VISION 20002/2010
« zum Inhalt Christ in der Welt

Laßt uns nicht allein!

Artikel drucken

Unsere Situation hier ist schwierig. Wir erleben die militärische Besetzung unseres Landes. Wer nach Bethlehem kommt, sieht die große Mauer, die uns von Israel trennt, und kann sich vorstellen, wie schwierig es ist, durch den Checkpoint zu kommen. Mein Vater beispielsweise konnte zehn Jahre lang nicht in das benachbarte Jerusalem. Nur letztes Jahr durfte er ausnahmsweise anläßlich der Amtsübergabe des Patriarchen dorthin reisen.
Wir sind mit einer enormen Auswanderungsbewegung von Christen im Heiligen Land konfrontiert. Ich bin Pfarrer in Beit Jala, einer Pfarre mit etwa 1.500 Seelen. Die Orthodoxen sind ungefähr 6.000. Rechnen wir dann noch die Protestanten hinzu, so sind wir im Ort weniger als 10.000 Christen. In Chile jedoch gibt es 70.000 Christen, die aus Beit Jala stammen!
Dieser Aderlaß ist tragisch. Denn es ist wichtig, dass weiterhin Christen hier leben. Es geht darum, dass es im Heiligen Land Zeugen für Jesus Christus gibt. Nur so können wir den Muslimen und den Juden vor Augen führen, was es heißt zu vergeben, zu lieben, Brücken zu bauen. Das kennen die anderen Religionen nicht.
Unsere Situation hier wird immer schwieriger. Wie Jesus am Kreuz müssen auch wir unser Leid aufopfern, weil wir eben Christen im Heiligen Land sind. Jesus hing allein am Kreuz. Nur Maria und Johannes standen bei ihm. Es ist Eure Aufgabe, Maria und Johannes für uns Christen im Heiligen Land zu sein. Laßt uns nicht allein!
Was Ihr tun könnt? Ich glaube an Gott. Und wenn nicht Sein Geist es ist, der den Verantwortlichen im Land eingibt, hier Frieden zu machen, so ist niemand anderer dazu imstande. Es gilt also, Tag für Tag, Stunde für Stunde um Frieden im Heiligen Land zu bitten. Bis Gott sagt: „Jetzt reicht’s, ich schenk’ Euch Frieden!“ Wir rechnen mit Euren Gebeten.
Ein zweites Anliegen: Kommt und besucht uns. Indem Ihr kommt, schafft Ihr bei uns Arbeit: Ihr eßt unsere Nahrung, schlaft in unseren Hotels, ihr zahlt für all das, ihr helft uns damit in einer Form, die unsere Würde nicht verletzt.
Natürlich sind wir auch für finanzielle Unterstützung dankbar. Sie ermöglicht uns insbesondere, hier Schulen und Spitäler zu betreiben. Aber es geht um eine Hilfe, die unsere Würde achtet. Ihr kennt den Spruch: Statt uns einen Fisch zu geben, gebt uns die Mittel, damit wir selbst fischen können.
Und ein Drittes: Informiert Eure Umgebung über die Situation im Heiligen Land und ruft Initiativen ins Leben, uns Christen hier zu helfen. Animiert andere Leute, uns zu besuchen.
Ich spreche nicht über Politik, über kämpferische Auseinandersetzungen. Das ist nicht mein Thema. Wir wollen den Frieden, wir beten für ihn.

Abuna Ibrahim Shomali
Abuna Ibrahim ist Pfarrer in Beit Jala, nahe Betlehem

© 1999-2024 Vision2000 | Sitz: Hohe Wand-Straße 28/6, 2344 Maria Enzersdorf, Österreich | Mail: vision2000@aon.at | Tel: +43 (0) 1 586 94 11