingerissen von den neuen archäologischen Erkenntnissen: „Das Wissen der Professoren über die Ausgrabungen der Hl. Stätten mußte ich einfach ausnützen.“ Ausgestattet mit dem vielen Wissen, beginnt sie ihre Tätigkeit als Guide: So führt sie z.B. 50 Priester der Gregoriana Universität, ist 40 Tage mit Priestern der amerikanischen Gonzaga-Universität unterwegs.
Eines Tages im März 1981 – sie hat gerade eine wunderschöne Ikone der Verkündigungsszene erstanden – holt sie einen Brief aus Deutschland von der Post ab: eine Anfrage, ob sie die Pilgergruppe einer deutschen Zeitung durchs Hl. Land führen könnte. Ein kurzer Blick in den Terminkalender bestätigt ihre Befürchtung: Da ist sie schon verplant. Aber die Ikone in ihrer Hand ist anderer Ansicht, nickt ihr zu: „Sag Ja!“ Louisa staunt heute noch: „Da war so eine Macht in der Ikone, daß ich ja gesagt habe. Das Problem mit der anderen Gruppe hat sich als leicht lösbar herausgestellt. Aber mein Deutsch war nicht sehr gut. Und das habe ich dem jungen Mann, der mir den Brief geschrieben hatte, dann telefonisch mitgeteilt.“ Kein Problem, meint dieser, er würde sich um einen Deutschkurs an der Uni für sie bemühen. Ein verlockendes Angebot für die sprachbegeisterte junge Reiseleiterin. Sie stimmt zu.
2. Mai 1981: Karl-Heinz holt Louisa am Flughafen ab. Ohne sich je vorher gesehen zu haben, erkennen sie einander sofort, als sie aus dem Terminal kommt. „Weißt du noch dein erstes Wort?“ fragt dieser junge Mann von damals nun, 28 Jahre später, lachend seine Frau und fügt gleich hinzu: „Wir haben nämlich beide fast genau das gleiche gesagt: ,Wir kennen uns doch. Ich kenne dich doch’.“ Karl-Heinz lacht: „Wir haben vom ersten Augenblick an sofort gewußt: Wir gehören zusammen.“ Liebe auf den ersten Blick? Louisa zögert nicht eine Sekunde: „Ja das kann man sagen.“ Ihre Augen hätten ihn sofort fasziniert, gesteht er uns. In seinem Buch mit autobiographischen Touch, Expedition Emmaus beschreibt er diese sehr romantisch: „Wie zwei leuchtende Kristalle in einem unergründlichen, tiefen Bergsee. Noch nie bin ich solchen Augensternen begegnet.“
Und wie ging die Liebesgeschichte weiter? „In der Zeit, als Louisa den Deutschkurs machte, haben wir einander die Ehe versprochen,“ erzählt der Buchautor. Im Herbst 81 bringt Karl-Heinz die Pilgergruppe ins Hl. Land. Louisa führt sie. Auch diese Zeit festigt die Beziehung der beiden. Am 14. November 81, nachdem Karl-Heinz in der festen Überzeugung, keinen Irrtum zu begehen, in Deutschland alle Brücken abgebrochen hat, übersiedelt er nach Jerusalem. „Für mich ein ,Abraham Erlebnis’: Zieh weg aus deiner gesicherten Heimat, mit Krankenversicherung, Altersversorgung, Job…“
Wenn Karl-Heinz Fleckenstein in seinem Buch „Komm und sieh – Begegnung mit dem Land der Bibel“ schreibt: „Es war Liebe auf den ersten Blick! Und dieser Blick hält weiter an,“ so meint er wohl einerseits die Liebe zu seiner Frau, andererseits wohl auch zu diesem faszinierenden Land, der Heimat Jesu, die sehr schnell auch seine wahre Heimat geworden ist.
Da sich Karl-Heinz und Louisa so einig und sicher sind, heiraten sie bereits am 8. Dezember, Fest der Unbefleckten Empfängnis Maria. Und wo? Beinahe wundert es mich nicht, als ich höre: In der Verkündigungskirche von Nazareth, in der Grotte der Verkündigung. Getraut werden sie von Louisas Bruder, Louis, der Priester ist. Die Hochzeitsreise geht an die Hl. Stätten, rund um den See Genesareth. Sie legen ihre Ehe in die Hände Jesu und Seiner Mutter.
Beide finden kurz darauf Arbeit bei der Agentur „Biblische Reisen“. Er ist der Theologe für die Pilgergruppen, sie der Guide. Dankbar erzählt Karl-Heinz: „Der Himmel hat uns mit einer unglaublichen Fülle beschenkt.“ Neben seiner Tätigkeit macht er ein Master Degree für biblische Archäologie und studiert Theologie am Jerusalemer Bibelinstitut, wie vor ihm Louisa. Sein Doktorat in Biblischer Theologie erwirbt er an der Lateranuniversität Rom.
Nicht nur als Fremdenführer, auch als Archäologen betätigen sich die Fleckensteins. Dabei gehen sie einem Hinweis der seligen Myriam von Abellin – der Gründerin des Karmels von Betlehem – nach. Durch göttliche Eingabe hatte sie einen Ort (Emmaus Nikopolis) zwischen Jerusalem und Jericho als jenes Emmaus bezeichnet, an dem Jesus nach Seiner Auferstehung mit zwei Jüngern das Brot gebrochen hat. Karl-Heinz und Louisa beginnen dort mit Ausgrabungsarbeiten. Tatsächlich werden sie fündig. Dank eines Auftrags machen sie den Ort für Pilger zugänglich. Eine großartige Aufgabe, die auch wir bewundern durften. Leider fehlt das Geld, um die vielen Zeugen der Vergangenheit, die wunderbaren Mosaike aus dem 5. bis 6. Jahrhundert zu bewahren. Daher mußte wieder vieles, nachdem es dokumentiert worden war, zugeschüttet werden, um es vor Beschädigung zu schützen.
Hier wie an all den anderen biblischen Orten des Landes gelang es dem Ehepaar, für uns Pilger die toten Steine, Zeugen der Geschichte des Neuen Testaments, zum Leben zu erwecken. So wurden Mosaiken, Graffiti, Säulen und Kirchen für uns zu sprechenden Zeichen des Wirkens und der Auferstehung Christi. Dank der kompetenten und lebendigen Darstellung erwacht die Vergangenheit anschaulich und ergreifend zum Leben. Etwa im Haus des Kajaphas, wo Karl-Heinz uns die Szenen aus der Bibel gewissermaßen vorspielt, uns eintauchen läßt, in den Moment, wo Petrus Jesus verleugnet oder wo der Herr an einem Strick um die Arme gebunden hängend ins Gefängnis, eine Zisterne, geworfen wird.
Das Engagement der beiden Fleckensteins geht weit über das von Reiseleitern hinaus. Es ist Mission. Louisa erklärt: „Das wichtigste für uns ist, möglichst viele Seelen zu Gott zu führen. Wenn wir eine Gruppe übernehmen, so nehmen wir sie auch in unser Gebet. Das ist keine Arbeit. Wenn wir unsere Pilger zu Jesus führen wollen, müssen wir auch viel für sie beten – auch nach der Reise. Wir bleiben mit ihnen im Gebet verbunden.“ Karl-Heinz fügt hinzu: „Das ist für uns kein Job. Es ist ein innerer Auftrag.“ Das spürt man auch. Obwohl sie schon hunderte Pilgergruppen geführt haben, hat man den Eindruck – wie es eine aus der Gruppe formulierte: daß sie zum ersten Mal von den Wundern des Hl. Landes berichten: Mit ungebrochener Begeisterung geben sie ihr Wissen, ihre Überzeugung, ihren Glauben, ihre Liebe zu diesem Land und seinen Menschen weiter. Und so lernen wir, dieses Land auch als unsere Ur-Heimat zu entdecken mitsamt den Menschen, die heute dort leben, und vor allem entdecken wir Jesus selbst und Seine Botschaft neu. So sind auch wir nun von dem „Bazillus Jerusalemitis” angesteckt, geprägt von dem Wunsch, wieder an den heiligsten Ort unseres Glaubens zurückzukehren.
Daß sich Louisa um jede Kleinigkeit, um jedes Problem der Teilnehmer in liebevoller Weise kümmert, war für uns bald eine Selbstverständlichkeit. Diesmal hatte sie unter anderem die Herausforderung, einen irrtümlich am Flughafen vertauschten Koffer wieder aufzuspüren. Unter lautem Applaus wurde dann die Rückkehr des „verlorenen Sohnes“ von der Gruppe gefeiert. Und als Louisa in der einen oder anderen Kirche uns auf Arabisch christliche Lieder vorsang – etwa am Hirtenfeld Stille Nacht, waren unsere Herzen über alle Sprachgrenzen hinweg tief berührt.
3 Kinder haben Fleckensteins bekommen: 1983 Miriam, 1984 Emmanuel und 1985 Elisabeth. Die bildhübsche Elisabeth durften wir kennenlernen. Sie war es auch, die ihren Eltern während des Golfkrieges unbewußt einen Wink des Himmels zukommen ließ. Damals mußte man stets Gasmasken bei sich tragen, um sie im Fall eines Alarms sofort aufzusetzen: die Kinder in der Schule, die Erwachsenen am Arbeitsplatz…
Fleckensteins erzählen: „War abends oder nachts Alarm, mußten sich alle mit aufgesetzter Gasmaske in einem Zimmer versammeln, dessen Fenster versiegelt und dessen Türe von innen verklebt wurden. Doch einmal mitten in der Nacht ist die siebenjährige Elisabeth, als der Alarm losging, mit Kissen und im Pyjama aus dem Zimmer gelaufen. Sie holte ihr Marienwasser aus Lourdes, wo wir im Jahr davor gewesen waren. Sie war überzeugt: Mit dem Wasser kann uns nichts passieren. Für uns war das ein Wink des Himmels, als würde Maria uns sagen: Fürchtet euch nicht, ich bin bei Euch. Wir haben dann bei Alarm die Gasmasken nicht mehr aufgesetzt, sondern Louisa hat den Kindern Geschichten erzählt, so daß sich die Kinder dann schon auf den Alarm freuten, weil es dann Geschichten von Mama gab.“ Mittlerweile gibt es schon ein einjähriges Enkelkind von ihrer ältesten Tochter Mirjam!
Viel lieber als von Kriegsereignissen erzählt mir das Ehepaar von der Vertiefung ihres Glaubens durch ihre Arbeit – abwechselnd im Duett: „Es ist eine Gnade, hier leben zu dürfen, weil es das Land Jesu ist, das 5. Evangelium. Durch die Ausgrabungen haben wir neu entdeckt, daß wir nicht einem Mythos nachlaufen, sondern daß Gott wirklich zu einer bestimmten Zeit hier auf Erden Mensch geworden ist, in diesem Land. Die Ausgrabungen, unsere, aber auch die anderer, diese nahtlose Kette von Zeugen, bestätigen die Ereignisse, von denen in der Bibel berichtet wird. In Kapharnaum z.B. hat man ohne jeden Zweifel das Haus des Petrus gefunden. Die verschiedenen Orte der Bibel sind nicht Ideen von Kaiser Konstantin oder seiner Mutter Hellena, die hier aus einer Laune heraus etwa die Grabeskirche bauen ließen. Nein, die Urchristen hatten schon diese Stätten bewahrt und die Archäologie bestätigt die Stätten erneut. In Emmaus bei den Gräbern der ersten Christen fanden wir z.B. eine Lampe mit dem Monogramm Jesu, aus der Neutestamentlichen Zeit.“
„Das stärkt und bestätigt unseren Glauben, der an dieses Land gebunden ist. Wir heutigen Christen sind nicht benachteiligt. Was die Apostel mit Jesus erlebt haben, dürfen auch wir auf den Spuren Jesu mit Ihm wieder neu erleben. Jede neue Pilgergruppe, die wir führen dürfen, ist eine neue Glaubenserfahrung, auch für uns eine neue Pilgerfahrt. Manchmal fragt man uns: Ist das nicht langweilig, immer an dieselben Orte zu fahren. Für uns ist das wie eine Symphonie: Nur auf totem Papier geschrieben, ist die Symphonie kein Erlebnis. Aber wenn sie erklingt, ist sie auch immer wieder neu. So kommen die Symphonien der Hl. Stätten stets neu in uns zum Erklingen.“
Bei diesen Worten denke ich an den Vergleich, den Karl-Heinz in seinem Buch zieht: Wie die Facetten eines Diamanten immer wieder neu erstrahlen je nachdem, wie man den Diamanten betrachtet, so ist es auch mit dem Hl. Land. Man kann immer wieder neue Seiten entdecken. Kein Wunder bei drei Religionen, zwei Völkern und den vielen heiligen Stätten.
Ich könnte mir vorstellen, daß so mancher Leser sich fragt, ob die ständige Nähe mit dem Ehepartner ein Paar nicht auseinanderbringen kann. Dieser Gedanke entlockt Karl-Heinz spontan ein herzliches Lachen: „Dazu nur ein Wort: was Gott verbunden hat, kann kein Reisebüro trennen.“ Und fügt doch hinzu: „Wir sehen das so: Wo zwei oder drei in meinem Namen beisamen sind, bin ich mitten unter ihnen.“ Wenn wir gemeinsam führen, miteinander eine Gruppe bewußt in unsere Mitte hineinnehmen, so glauben wir, daß Er dann auch mitten unter uns ist. Das merken die Menschen dann auch. In unserer Ehe erfahren wir diese Realität auch so: Er ist mitten unter uns. Wie wunderbar in Seinem Land Seine Gegenwart besonders tief zu erfahren.“ Ja, das überzeugt mich. Und ich kann sie nur bestätigen: Wir haben Jesu in unserer Mitte erfahren dürfen. Wird das nicht immer notwendiger: Den zu erfahren, nach dem wir unser Leben, unsere Prioritäten, unseren Alltag ausrichten sollten. Er ist der Kompaß, der uns den Weg weist.
„Und der kulturelle Unterschied zwischen Euch? War das eine Schwierigkeit?“ frage ich. Nach kurzer Überlegung spricht Karl-Heinz für sie beide: „In uns sind sich zwei Kulturen begegnet: der Orient und der Okzident. Was uns verbunden hat, war die gemeinsame Liebe zu Jesus und sie schlägt Brücken zu allen Kulturen. Der tiefste Grund unserer Ehe war, daß wir Hand in Hand Jesus entgegengehen wollten. Das tun wir seit über 28 Jahren. Heute entdeckt man neu, wie wichtig es ist, seine Ehe immer wieder neu aus dem Sakrament zu gestalten. Auch unsere wissenschaftliche Arbeit, die Dissertation über das Ehesakrament, war eine Herausforderung: Liebe ich meine Frau wie Christus Seine Kirche? Bin ich bereit, mein Leben für sie zu geben, in ihrer anderen Denkart und anderen Kultur? Umgekehrt galt das Gleiche für Louisa. Die Schwierigkeit mit der Mentalität ist sicher da. Aber wo die Liebe in der Mitte ist, tritt alles andere zurück.“
Und Louisa erzählt aus der Anfangszeit ihrer Ehe: „Karl-Heinz war im ersten Ehejahr monatelang schwer krank. Alle Knochen, Hände, Füße haben sehr geschmerzt. Er konnte sich kaum bewegen. Im Spital in Jerusalem konnten sie die Ursache seiner Beschwerden nicht feststellen.“ Eine harte Zeit nicht nur für den Patienten, der in allem auf die Hilfe seiner Frau angewiesen war, sondern auch für die junge Ehefrau, die plötzlich einen hilflosen, kranken Mann hatte, ohne Aussicht auf Heilung. Louisa fährt fort: „Die Liebe ist in dieser Zeit gewachsen. Ich habe dann erst bemerkt, wie sehr ich ihn liebe, obwohl er nichts mehr tun konnte. Das Leid wurde zum Zement, der unsere Liebe wachsen ließ.“
Karl-Heinz ergänzt: „Für mich war es stark zu erleben, wie liebevoll sie mich gepflegt hat, obwohl sie alles tun mußte.“ Gott sei Dank entdeckt Louisas alter Hausarzt in Bethlehem die Ursache: das sogenannte Malta-Fieber, das durch Schafe übertragen wird. Als die Diagnose feststand, war auch die Therapie klar und erfolgreich.
„Habt Ihr eine Botschaft für unsere Leser?“ „Ja, vergeßt die Christen im Hl. Land nicht. Macht Euch bewußt, der Friede hier ist nicht machbar, wie wir seit Jahrzehnten sehen, er wird ein Geschenk Gottes sein. Wir bitten Euch, dafür zu beten, daß Gott dem Hl. Land Frieden schenkt, dem Land, in dem Gott sich durch die Jahrhunderte hindurch geoffenbart hat. Und kommt uns besuchen! Das Hl. Land verfügt über eine besondere Gnade: Es ist das fünfte Evangelium, das man betasten, schmecken, sehen, riechen kann. Wer einmal hier war, wird das Evangelium mit ganz neuen Augen lesen. Es wird ein Stück persönlicher Erfahrung sein: das ist die Gnade des Hl. Landes.“
Erlebt nicht jeder, der mit offenem Herzen hierher, kommt sein persönliches Wunder?

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