VISION 20006/2015
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Gott oder nichts

Artikel drucken Interview-Buch zu Fragen des Glaubens (Von Christoph Hurnaus)

Robert Sarah, Präfekt der vatikanischen Gottesdienstkongregation, wurde 1945 in dem entlegenen Dorf Ourous in Guinea geboren. Zwei Jahre nach seiner Geburt kamen die ersten Missionare in das Dorf. Mit großer Freude spricht der Kardinal in dem Buch Gott oder nichts über die glücklichen und unbeschwerten Jahre seiner Kindheit in der Abgeschiedenheit des kleinen afrikanischen Dorfes. Mit Bewunderung und Dankbarkeit erzählt er die Geschichte der französischen Spiritanerpater, die den christlichen Glauben in seine Heimat brachten.
Schon bald wurde der kleine Robert Messdiener und in sehr jungen Jahren trat er in ein Seminar ein, um Priester zu werden. Als er seine Eltern diesbezüglich um Erlaubnis fragte, dachten diese zuerst an einen Scherz. Sie hatten nämlich noch nie in ihrem Leben einen „schwarzen Priester“ gesehen.
Kardinal Sarah kommt in dem Interview mit dem Journalisten Nicolas Diat auch auf die Zeit im Priesterseminar von Abidjan in der Elfenbeinküste zu sprechen. Während der Schreckensherrschaft des Diktators Sékou Touré besaß Guinea nämlich kein eigenes Priesterseminar. Bald schon sollte der junge Priester Robert Sarah Bekanntschaft mit dem Diktator machen, denn mit nur 34 Jahren wurde er von Papst Paul VI. zum jüngsten Erzbischof der katholischen Weltkirche ernannt.
Die Zeit unter Tourés Diktatur war für den jungen Erzbischof von Conakry eine große Bewährungsprobe und ein schweres Kreuz. Nach dem Tod des Diktators fand man in dessen Aufzeichnungen Belege dafür, dass er kurz davor stand, Sarah ermorden zu lassen. Dieser sieht daher im plötzlichen Tod des Diktators und in der eigenen Errettung einen besonderen Plan Gottes.
2001 hat Papst Johannes Paul II. den Erzbischof nach Rom berufen und ihn mit dem Amt des Sekretärs der Kongregation für die Evangelisierung der Völker betraut. So sehr sich Robert Sarah über den Ruf des Papstes freute, so schwer fiel es ihm, Guinea und seine bedrängte Kirche zurück zu lassen. Schon bald zeigte sich, wie sehr der Erzbischof aus Westafrika in Rom geschätzt wurde. 2009 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. zum Präsidenten des Päpstlichen Rates „Cor Unum.“ Ein Jahr später wurde er in das Kardinalskollegium der katholischen Kirche aufgenommen.
Weil Kardinal Sarah wie kaum ein anderer das Leid der verfolgten Christen aus eigener Erfahrung kannte, bestellte Papst Benedikt ihn 2012 zum Päpstlichen Sonderbotschafter für den Nahen Osten. Im November 2014 ernannte ihn schließlich Papst Franziskus zum Präfekten der Kon­gregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung. Über seine vielfältigen Beziehungen zu den Päpsten, von Paul VI. bis zu Franziskus, spricht Kardinal Sarah in einem eigenen Kapitel des Buches.
In dem Interviewbuch kommt der Kardinal auch auf die aktuellen Herausforderungen zu sprechen, denen die katholische Kirche heute gegenüber steht. Im Vorfeld der römischen Familiensynode spricht er davon, dass der Gedanke, das Lehramt in ein hübsches Schmuckkästchen zu packen und es von der pastoralen Praxis zu trennen, eine Form von Häresie, ja eine gefährliche Schizophrenie sei.
Der Kardinal ist ein Mann der klaren Worte. Vor kurzem sprach er in einem Interview mit dem „National Catholic Register“ davon, dass sich die Kirche aktuell zwischen dem Götzendienst westlicher Freiheit und dem islamischen Fundamentalismus befindet. In einem Vorwort zu dem Buch schreibt Erzbischof Georg Gänswein: „Es ist die Radikalität des Evangeliums, die dieses Buch inspiriert, die Radikalität, die schon viele Glaubenszeugen bewegt und angetrieben hat, die Radikalität einer unausweichlichen Entscheidung, vor der letztlich jeder einzelne Mensch steht, wenn er früher oder später in seinem Leben, den Ruf Christi hört, ihn ernst nimmt, ihm nicht länger ausweichen will und endlich darauf antworten muss. Dann versteht er, dass seine ganze menschliche Existenz auf diese eine Frage zuläuft: Gott oder nichts!“
Papst Benedikt XVI. bescheinigt dem Kardinal, sein Buch mit großem geistigen Gewinn, Freude und Dankbarkeit gelesen zu haben: „Ihr Zeugnis für die Kirche in Afrika, Ihr Leiden während der Zeit des Marxismus und das ganze geistige Leben bewegt und hat große Bedeutung für die Kirche, die im Westen ein wenig ermüdet ist.“
Abschließend darf ich anfügen, dass ich selten so großartige und erfrischende Gedanken gelesen habe wie in dem Interviewbuch von Nicolas Diat mit Kardinal Robert Sarah. Hier finden sich wegweisende Worte für die universale Kirche von einem echten Propheten aus Afrika.

Gott oder nichts. Ein Gespräch über den Glauben. Kardinal Robert Sarah & Nicolas Diat,  Fe-Medienverlag,  399 Seiten18,30 Euro.

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