Die Christenverfolgung hat im 21. Jahrhundert ein alarmierendes Ausmaß angenommen. Weil wir Europäer derzeit nicht unmittelbar betroffen sind, neigen wir dazu, das Geschehen resigniert, aber untätig zur Kenntnis zu nehmen. Wie sehr wir herausgefordert sind, uns von dieser Verfolgung betreffen zu lassen, zeigt das folgende Zeugnis:
Sein Wort traf mich wie ein Geschoß: „Was geht mich das an?“ Dieser biblische Satz von Kain, zitiert von unserem Heiligen Vater in Redipuglia, im September 2014, anlässlich seiner Ehrerbietung den Opfern des 1. Weltkrieges gegenüber, rüttelte mich vollends auf, arbeitete in mir, ließ mich nicht mehr los. Und dann weiter: „Bin ich etwa der Hüter meines Bruders?“
Gedankenfetzen: „Jeder ist doch schließlich für sich selbst verantwortlich.“ Ja gut, „Eine Fürbitte wurde bereits in der Messe gesprochen“ und „Geldspenden – sowieso“. Also was soll’s!
„Reinhard, schau auf Deinen Bruder, Deine Schwester, was siehst Du?“ Not, Elend, Devastierung, Folter, Mord, Verschleppung, Apokalypse… und Du fragst: „Was geht Dich das an?“
Schon einmal hatte der Herr an die Tür meines Herzens geklopft und mir meine Gleichgültigkeit in dieser Sache gezeigt. Doch dieses Mal war es, als blickte ich in die Augen all dieser Menschen, die sagten: „Bruder, steh uns bei, tritt ein für uns beim Herrn. Gewiss brauchen wir lebensnotwendige Dinge, aber vor allem bedarf es der Stärkung von oben, dass wir standhalten, durchhalten, dass wir einfach wissen, nicht alleine zu sein, hier und jetzt.“
Schlagartig wurde mir bewusst, das hier ist ein geistlicher Kampf! In diese geballte Dunkelheit, in den Schatten des Todes, muss das Licht des Heilands, des Auferstandenen hineinstrahlen. Ein Schlaglicht, das alle Beteiligten berührt – ohne Ausnahme. Damaskuserlebnis! In dieser speziellen Sache also nicht gegen etwas auf-, sondern für etwas einzutreten! Für die Wandlung und damit Umkehr aller Herzen, auch jene der Verfolger!
Die Dimension dieser Aufgabe verstörte mich, da mir jede Erfahrung für das Herangehen an eine solche Aufgabe fehlte und ich mich in meinem unmittelbaren kirchlichen Umfeld an keiner mir bekannten, aktuellen Initiative dazu orientieren konnte.
Der Tipp meines lieben Bruders in Christo, Georg, brachte Licht in mein Dunkel: „Halte Ausschau nach anderen Christen und beginne ganz im Kleinen. Also: entzünde ein Feuer, und sei es noch so klein. Ein Streichholz erhellt einen ganzen Raum. Auch wenn es nur für kurze Zeit ist und bete täglich den Rosenkranz.“
Das tat ich und schon bald war mir klar, wie dieser Liebesdienst zu sein hatte. Schlag nach im Alten Testament etwa bei Judith: Beten und fasten! Ganz einfach, klassisch, ohne Schnickschnack und sonstiges Begleitwerk. Vor den Herrn fürbittend hinzutreten, Ihn anbetend zu bestürmen und sich mit Ihm im Gebet in diesem Anliegen zu vereinen. Ganz einfach: Er und ich, Er und wir alle!
Und dann erinnerte mich der Herr an einen brennenden Christen. Meinen Freund Peter – Petrus – was für eine Fügung. Als er von der Idee hörte, war er sofort mit an Bord. Seine Idee: „Nächtliche Anbetung“! Das war es – wie Jesus in der Einsamkeit der Nacht flehend zum Vater zu beten.
Genauso musste dieser Dienst sein. Ein persönliches Opfer, nicht ablösbar durch Geld, sondern Verzicht, Aufopferung von Zeit, Schlaf, Vergnügen oder was auch immer. Zugewendet als Liebesdienst all jenen, die einem nicht einmal persönlich bekannt sind, die aber als Leib Christi untrennbar mit uns verbunden sind. Erhebung des Geistes über das Fleisch, ausgedrückt durch dieses an Petrus gesprochene Ölbergwort „Wachet und betet“.
Aber wo anbeten, wenn kein Berg und vor allem kein Eucharistischer Herr in der Nähe? Ein Gespräch mit dem damaligen Pfarrer öffnete die Türen seiner Kirche, vor allem jedoch jene zum Tabernakel. Am 19. September 2014 begannen wir „Gemeinsam für unsere bedrängten Brüder und Schwestern in den Krisengebieten dieser Erde“ zu beten.
Ein wöchentlicher, freitäglicher Dienst, der bis heute, mit wohlwollender Unterstützung der neuen Pfarrleitung, unverändert anhält. Und nicht nur das, in allen „größeren“ Messen wird konsequent darauf hingewiesen, ein entsprechender Aufruf ist prominent auf der Pfarrhomepage platziert. (Siehe Kasten)
Letztlich jedoch bricht sich hier unser Tun konkret im aufgetragenen Gebot der Liebe, dessen Maß ohne Grenze ist. Im Wandel des Verständnisses nicht nur Segens- und Heilsempfangender, sondern vielmehr (Hin)gebender und (Hin)liebender zur sein und zu werden.
Denn wie es der Gründer von „Kirche in Not“ P. Werenfried van Straaten im Hinblick auf diese massive weltweite christliche Bedrängnis so treffend formuliert: „Unsere Brüder und Schwestern in den Krisengebieten werden im Glauben geprüft, Du/wir jedoch in der Liebe.“
Anbetung in Wien
Jeden Freitag ist die Gelegenheit, von 20 Uhr bis Samstag 7 Uhr morgens in der Pfarrkirche (Pfarre St. Josef, Reinlgasse 25, 1140 Wien, erreichbar mit U3 und Straßenbahn Linie 52) in Gegenwart des Eucharistischen Herrn für dieses Anliegen zu beten. Dabei beten wir für unsere Geschwister im Glauben, aber auch für deren Feinde und Bedränger – und vor allem für ein machtvolles Eingreifen des Dreifaltigen Gottes. Er kann alles zum Besten wenden.