VISION 20001/2013
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Einladung zum Hochzeitsmahl

Artikel drucken Der Himmel: Feier der Hochzeit mit Gott, der im unzugänglichen Licht wohnt (Von Weihbischof Andreas Laun)

„Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde!“ So lautet der erste Satz der Bibel. Da ist er schon, der „Himmel“! Oft  ist nur der Himmel gemeint, den alle Menschen sehen, wenn sie nach Sternen oder Wolken Ausschau halten, den Astronomen erforschen…

Auf diesen Himmel sollte Abraham auf das Wort Gottes hin schauen, um die Sterne zu sehen, damit er begreift, wie viele Kinder Gott ihm und seinen Nachkommen schenken wird  – „zahlreich wie die Sterne „am Himmel“! (Gen 26,4) An diesen Himmel braucht man natürlich nicht zu glauben, man sieht ihn ohnehin und kann ihn wissenschaftlich erforschen!
Viel näher bei dem, was wir im Glauben Himmel nennen, sind wir, wenn die Bibel mit „Himmel“ den „Ort bezeichnet, an dem Gott wohnt, und darum beten Juden und Christen zu Gott: „Höre uns im Himmel, dem Ort, wo du wohnst“ (1Kön 8,30) Der Himmel gehört zum „Unsichtbaren“, nach dem die Gläubigen Ausschau halten#, so wie Gott selbst unsichtbar ist. Von Juden und Christen gilt daher: Auch in der Not oder Verfolgung halten sie „standhaft aus, als sähen sie den Unsichtbaren.“ (Hebr 11,27)
Darum redet die Bibel auch von „Jesus, dem Herr der Herren, „der in unzugänglichem Licht wohnt, den kein Mensch gesehen hat noch je zu sehen vermag.“ (1 Tim 6,16) Schon im Prolog des Johannes heißt es: „Niemand hat Gott je gesehen.“ (Joh 1,18) Und das gilt von dem Himmel, in dem Gott wohnt und in den wir Menschen kommen wollen, sollen, kommen werden, wenn wir es selbst nur wollen!
Verbunden mit der großen Sehnsucht nach dem Himmel sind dann die Fragen: Werde ich meine Lieben im Himmel wiedersehen? Und was ist eigentlich mit den Nicht-Christen, können auch sie in den Himmel kommen? Daran schließt sich sofort ein nächstes Thema an: Die Bibel spricht schon im AT von einer „neuen Erde“. (Jes 65,17) Dies scheint denknotwendig, wenn man an im Fleisch auferstandene Menschen glaubt! Und nur nackte Erde wäre auch weder lebbar noch erstrebenswert. „Neue Erde“ kann doch nur heißen eine neue, erneuerte Schöpfung! Paulus sagt doch, dass die ganze Schöpfung wie in Geburtswehen liegend auf Erlösung wartet! Was kann damit gemeint sein? Wohl doch die Lebewesen, Tiere und Pflanzen? Irgendwie erhalten bleiben wird, hoffentlich, die Schönheit der Berge, des Meeres, der Sternenwelt? Stechmücken und andere Quälgeister sind wohl eher als Folge des Sündenfalls zu verstehen, sie wird es nicht mehr geben! Von ihnen hat C. S. Lewis gesagt: Wenn es in der Ewigkeit Tiere gibt, können die Stech-Mücken doch nur die Hölle bevölkern, dort würden sie ganz gut hinpassen!  
Wir müssen uns den Himmel und die neue Erde nicht ausmalen, keine Werbefilme über sie produzieren! Wir stellen uns den Himmel auch nicht vor als Well­nesspark, in dem nach dem Tod alles so weitergeht wie auf der Erde, nur besser! Ein solcher Himmel wäre nicht nur nicht erstrebenswert, sondern ein Albtraum, wie nicht erst Papst Benedikt in seiner Hoffnungs-Enzyklika ausgeführt hat. Ewig leben? Ja, aber anders, ganz anders als auf der Erde! 1000 Jahre oder mehr weiterleben, wäre auch auf einer griechischen Privatinsel mit Schloss und Bedienung nicht mehr schön, sondern unerträglich, eher eine Beschreibung der Hölle als des Himmels!
Was uns Christen eigentlich allein interessiert sind Antworten auf zwei Fragen. Erstens: Wir wissen, was der versprochene Himmel nicht ist, gut, aber was ist der Himmel, nach dem wir uns sehnen, wirklich, der für den es sich sogar lohnt, alles und jedes im Leben aufzugeben und, wenn nötig, sogar das Leben selbst zu opfern?
Die Antwort: Der Himmel, von dem der Glaube spricht, ist: Bei Gott sein, in Gemeinschaft mit Ihm leben, glückliche Liebe ohne Ende! Das klingt schön, aber etwas farblos, besser man lauscht auf das, was Jesus und die Propheten über die Ewigkeit sagten. Sie sprechen nämlich gerade bei den schwierigen Fragen des Glaubens gerne in Bildern und mit Hilfe von Geschichten – und zwar solchen, die auch ein Kind versteht und dabei unterscheiden kann zwischen dem, was „nur Geschichte und Vergleich“ ist und dem, was Jesus wirklich sagen will.
Nun, das Lieblingsbild Jesu für den Himmel war die Hochzeit und das zu einer Hochzeit gehörige Fest. Eine Besonderheit dieser Hochzeit ist es: Wirklich alle sind eingeladen, die, die nicht dabei sind, sind nicht übersehen worden, sondern es sind nur jene, die nicht kommen wollten! Wirklich nicht wollten! Obwohl sie der Gastgeber geradezu anbettelte, doch zu kommen, blieben sie bei ihrer Absage aus lächerlichen und beleidigenden Gründen – so erzählte es Jesus in einem Seiner Gleichnisse! (Mt 22,1 ff)
Was ist also der Himmel? Gast sein bei der Hochzeit Gottes! Aber halt, ist das nicht Unsinn? Nein, es ist das Bild, das im AT beginnt und weitergeht bis zum Ende des NT, um die Beziehung zwischen Gott und Seinem geliebten Volk zu beschreiben: Gott ist der Bräutigam, Sein Volk, also wir, jeder von uns, ist die Braut Gottes! Das heißt dann aber auch im Unterschied zu normalen Hoch­zeits­ein­la­dun­gen: Wir sind nicht nur Gast beim Hochzeitspaar, das einlädt, sondern „Braut“, dieses einzige Mal unabhängig von unserem Geschlecht als Mann oder Frau. Jesus Christus ist der Bräutigam, wir alle, auch die Männer, sind als Glieder der Kirche Gottes Braut.
Himmel? Das ist, wie wenn wir zu unserer eigenen Hochzeit gehen! So gesehen ist unser Leben die Zeit, in der Gott die Einladung schickt und um uns wirbt wie ein Bräutigam um seine Braut. Besonders tröstlich: Sogar wenn die Braut zwischendurch bis zur Dirne abgesunken sein sollte, Gott hört nicht auf, um sie zu werben und die Verlobung zu erneuern. Das jedenfalls erzählt der Prophet Ezechiel so anschaulich, dass man am Ende angesichts der Vergebung Gottes eigentlich in Tränen der Erschütterung ausbrechen müsste! (Ez 16,6-63)
Nach einem solchen Gott und einem solchen Himmel sollte sich der Mensch nicht sehnen? Zu behaupten, man sehne sich nicht danach, wäre so absurd wie zu behaupten, man sehne sich nicht nach Liebe, nach einer großen, vergebungsbereiten und unerschütterlichen Liebe, nach Jemandem, den man liebt, und von dem man geliebt wird!
Ja, die Himmelssehnsucht der Christen ist so groß, dass ihre Erden-Liebe in den Hintergrund rückt. Das hat man schon sehr früh als Merkwürdigkeit der Christen so beschrieben: „Sie wohnen zwar in ihrer Heimat, aber wie Zugereiste aus einem fremden Land. Jede Fremde ist ihnen Heimat und jede Heimat Fremde.“ Bei Paulus findet man den Grund dafür so ausgedrückt: „Unsere Heimat aber ist im Himmel. Von dorther erwarten wir auch Jesus Christus, den Herrn, als Retter!“ (Phil. 3,20)  Paulus nennt auch denjenigen, durch den allein „man in den Himmel kommt“: Jesus ist für alle gestorben, auch für Hindus, Moslems oder Andersgläubige. Wer auch immer, jeder ist geladen. Ohne Jesus kommt niemand in den Himmel, schon gar nicht gegen den eigenen Willen!
Wer aufmerksam ist, merkt, dass auch die Liturgie ständig vom Himmel und der Sehnsucht nach ihm spricht, ebenso wie von der Sehnsucht, danach, Jesus möge „endlich“ wiederkommen und zwar in „Macht und Herrlichkeit“, wie Er es vorausgesagt hat!
Wenn das der Himmel ist, stellt sich mit zwingender Notwendigkeit die zweite Frage: Wie kommt man in den Himmel, kann man sich am Weg dorthin verirren? Und was macht man, wenn man sich verirrt hat, gibt es ein Zurück auf den rechten Weg, Sicherheit dafür, in den Himmel zu kommen? Nicht nur Christen, auch in anderen Religionen scheint klar: Es gibt eine Art „Weg“, der zum Himmel führt, und einen anderen, der im Abgrund der Hölle endet! Auch wenn es sich bei solcher Redeweise um Bildersprache handelt, auch Jesus bedient sich ihrer, wenn er den Weg ins Verderben breit, den Weg zum Leben hingegen eng nennt! (Mt 7,13)
In diesem Jesuswort ist auch die Richtigstellung eines heute in der „religiösen Umgangssprache“ verbreiteten Irrtums enthalten, wenn von der „bedingungslosen Liebe Gottes“ gesprochen wird. Nein, das ist nicht wahr, es gibt zwar eine göttliche Geduld, göttliche Vergebung und wunderbare Barmherzigkeit Gottes uns Menschen gegenüber. Aber „bedingungslos“ ist Gottes Liebe nicht, das würde die Freiheit aufheben.
Eine Bedingung bleibt: unser Jawort. Gott will keine „Zwangsehe“ mit uns Menschen! Er will unser Gehen auf dem „engen Weg“, Er verlangt das Halten Seiner Gebote und  unser Mühen, Seinen Willen zu erfüllen. Gott will Seine Braut makellos und heilig und niemand kommt an dieser Bedingung vorbei. Es ist ja die Bedingung der Liebe selbst!
In diesem Licht gesehen könnte man sagen: Das, was mit Fegefeuer gemeint ist, ist wie der Raum, in dem sich die Braut vor der Hochzeit nochmals wäscht, schminkt, ihren Schmuck anlegt, ihr Hochzeitskleid mit Hilfe ihrer Freundinnen anzieht, damit sie als die heilige, makellose Braut vor Gott hintreten kann!
Damit ist eigentlich schon alles gesagt: Jesus ist der Weg, Er ist auch das Licht, um den Weg zu sehen, Er ist der Hirte, der auch das verlorene Schaf sucht und zu­rückbringt, Er ist die Wahrheit, mit deren Hilfe der Mensch den unsichtbaren Gott sieht, obwohl er noch nicht bei Ihm angelangt ist. Und der Weg führt immer zu dem, der  eben das Leben ist!
Welche Faszination davon ausgeht, beschreibt der hl. Paulus, wenn er sagt: „Brüder, ich bilde mir nicht ein, daß ich es schon ergriffen hätte. Eines aber tue ich: Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist. Das Ziel vor Augen, jage ich nach dem Siegespreis: der himmlischen Berufung, die Gott uns in Christus Jesus schenkt.“ (Phil 3,13-16) Damals und heute bis ans Ende der Welt werden Christen so denken!
Und so schrieb in der NS-Zeit einer der Lübecker Märtyrer drei Stunden vor seiner Hinrichtung durch das Fallbeil an seine Eltern: „Ich bin glücklich, seid ihr es auch! In drei Stunden werde ich im Himmel sein und Jesus sehen!“  
Von Cyprian von Karthago aus dem 3. Jahrhundert stammen die Worte : „Wir halten das Paradies für unsere Heimat. Dort erwartet uns die große Zahl der Lieben: Die stattliche Schar der Eltern, Geschwister und Kinder wartet auf uns. Der eigenen Rettung sind sie schon sicher, aber sie sind wegen unseres Heiles in Sorge. Wie groß ist unsere und ihre gemeinsame Freude, wenn wir einander wiedersehen und uns umarmen können. Wie groß ist dort das Glück des Himmelreiches ohne Furcht vor dem Tod. Welch höchste und ewige Seligkeit ist es, in der Ewigkeit zu leben.“
Was ist ein Christ? Einer, der in der Sehnsucht lebt wie der „Hirsch nach der Quelle“, der Sehnsucht nach der Hochzeit des Lammes (Off 19,7), der Sehnsucht nach dem Himmel!

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