VISION 20006/2014
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Begegnungen mit einem Heiligen

Artikel drucken Freunde und Gefährten erinnern sich an Johannes Paul II. (Christoph Hurnaus)

Zahlreiche Bücher sind in den vergangenen Jahren über Papst Johannes Paul II. erschienen. Unter all diesen Veröffentlichungen sticht das Buch des polnischen Journalisten Wlodzimierz Redzioch Johannes Paul II. – Begegnungen mit einem Heiligen, das heuer im Sommer in deutscher Sprache erschienen ist, heraus. Darin erzählen Freunde und Weggefährten des heiligen Papstes aus Polen. Unter den 22 Persönlichkeiten, mit denen der Autor gesprochen hat, findet man neben dem emeritierten Papst Benedikt XVI. und den Privatsekretären Dziwisz, Mokrzycki und Kabongo auch treue Wegbegleiter und Mitarbeiter Johannes Pauls II. im Vatikan.
Papst Benedikt XVI. spricht von der intensiven Gottesbeziehung seines Vorgängers. Ihre Frucht sei einerseits die besondere Fröhlichkeit gewesen mitten in den großen Mühsalen, die dieser zu bestehen hatte und andererseits der Mut, mit der der Papst seinen Auftrag in einer schwierigen Zeit erfüllte: „Johannes Paul II. hat nicht nach Beifall gefragt und sich nicht ängstlich umgeschaut, wie seine Entscheidungen wohl angenommen würden.“
Der heutige Erzbischof von Lemberg und frühere Privatsekretär Mieczyslaw Mokrzycki erzählt liebevolle Anekdoten aus dem privaten Alltag des Papstes und spricht davon, dass die Begegnung mit Johannes Paul II. jeden verwandelte, der mit ihm zu tun hatte. Was ihn neben dem unerschütterlichen Glauben und dem grenzenlosen Gottvertrauen am meisten an Johannes Paul II. beeindruckt habe, sei die feste Überzeugung des Papstes gewesen, dass die Wahrheit sich immer einen Weg sucht und am Ende siegen wird.
Über den Humor und die Freude, die im Herzen des Papstes aus Polen herrschte, spricht auch Joaquin Navarro Valls, der viele Jahre lang Pressesprecher des neuen Heiligen war. Navarro Valls spricht davon, dass Johannes Paul II. keine Minute seines Lebens vergeudete, aber dennoch nie in Eile war. Nach den Worten des Pressesprechers habe Johannes Paul II. der Welt eine demütigere und zugleich kühnere Kirche hinterlassen. Besonders interessant zu lesen ist auch das Gespräch des Autors mit dem Papstfotografen Arturo Mari, der während seines 51-jährigen Dienstes im Vatikan sechs Päpste fotografierte. Mari spricht davon, dass er sich dank der Güte des Papstes wie ein Familienmitglied fühlen und in Johannes Paul II. einen echten Vater sehen konnte.
Das für mich am meisten beeindruckende Zeugnis in dem Buch stammt von Wanda Poltawska, einer polnischen Ärztin, die eine besondere spirituelle Freundschaft mit ihrem Landsmann verband. Poltawska (siehe Portrait in Die den Sprung wagen von Alexa Gaspari) überlebte während der Nazi-Diktatur als Versuchskaninchen im KZ Ravensbrück. Als junger Priester in Krakau begleitete Karol Wojtyla Poltawska, die fünf Jahre die menschliche Hölle erlebte, als Beichtvater und Seelenführer. 1967 gründete sie mit Hilfe des Krakauer Erzbischofs das Theologische Institut für die Familie, das sie danach 33 Jahre lang leitete. Während eines gemeinsamen Urlaubs in den Bergen sprach der Krakauer Erzbischof mit dem Ehepaar Poltawska am 6. August 1978 über einen prophetischen Traum, den er die Nacht zuvor geträumt hatte: „Ich träume eigentlich nie, aber diese Nacht habe ich geträumt, Paul VI. hätte mir zugewinkt.“ Am selben Morgen erfuhren sie aus dem Radio, dass Paul VI. verstorben war. Als im September die überraschende Nachricht eintraf, dass auch der neue Pontifex Johannes Paul I. verschieden war, sagte der spätere Papst in einem Gespräch mit dem Ehepaar Poltawska: „Ich dachte, mir bleibt mehr Zeit.“
Neben den Zeugnissen der Freunde und Mitarbeiter des Papstes kommen am Ende des Bandes auch die beiden Frauen zu Wort, die auf die Fürbitte des Heiligen geheilt wurden.
Redzioch, der seinem polnischen Landsmann vor 30 Jahren nach Rom gefolgt ist, bietet mit diesem Buch dem interessierten Leser bisher unbekannte Geschichten und Anekdoten.  Das Ergebnis seiner Gespräche ist ein einzigartiges Portrait, das Größe, Charisma und Heiligkeit eines besonderen Menschen und Glaubenszeugen unserer Tage sichtbar macht. Ein außergewöhnliches Buch über einen außergewöhnlichen Heiligen, das in keiner Bibliothek eines echten Freundes von Papst Johannes Paul II. fehlen sollte.

Johannes Paul II. – Begegnungen mit einem Heiligen, Von Wlodzimierz Redzioch, Katholisches Bibelwerk, 254 Seiten, 20,60 Euro

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