VISION 20003/2016
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Lebendig, wirksam, schärfer als jedes zweischneidige Schwert

Artikel drucken Ein Appell, Gottes Wort nicht zu ignorieren (Herbert Huber)

Viele hören das Wort Gottes und hören es doch nicht: In Gedanken anderswo, man meint, es ohnedies zu ken­nen… Ganz anders er­geht es dem, der sich – so wie ich – nach Jahren der Distanziertheit in puncto Re­li­gion dazu aufrafft, seine Gottesbeziehung neu zu ordnen.

Ich verdanke es der charismatischen Gemeinschaft „Umkehr zum Herren“, deren Mitglied ich wurde, dass ich als ersten Schritt zu dieser Neuordnung eine Lebensbeichte bei einem Salesianerpater ablegte. Das spielte sich so ab : Der Pater hatte in seinem Sprechzimmer schon alles vorbereitet: Auf dem Tisch lag eine Bibel und daneben stand eine Kerze, die er anzündete. Dann sagte er, am Ende der Beichte würde er mich auffordern, die Bibel aufzuschlagen, und über die Stelle, die ich fand, wollten wir gemeinsam meditieren. Von dem, was ich beichtete, blieb mir vor allem eines in Erinnerung: Ich bekannte, dass ich in jungen Jahren alles Heil von der Philosophie erwartet hatte, was meine Gottesbeziehung verkümmern ließ.
Als dann der entscheidende Moment kam und ich die Bibel aufschlug, stieß ich auf die Stelle Kolosser 2,8-15, die so beginnt: „Gebt Acht, dass euch niemand mit seiner Philosophie und falschen Lehre verführt, die sich nur auf menschliche Überlieferung stützen und sich auf die Elementarmächte der Welt, nicht auf Christus berufen. Denn in ihm allein wohnt wirklich die ganze Fülle Gottes.“  
Nun muss man wissen, dass das Wort Philosophie in der Bibel nur hier vorkommt, also ein einziges Mal, und gerade das hielt der Heilige Geist für mich bereit! Doch das war noch nicht alles. Weiters hieß es: „Ihr wart tot infolge eurer Sünden... Gott aber hat euch mit Christus zusammen lebendig gemacht und uns alle Sünden vergeben. Er hat den Schuldschein, der gegen uns sprach, durchgestrichen und seine Forderungen, die uns anklagten, aufgehoben. Er hat ihn dadurch getilgt, dass er ihn an das Kreuz geheftet hat. Die Fürsten und Gewalten hat er entwaffnet... durch Christus hat er über sie triumphiert.“
Welch gewaltige und zugleich erlösende Botschaft! lch konnte es kaum fassen, war den Tränen nahe und wurde von einer überströmenden Freude und Dankbarkeit ergriffen, die ich in meinem Herzen bewahren wollte. Und wenn ich heute darüber meditiere, wird mir bewusst: das Hören auf Gottes Wort prägt sich umso tiefer ein, als es ein Hören mit dem Herzen ist.
Es führt uns zu einem tieferen Verständnis von der Macht des Gotteswortes, wenn wir davon ausgehen, dass es vom Ursprung her ein schöpferisches Wort ist: durch Sein Wort hat ja Gott die Welt erschaffen. Nach Genesis 1 ging Gottes Schöpfung so vor sich, dass Gottes Geist am Werk war und Er selbst nicht stumm blieb, sondern redete und allein durch Sein Wort alles Sein aus dem Nicht-sein ins Da-sein rief. Und dadurch, dass Er allen von Ihm geschaffenen Wesen und Dingen sukzessive einen Namen gab, schuf Er Ordnung. Die Erhabenheit des göttlichen Wortes zeigt sich letztlich darin, dass es schöpferisch und ordnend zugleich ist!
Im Neuen Testament stoßen wir mit dem Prolog des Johan­nes­evangeliums auf eine weitere Schlüsselstelle, in der die schöpferische Macht Gottes gepriesen wird. Sofort wird man an Genesis 1 erinnert. Doch bei Johannes ist mit dem „Wort, das bei Gott war“ Jesus gemeint, der schon im Uranfang bei Gott war – als Mitschöpfer der Welt. In diese Perspektive passt vieles von dem, was Jesus über sich selbst ausgesagt hat: „Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben“ (Joh 6,63). „Wenn jemand an meinem Wort festhält, wird er auf ewig den Tod nicht schauen (Joh 8,51). Und ähnlich formuliert es Petrus: „Du, Herr, hast Worte des ewigen Lebens“ (Joh 6,68). „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen“ (Mk13,31).
Die tägliche Erfahrung lehrt: Worte können uns in sehr unterschiedlicher Weise „anrühren“, und unsere Reaktionen sind fast durchwegs emotional geprägt. Man reagiert negativ, wenn ein Wort als zu hart, als verletzend oder gar als zynisch empfunden wird, wogegen sich positive Gefühle einstellen, sobald Lob und Anerkennung ausgesprochen werden. Es gibt sicherlich kein einheitliches Rezept dafür, wie man mit seinen Emotionen umgehen soll. Doch diesbezüglich kann ein konsequentes Bibelstudium sehr hilfreich sein.
Bei den Exerzitien, die 2015 in der Kartause Gaming unter der Devise „Kommet zu mir, die ihr mühselig und beladen seid“ stattfanden, legte uns der Leiter P. Luc Emmerich von der Johannesbruderschaft in Marchegg nahe, den Alltag mit einer Bibellesung zu beginnen, durch die unser Glaube sozusagen konsequent „ernährt“ wird.
Die Mönche tun dies schon frühmorgens bei der „lectio divina“, wo man sich bestimmte Bibelworte der Lesung einprägt und öfter vorsagt; so etwa den Satz: „Wer bekennt, dass Jesus der Sohn Got­tes ist, in dem bleibt Gott“. Und fügt man noch hinzu: „Ja, ich bekenne es“, dann berührt das Gott und wir kommen ihm nahe. Nicht umsonst wird das Wort Gottes auch als „lebendiges Wasser“ bezeichnet, wo noch der Kontakt zur Quelle da ist.
Dass das Hören auf das Wort und dessen Befolgung stets zusammengehören, zeigt das Beispiel Marias, die zum Engel Gabriel sagte: „Mir geschehe nach deinem Wort!“ Jesus selbst hörte hingebungsvoll auf das Wort Seines Vaters und ließ es dabei nicht bewenden: auf Sein Hinhorchen folgte immer das Gehorchen.
Unter den biblischen Gestalten jener Zeit ragt noch Johannes der Täufer hervor, der von Got­tes Wort so durchdrungen war, dass er selbst zu einer Stimme wurde als „Rufer in der Wüste“. Natürlich konfrontiert uns die Bibel auch mit Menschen, die nicht auf Gott hören wollten, allen voran Adam und Eva. Und erst gar nicht zu reden von den Viel-zu-Vielen unserer Zeit, die nur für sich selbst leben und an Gott vorbei...
Ein beredtes Zeugnis über die verwandelnde Kraft des göttlichen Wortes findet sich in dem Buch „Islam und Terrorismus“ von Mark Gabriel, einst Professor für islamische Theologie an der Al-Azhar Universität in Kairo. Der Autor schildert darin, wie er es nicht länger ertrug, den Koran mit all seinen Widersprüchen zu lehren, so dass er seinen Dienst quittierte und vom Glauben abfiel, was in der islamischen Welt einem Todesurteil gleichkommt.
Gott fügte es, dass er die Bibel kennenlernte, und als er sie durchsah, fiel sein Blick auf das Jesus-Wort „Liebet eure Feinde“, das im krassen Widerspruch zu den Lehren des Koran steht und das für den einstigen Islamexperten zum Schlüsselerlebnis für seine Bekehrung wurde.
Nach einem langen Leidensweg und einer Serie höchst dramatischer Wechselfälle, wo er nur knapp dem Tod entging, gelang ihm schließlich die Flucht in die USA. Und dort sieht er seine jetzige Mission u. a. darin, möglichst viele seiner einstigen Glaubensbrüder in die volle Wahrheit zu führen, die nur Jesus und das göttliche Wort schenken können.
Der Autor ist em. Honorarprofessor am Institut für Romanistik der Universität Wien.

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