VISION 20006/2015
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Digitale Invasion

Artikel drucken Die neuen Medien: Gefahren und geeigneter Umgang (P. Leo Liedermann OSB)

Das Buch Digitale Invasion ist sehr leicht lesbar, klar und einfach geschrieben und gut gegliedert in einzelne Gesichtspunkte zum Umgang mit den Geräten und ihren Auswirkungen. Während Manfred Spitzers Buch Digitale Demenz mehr die Schäden infolge übertriebener Nutzung neuer Medien darstellt, werden hier tiefere Ursachen und Mittel zur Vorbeugung und Heilung gezeigt. Archibald D. Hart steht auf christlichem Boden, hat offenbar viel praktische Erfahrung. Er spricht auch von sich und der Auswirkung der neuen digitalen Welt auf ihn selbst, die er manchmal wie einen Schock erlebt hat.
Einige Beobachtungen und fundierte Aussagen:
1. Diese Medien stellen viele Beziehungen her, doch sie bleiben an der Oberfläche. Nur Beziehungen, die schon durch personale Begegnung bestehen, können durch Facebook oder Skype mit Gewinn weiter gepflegt werden: Man hat nicht 700 facebook-„Freundschaften“, son­dern facebook-„Kontakte“, von denen man nur einige wenige wirklich regelmäßig pflegen kann. Auch kreisen diese Kontakte oft vor allem um das eigene Ich und bestärken eine intensive Form von Ich-Verliebtheit.
2. Das menschliche Gehirn ist auch beim Erwachsenen kein fertiges Organ, sondern zur Anpassung und Umformung fähig – auch zum Schlechteren bei falschem, überzogenen Gebrauch der Medien. Und dafür gibt es ernst zu nehmende Untersuchungen.
3. Multitasking, von vielen als modern und „kreativ“ eingeschätzt, ist falsch und setzt die Leistung nur herab. „Monotasking“, also bei einer einzigen Aufgabe zu bleiben, ist der produktive Weg.  Multitasking ist in Wirklichkeit oft nur ein Springen von einer Aufgabe zur anderen, wobei man bei der unterbrochenen und wieder aufgenommenen Sache den direkten Anschluss oft verliert und einen oder mehrere Schritte zurückgehen muss, um dort neu wieder einzusteigen – ein Verlust an Zeit und Energie. Darüber (wie auch über andere Themen) werden klare Untersuchungsergebnisse angeführt.
4. In der Welt dieser Medien entwickeln sich altbekannte Versuchungen zu nie gekannter Stärke: Pornographie, jederzeit in raffiniertesten Formen für fast jedermann (bis zu Volksschulkindern) zugänglich; oder das Verschicken und Empfangen aufreizender, auch selbst gemachter Bilder. Der Autor nennt Schutzprogramme. Dazu kommen ernste Störungen auch für gute Ehen, genau an ihren Schwächen und Tiefpunkten. Ebenso Verfolgung und Bedrängung von Teilnehmern, auch Kindern, aus dieser Dimension. Glücksspiele im Internet können ähnliche Motive haben wie stundenlanger Austausch von SMS: auch diese sind, wie die unzähligen Versuche beim Glücksspiel, an sich langweilig und nichtssagend – immer in der stillen Erwartung einer tollen aufregenden Nachricht, eben eines Treffers!
5. Bei all diesen Darstellungen und Versuchen einer Ursachenanalyse versucht der Autor jedes Mal, den Leser zum aktiven Mitdenken, zur Selbstprüfung oder zur Beurteilung der eigenen oder der Familiensituation zu führen. Nie wird die Zukunft düster gemalt, freilich auch nicht beschönigt, und so oft wie möglich nach Vorbeugung und Heilmitteln gesucht.
6. Die drei letzten Kapitel sprechen vom „bewussten Leben in einer digitalen Welt“, vom „Schutz der Kinder und Jugendlichen“ durch die Eltern (und Lehrer) und vom „Schutz der eigenen Begegnung mit Gott“ und ihrer bewussten sorgfältigen Pflege. Verträge („Selbstverpflichtungen") der eigenen Kinder über gesetzte Grenzen werden beschrieben. Ebenso die sorgfältige Sicherung des lnternetzuganges: Die Eltern haben Wege, Kinder und Jugendliche zu schützen.
All das kommt aber aus der eigenen lebendigen Verbindung mit Gott, dem Herrn. Darum das Schlusskapitel: „Schützen Sie Ihren Raum mit Gott!“ Darum "kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir: Mein Joch ist sanft und meine Last leicht!" Dieser Raum, in den Gott uns einlädt, ist heilig und muss auch heilig gehalten werden, frei von digitaler Störung oder Verschmutzung. Der Raum und die Zeit mit Gott haben Vorrang vor allen digitalen Werten, und diese Begegnung soll im Tiefsten ohne alle digitale „Hilfe“ geschehen.

Digitale Invasion. Wie wir die Kontrolle über unser Leben zurückgewinnen . Von Archibald D. Hart & Sylvia Hart Frejd, SCM-Verlag. 304 Seiten. 16,95 Euro

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