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„… und gehen im Glauben gestärkt nach Hause“

Artikel drucken Jugendvigil im Stift Heiligenkreuz (P. Johannes Paul Chavanne OCist)

Nur mehr alte Leute in der Kirche, wird geklagt. Wie kommt man an die Jugend heran? Zu großen Events kommen sie, aber dann sieht man sie nicht mehr, heißt es. Stimmt nicht, wie das folgende Zeugnis zeigt. In Heiligenkreuz versammeln sich regelmäßig viele Jugendliche – um im Glauben zu wachsen.

Schon seit vielen Jahren ist sie eine feste Institution: die Jugendvigil im Stift Heiligenkreuz. Seit drei Jahren darf ich sie als Jugendseelsorger des Stiftes Heiligenkreuz in der Nachfolge von Pater Karl Wallner leiten. Jugendvigil ist jeden ersten Freitag im Monat (Herz-Jesu-Freitag) ab 20.15 Uhr in der Kreuzkirche in Heiligenkreuz. Mittlerweile gibt es auch in unseren Prioraten in Stiepel und in Neuzelle Jugendvigilien!
Was ist die Jugendvigil? Sie ist eine Gebetsfeier von den Mönchen des Stiftes gemeinsam mit jungen Leuten. Wir Mönche beten und laden Jugendliche ein, mit uns gemeinsam zu beten. Und die Jugendlichen kommen gerne. Was tun wir da? Beten: Lobpreis, Bittgebet, Dankgebet, Rosenkranz, Anbetung ...
Wie läuft die Jugendvigil ab? Die Kirche ist voll mit Jugendlichen – das allein schon ist ein besonderes Erlebnis für junge Chris­ten. Da sehen sie: Ich bin nicht allein. Es gibt noch viele andere, die gläubig sind. Die Gemeinschaft stärkt. Die ganze Zeit über ist Beichtgelegenheit bei mehreren Priestern. Vor den Beichtstühlen stehen Warteschlangen.
Am Anfang ist das Einsingen als Einstimmung mit der Band und dem Jugendseelsorger. Die Lieder, die gesungen werden, werden eingeübt – gute Musik ist wichtig! –, es wird in Erinnerung gerufen, worum es beim Beten geht und wie man gut beten kann. Gelacht wird auch aber auch Konzentration, Sammlung und Stille eingeübt. So kommen alle dann in die richtige gesammelte Gebetsatmosphäre.
Dann singt die Choralschola zur Eröffnung ein Stück: Lateinischen Gregorianischen Choral finden die Jugendlichen cool und er schafft eine besondere geistlich-dichte Atmosphäre. Mit der Kreuzreliquie geht es in Prozession, nur mit brennenden Kerzen in den Händen, durch den engen Stiegenabgang hinunter in unsere mittelalterliche Abteikirche. Dort werden stimmungsvolle, ruhige Lieder gesungen bis alle beisammen sind.
Nach einer kurzen Einführung beten wir ein Gesätzchen vom Rosenkranz und gehen dabei durch den frühgotischen Kreuzgang des Klosters. Beim großen Kreuz angekommen, liest einer der jungen Mönche eine Geschichte vor. Sie greift eine Lebenssituation junger Menschen heute auf und deutet sie im Licht des Glaubens.
Mit Liedern geht es wieder zurück in die Kreuzkirche, wo dann das Evangelium verkündet und die Predigt gehalten wird. Zur Predigt sind in der Regel junge Priester mit Predigttalent eingeladen. Die Predigt soll kurz, aber kräftig, ermutigend und lebendig sein. Selten, aber doch manchmal laden wir auch Nicht-Priester zu einem Glaubenszeugnis sein.
Nach der Predigt wird das Allerheiligste ausgesetzt und die Jugendlichen beten gemeinsam mit den Mönchen Jesus an. Zuerst ist eine Zeit der Stille, dann können Bitten oder Dank laut ausgesprochen werden. Es folgt der eucharistische Segen, das Vaterunser, Ansagen und Einladungen von Jugendlichen zu Jugendveranstaltungen anderswo und ein Marienlied.
Ausklang ist dann im Jugend­raum mit Brezeln, Apfelsaft und Frucade. Manche bleiben noch über Nacht im Kloster. Das ist für Jugendliche bei uns ganz unkompliziert in der Jugendherberge möglich. Am Samstag gibt es dann noch ein weiteres Vertiefungsangebot für alle, die mehr wollen. Die Gruppe der „Brennenden Herzen“ wird von Mönchen betreut: Es gibt eine gute Katechese, Austausch, Vertiefung, Lobpreis und Gebet bis zum Samstag Mittag.
Wer ist zur Jugendvigil eingeladen? Die Jugendvigil ist für Jugendliche ab der Firmung bis 35 Jahre! Warum diese Begrenzung? Firmgruppen dürfen nur dann kommen, wenn sie eine Erlaubnis dazu haben, weil wir wollen, dass die Jugendlichen freiwillig kommen und sich bewusst auf das Gebet einlassen. Jugendliche, die im Rahmen der Firmvorbereitung verpflichtet kommen, sind oft nicht besonders motiviert und dann auch nicht gut für die Stimmung. Deshalb: Ab der Firmung herzlich willkommen!
Leute, die älter als 35 sind, haben in der Kirche ohnehin eine Fülle von Angeboten. Es ist wichtig, dass die Jungen einmal unbeobachtet und unter sich sind und so Kirche und Glaube erleben können. Über 35-Jährige dürfen aber gerne als Begleiter und Chauffeure kommen. Priester und Ordensleute sind sowieso immer willkommen – auch wenn sie schon älter sind!
Die Zeugnisse der jungen Leute sind bewegend: Jeder geht gestärkt in seinem Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe nach Hause. Bei der Jugendvigil haben schon viele den Impuls einer möglichen geistlichen Berufung gespürt. Es haben sich da aber auch Burschen in Mädchen verliebt und umgekehrt, und so manche Ehe und Familie, die heute glücklich ist, hat bei der Jugendvigil ihren Anfang genommen oder Vertiefung bekommen. Die Jugendvigil ist eine Möglichkeit für junge Leute, Kirche und Glauben authentisch und überzeugend zu erleben, Gott und Jesus kennen und lieben zu lernen und Mut zu finden, ihren Weg als Christen in unserer Zeit zu gehen.
Wer jung ist und es kennen lernen will, für den gibt es nur eine Möglichkeit: Komm’ und sieh’!

Der Autor ist Jugendseelsorger und Generalsekretär der Hochschule Heiligenkreuz. Weitere Infos: www.jugendvigil.at

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