VISION 20005/2021
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Zeig Mein Antlitz den Muslimen!

Artikel drucken Mutter Marie-Catherine Kingbo †, Missionarin im Niger, einem der ärmsten Länder Afrikas (Von Alexa Gaspari)

Am Nachmittag des 24. Mai 2021 erreicht mich die Nachricht von Sophie, der älteren Schwester von Mutter Marie-Catherine Kingbo aus Dakar. Sie lautet: „Mit großem Kummer teile ich dir mit, dass Gott deine Freundin Marie-Catherine zu sich heimgeholt hat. Heute Vormittag hat sie sich zur Ruhe begeben.“
Marie-Catherine hatte sich ein paar Tage davor von ihren Freunden verabschiedet. Mich hat das kurze, bewusste Abschiednehmen von der Freundin per Telefon (6250 km entfernt) sehr erschüttert. Eigentlich hätte ich also auf diese Nachricht vorbereitet sein können. Und doch hat mich dann die Nachricht ihres Todes hart getroffen. Sie ist viel zu früh verstorben. Manche Leser erinnern sich vielleicht an das Portrait (Vision 1/09) von Mutter Marie-Catherine, der senegalesischen Ordensgründerin der „Fraternité des Servantes du Christ“ (Gemeinschaft der Dienerinnen Christi) im Niger.
Die letzten Monate ihres Lebens hatte Marie-Catherines bei ihrer älteren Schwester in Dakar verbracht. Sie war bettlägerig, von vielen Schmerzen und von Schwäche geplagt, vor allem aber von Sorgen um das junge Werk, die Fraternité. Kein Wunder: Wir haben uns immer wieder gefragt, wie sie in den wenigen Jahren seit Gründung der Gemeinschaft 2006 so unglaublich viele ihrer Ziele, die zunächst total außer jeder Reichweite schienen, mittlerweile erreichen konnte. Dass ihr in den letzten Monaten die weitere Fortführung und Finanzierung dieser vielen Projekte Sorge bereitete, ist mehr als verständlich.
 Noch Ende 2020 hatte Mutter Marie-Catherine noch vier große Treffen mit insgesamt 900 Teilnehmern – sowie Experten aus Medizin, Landwirtschaft und Ernährung – noch selbst geleitet, mit großem Erfolg.
Für unsere Familie war sie eine besonders liebe Freundin, die an all unseren Freuden und Sorgen Anteil nahm. Mit einem Lächeln denke ich daran, wie gern sie Eis aß – ein unvorstellbarer Luxus im Niger – und wie freudig sie unsere Familienfeste mitfeierte, wenn sie gerade in Wien war. Ein großes Vorbild für uns alle.
Inwiefern ein Vorbild? Weil sie uns ein tiefes, unerschütterliches – trotz ihrer schweren Erkrankungen, eines schrecklichen Unfalls, trotz terroristischer Bedrohungen und schwierigster Lebensumstände im Niger – ein unerschütterliches Vertrauen in Gottes Liebe, Fürsorge und Führung vorgelebt hat. Sie war furchtlos, zielstrebig, beharrlich (ihr zweiter Vorname war Persévérance) und glaubwürdig beim Spenden erbitten durch ihr authentisches Auftreten. Umso eindrucksvoller war es daher, als sie geduldig und ohne zu rebellieren – wie ihre Schwester bestätigte – den Willen Gottes in den letzten Monaten angenommen hat. Auch dieses Beispiel wird mich fortan begleiten.
Kennengelernt habe ich sie 2008, nachdem mich meine Freundin Christine aus Tirol (meine älteste und liebe Schulfreundin aus dem französischen Lycée in Wien) angerufen hatte, um mich zu bitten, ich möge mich um eine Ordensfrau aus dem Senegal kümmern. Sie sei vor kurzem in Wien bei den Barmherzigen Brüdern an Krebs operiert worden. Sie spreche nur Französisch und würde sich über Besuch sehr freuen. Klar, dass ich gerne bereit war, sie gleich im Spital zu besuchen. Dort hatte sie schon – ohne irgendwelche Deutschkenntnisse – die Herzen der Krankenschwestern und Patientinnen für sich gewonnen.
Damals begann unsere mehr als 12jährige tiefe Freundschaft.
1953 im Senegal geboren hört sie eines Tages in einer Predigt einen Satz – sie ist gerade 18 –, der sie trifft: „Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden.“ Marie-Catherine fühlt sich ganz persönlich angesprochen. Da ist überhaupt kein Zweifel: „Herr, du rufst mich zu einem Leben als Ordensschwester. Plötzlich war da ein großer Frieden. Ich war ganz in Freude getaucht. Träume ich, ist das Einbildung?, habe ich mich gefragt. Jedenfalls war ich glücklich über diesen Anruf Gottes – und über meine spontane Reaktion: Ja, ich will.“
Marie-Catherine muss einige Hürden überwinden, bis endlich auch ihr Vater – erst vier Jahre später bis ihre jüngeren Geschwister die Schule beendet hatten und kein Schulgeld mehr benötigten – 1975 seine Zustimmung zu ihrem Eintritt in einen Orden gibt. 1978 legt sie die erste Profess ab, ein Schritt, den sie nie bereut hat.
Bereits als 35Jährige wird sie Ordensoberin. Ihr lebendiger Glaube, ihre Managementbegabung und das gute Verhältnis, das sie zu allen Schwestern hat, spielen da zweifellos eine große Rolle. 12 Jahre nimmt sie diese Aufgabe wahr und zehn Jahre ist sie auch Vorsitzende der weiblichen Ordenskonferenz des Senegal und ganz Westafrikas.
Nach dem Ende ihres Mandats bekommt sie ein Stipendium für vier Jahre. Sie möchte „zurück zur Quelle“, ihren Glauben vertiefen. In dieser Zeit wird sie in Paris auch als Katechistin für Muslime ausgebildet, kommt sie doch aus einem mehrheitlich islamischen Land. Eines Tages nimmt sie wahr, wie ihr der Herr sagt: „Jetzt, da Du all das begriffen hast, mach Mein wahres Antlitz unter Muslimen erfahrbar.“
Es ist der erste Adventsonntag des Jahres 2002. Gott offenbart ihr noch deutlicher Seinen Ruf: nämlich am Tag der Sendungsfeier. Sie steht neben dem Altar wie die anderen Katechisten. Neben ihr ein Häuschen – und nicht wie sonst ein Kranz – mit vier Kerzen. Aufmerksam betrachtet sie dieses. Nach der Kommunion, als die Katechisten sich zu ihrer Beauftragung bekennen sollen, ist wieder die innere Stimme da. Sie hört: „Bau Mir ein religiöses Haus, das Mein Antlitz und Meine Liebe unter Muslimen leuchten lässt.“
Wieder breitet sich in ihr tiefe Freude und Frieden aus, als sie ihr „Ja, ich will“ spricht. Es drückt nicht nur ihre Bereitschaft aus, als Katechistin zu wirken, sondern: „Ich war sicher, dass ein neuer Ruf an mich ergangen war, der in der Kontinuität meiner Berufung gelegen ist:ich sollte eine neue Kongration aufbauen.“
Ihr Seelenführer und ein anderer Priester helfen bei der Unterscheidung. Ist das wirklich Got­tes Wille?. „Ja,“ meinen beide: „Der Herr bittet dich, etwas Neues zu beginnen.“ Auch die Freude von Msgr. Ambroise, einem Bischof aus dem Niger – sie hatte ihn zufällig in Paris getroffen – bei dem Gedanken an eine neue, afrikanische Kongregation in seiner neugegründeten Diözese erfährt sie als Bestätigung. Gemeinsam mit einer anderen Schwester, Sr. Marie Claire – übrigens die neue Oberin nach dem Tod von Mutter Marie-Catherine – beginnt sie ihre Mission im Niger.
Am 22. Oktober 2006, dem Welttag der Mission, erkennt Msgr. Ambroise Ouédraogo die „Fraternität der Dienerinnen Christi“ feierlich als diözesane Kongregation an und ernennt Mutter Marie-Catherine zur Ordensoberin. Gemeinsam mit einer Dolmetscherin, einer Muslimin, gehen die beiden Schwestern in die Dörfer lernen die Menschen, deren Lebensumstände, Sorgen und Probleme kennen. Marie-Catherine ist erschüttert über die unglaubliche Armut. Die meisten Menschen leben in Hütten, oft nur aus Stroh. Geschlafen wird auf Strohmatten, gekocht wird im Freien. Viele Männer sind ausgewandert und haben ihre Frauen und Kinder ihrem Schicksal überlassen.
Zunächst wendet sie sich also an die Frauen: „Wollt ihr eine Ausbildung haben, Informationen bekommen?“, fragt sie in den Dörfern. Die Frauen applaudieren. So wird das erste von vielen weiteren Informationswochenenden (zunächst über Rechte und auch Pflichten der Frauen, über Hygiene, über Früh- und Zwangsheirat der Mädchen, usw) organisiert. Statt der vorgesehenen 10 Frauen aus verschiedenen Dörfern – die das Gehörte zu Hause weitergeben sollten – kommen gleich einmal 150. Der Hunger nach Wissen ist riesengroß.
Als sie mit dem Ernährungsprogramm für unterernährte Kinder, stillende und schwangere Mütter beginnen, rennen ihnen die Frauen eine Wand ein, werfen die Kinder durch die Fenster, damit diese nur ja etwas zu essen bekommen. Wochenenden für Mädchen, für Burschen aber auch große Treffen, zu denen Imame, Dorfchefs und Männer kommen, folgen bald.
Wirklich mutig, denke ich mir, als sie mir das erste Mal davon erzählt. Erstaunlicherweise kommen sie alle, auch die Männer, die Imame! Neugier, aber auch Respekt vor dem unbezahlten Einsatz dieser Frauen sind wohl der Grund dafür.
„Wir wissen eigentlich gar nicht, warum wir unser Dorf, unsere Frauen und Familien verlassen und die Nächte hier am Boden verbracht haben. Ihr seid Frauen, Ausländerinnen, habt nicht unseren Glauben. Aber wir vertrauen euch,“ bekommt sie zu hören. Sie vertrauen so sehr, dass sie die Schwestern bitten, auch Schulen einzurichten. Das sei Sache der Regierung, meint Marie-Catherine. Doch an die Regierung wollen sich die Männer nicht wenden. Von dort würden sie keine Hilfe bekommen, erzählen sie. Und so entsteht sehr bald das Projekt für einen Kindergarten und eine Schule, vor allem für Mädchen. Und die Gemeinschaft wächst: Ende des Jahres sind sie schon 6 Schwestern plus Novizinnen und Postulantinnen.
Als mir Marie-Catherine das erste Mal vom Ernährungsprogramm für Schwangere und stillende Mütter und die vielen unterernährten Kinder erzählt, bin ich betroffen: Die Mütter bekommen für die nächsten 14 Tage 3,5 kg Brei aus Gries, Öl, Zucker für ihr Kind mit. Oft aber lebt dann die ganze Familie davon. „Du siehst, wie groß die Armut ist,“ meinte sie voll Mitgefühl, fügte aber froh hinzu: „Dennoch haben 300 Kinder zugenommen.“
Und wie schaut es derzeit, 19 Jahre nach dem Beginn im Niger, aus? 21 Ordensfrauen aus verschiedenen Ländern sind nun Teil der Gemeinschaft. Dazu kommen 10 Novizinnen, vier Postulantinnen und 12 Aspirantinnen. 500 bis 800 unterernährte Kinder und zusätzlich stillende und schwangere Frauen werden einmal wöchentlich im Ernährungszentrum versorgt. Insgesamt wurden über 60.000 unterernährte Kinder aufgepäppelt.
Treffen, vor allem für Frauen, zu den verschiedensten Themen hat die Ordensoberin selbst geleitet. Manch Treffen mit einigen 100 Imamen, Dorfältesten, Frauen, Männern, Burschen und Mädchen wurden auf Wunsch des Sultans sogar in Radio oder TV übertragen und bewirken Einiges: Die Gemeinschaft spürt rundherum ein Umdenken, eine wachsende Solidarität sowie eine aufkeimende Großzügigkeit in der Bevölkerung.
Nun gibt es also einen Kindergarten und eine Grundschule mit insgesamt 199 Kinder, davon 139 Mädchen. Die Eltern müssen versprechen, dass die Töchter, solange sie die Schule besuchen, nicht verheiratet werden. 70 Mädchen sind im Internat untergebracht. Die Einrichtungen werden von Katholiken, Protestanten, Muslimen sowie Animisten besucht. Die Kinder bekommen eine Jause und ein Mittagessen. Eine Mutter erzählte Marie-Catherine, dass ihr 7jähriger Sohn eines Tages am Abend erklärte, er brauche kein Abendessen, da er in der Schule gegessen habe. Sein Essen soll sie einem bedürftigeren Kind geben. Was für ein Erfolg im Hinführen zu christlicher Nächstenliebe!
Marie-Catherine ging es stets darum, den Menschen zu Eigenständigkeit, zur Selbstversorgung zu verhelfen, die hygienischen Zustände durch gute Trinkwasserversorgung zu verbessern, die Stellung der Frauen und Mädchen aufzuwerten, Arbeitsmöglichkeiten für Frauen und Männer zu schaffen, damit letztere nicht mehr abwandern.
Unmöglich, all die Projekte, die dabei verwirklicht wurden (Nähschule, Hebammenkurse, Kurse für die Landbestellung und eine bessere Kompostiertechnik) hier zu beschreiben. Eingerichtet wurden auch ein Geschäft, eine Boutique und zuletzt eine Bäckerei mit eigenem Bohrbrunnen (noch nicht fertiggestellt). Diese Einrichtungen tragen ein wenig zur Selbstversorgung der Gemeinschaft bei und bieten Arbeitsplätze für die Bevölkerung.
2.000 Frauen in 40 Gruppen profitieren von einem Mikrokreditprogramm: „Seitdem wir mit den Mikrokrediten, die den Frauen einen eigenen kleinen Handel ermöglicht, den Babyernährungsprogrammen und einem Getreidebank-Projekt begonnen haben, hat das die Frauen aufgewertet,“ erzählte Marie-Catherine. „Das hat in der Folge dazu geführt, dass sich die Männer mehr um ihre Frauen bemühen. Sie merken nun:: Da sind plötzlich Leute, die sich für die Belange der Frauen einsetzen! Es kam zu einem Mentalitätswandel. Auch die Solidarität unter den Frauen nahm zu.“
Trotzdem gibt es noch viele Frauen, die mehr oder weniger zur Prostitution gezwungen werden, z.B. wenn der Mann dreimal vor Zeugen ausspricht, dass er sich von der Frau lossagt und sie daraufhin das Haus verlassen muss. Diese Frauen werden ebenso finanziell unterstützt wie die Frauen aus dem Lepradorf.
Hat Marie Catherine diesen Schritt ins Ungewisse je bereut? 2017 vertraute sie mir an: „Als ich heute im Dom in der Heiligen Messe war, habe ich dem Herrn gesagt: Das größte Geschenk meiner Eltern war, dass sie mich taufen ließen. Und dann mein Eintritt in den Orden – beides Schlüssel für mein jetziges Glücksgefühl: Die Freude, den Menschen durch Werke dienen zu können. Es ist eine ansteckende Freude. Die Leute sagen uns das. Für sie stellen wir die Kirche dar, Jesus Christus mitten unter uns. Die Menschen bitten uns um Hilfe, lösen damit unsere Aktivitäten aus, aber sie machen bei ihnen auch mit. Ja, das ist – trotz meiner Armut und Unfähigkeit – meine Freude.“
Beim Durchlesen all der Wunder, die in den letzten Jahren in diesem ärmsten muslimischen Land durch die Schwestern und den Weitblick, der Entschlossenheit, Energie und Überzeugungskraft der Ordensoberin geschahen, finde ich es noch unglaublicher, wie sehr bei meinen Telefonaten mit ihr sie sich ganz selbstverständlich nach jedem Einzelnen in der Familie erkundigte, nicht nur an allen Freuden, sondern auch an all unseren Sorgen und Problemen teilhaben wollte, nie in Eile schien und mir ihr Gebet und das der Schwestern zusicherte, als hätte sie nichts anderes zu tun. Auf ihre eigenen Sorgen und ihre Erkrankung angesprochen, gab es nie ein Wort der Klage, vielmehr versuchte sie, meine Sorgen zu zerstreuen.
„Wie sieht eigentlich Mission in einem hauptsächlich muslimischen Land aus?“, fragte ich sie einmal. „Wir sind froh, im Einsatz für Christus zu stehen. Die Leute sehen, dass genau das unsere Motivation ist und dass wir für sie da sind: für die Frauen, die Kinder, die ganze Bevölkerung.  Sie bekommen mit, dass wir ihnen diese Hilfe bringen, weil wir Christen sind,“ meinte sie dazu.
Und auf die Frage, ob es Mut brauche, um in einem muslimischen Land tätig zu werden, sagte sie: „Ein Christ muss den Mut haben, seinen Glauben zu leben. Dieser Mut fehlt uns Katholiken leider oft. Die Protestanten trauen sich da mehr. So müssen wir uns schon fragen: Sind wir Katholiken von unserem Glauben überzeugt? Von der Kraft des Heiligen Geistes? Nur Überzeugte können glaubwürdig Zeugnis geben – gelegen oder ungelegen, wie der hl. Paulus sagt. Das fehlt den meisten Katholiken angesichts des Islam.“
„Habt Ihr Erfolge bei Euren missionarischen Bemühungen, haben Muslime die Freiheit zum Glauben an Jesus zu konvertieren?“, war eine sehr naheliegende Frage. „Diese Freiheit haben sie eigentlich nicht,“ war ihre Antwort. „Da gibt es einen starken gesellschaftlichen Druck. Die meisten Muslime sind außerdem fatalistisch. Sie laden alles Gott (nämlich Allah) auf die Schultern. Kommt es zu einem Unfall – dann war es eben Allah. Also muss man sie sensibilisieren und ihnen sagen, dass Gott das Übel nicht will, es nicht geschaffen hat. Man muss ihnen einen Gott vor Augen stellen, der voller Güte ist, voller Liebe, ein Gott, der will, dass Mann und Frau sich gut verstehen, der Seine Kinder liebt, der Gutes tut und der mit uns rechnet, um Seine Schöpfung fortzuführen.“
Und begreifen sie das auch? „Wenn sie sehen, was wir tun, fragen sie : Mama warum tut ihr das? Wer bringt euch dazu, so für uns zu arbeiten? Warum liebt ihr uns hier im Niger? Ihr habt etwas in euch, das wir auch haben wollen. Das gibt mir dann Gelegenheit über meine Berufung zu sprechen und über Gott der mich gerufen hat. Und alle hören zu. Durch die Werke, die wir auf Grund unseres Glaubens vollbringen, wenden sich die Menschen uns zu und wollen werden wie wir. So haben uns die Dorf­ältesten von fünf Orten erklärt, sie möchten katholisch werden wie wir. Sie wollen Jesus Christus und die Bibel kennenlernen. Als wir im August 2018 in zwei dieser Orte gekommen sind, wurden wir schon erwartet und die Menschen haben uns mit Jesusrufen begrüßt. Noch ein Beispiel, das mich sehr berührt hat: Wir hatten zu Weihnachten ein Mahl für die Dörfer organisiert – für mindestens 500 Leute. Einmal muss man schließlich ordentlich essen. Bevor wir auseinander gegangen sind, kamen einige Frauen auf mich zu: ,Komm mal,’ haben sie gesagt, ,wir wollen dir danken.’ Ich ging also mit und habe gedacht, wir würden miteinander tanzen. Aber nein: Da waren etwa 15 Mädchen, 11-12 Jahre alt, die singend das Leben Christi erzählt haben. Das war sehr berührend. Wir hatten ihnen noch nichts von Jesus erzählt.“
Ich bat sie uns zu sagen, woher sie und die anderen Schwestern die Kraft hernehmen, um ihr Werk tun zu können. „Es ist das Gebet! Wir leben in einem Raum, wo fast nur Muslime wohnen. Und sie halten ihre Gebetszeiten ein. Genauso achten wir auf das gemeinsame Gebet: Laudes, Mittagsgebet, Rosenkranz, Vesper und Komplet gehören zu unserem Tagesablauf. Auch halten wir eine Zeit der Stille. Ich habe das Beten auch in unserer Schule eingeführt. Es ist ein einfaches Gebet , das wir am Ende des Unterrichts beten. Ein paar muslimische Kinder schließen sich da an.“
Und sie fügt hinzu: „Man kann nicht Missionar sein, ohne zu beten. Es ist das Gebet, das uns hält. Es ist eine Kraft, die uns in Beziehung zu Gott setzt. Und es gestaltet unsere Persönlichkeit. Im Gebet erfahre ich, wie ich von Ihm Zeugnis geben kann und soll.“
Mittlerweile wissen wir, dass sie bei nächtlichen Anbetungen vor dem Allerheiligsten von Herz zu Herz mit Jesus gesprochen hat, aufmerksam für jedes Seiner Zeichen. Ihr Gottvertrauen ließ sie immer weiter voranschreiten. „Von dort her beziehe ich die Worte, die ich sagen soll. Nur durch das Gebet kann ich den Muslimen Sein Angesicht enthüllen. Im Gebet öffnet sich mein Geist und mein Herz. Wenn wir zu den Muslimen, in ihre Häuser kommen, ist es die Art, wie wir mit den Menschen umgehen, die ihnen zeigt, dass Jesus Christus für alle gekommen ist. Dass Er keinen aus­schließt.“
Sophie, wie gesagt, Marie-Catherines ältere Schwester, bei der sie die letzten drei Monate ihres Lebens verbrachte, hat mir vor ein paar Tagen in einem Telefongespräch das Wesen ihrer Schwester so beschrieben: „Es war die Größe ihrer Seele, die so beeindruckend war, ihre Liebenswürdigkeit, sie dachte immer an die Anderen, damit es ihnen in ihrem Leben besser geht, damit sie aus ihrem Elend auftauchen und in Würde leben können. Sie wollte, dass jeder respektiert werde. Jeder sollte aufrecht gehen können, sich seiner ganz eigenen Würde bewusst werden. Sie war gegen eine Anpassung nach unten. Der Mensch sollte sich nach oben, nach Gott, ausstrecken. Sie hat ihr Leben zur Gänze bis zu ihrem Tod der Liebe zu Gott und zu ihren Nächsten gewidmet, Gott im Nächsten gesucht, sich Ihm ganz geschenkt.“
„Komm in meine Arme, meine geliebte Tochter,“ dieses Bibelzitat hat Mutter Marie- Catherine Kingbo in einem Radio Interview vor nicht allzu langer Zeit zitiert. Als sie nun am 24. Mai starb, hat der Herr sie sicherlich so empfangen, wie sie sich das immer gewünscht hat. Zum Schluss unseres Gesprächs fügt Sophie bewegt hinzu: „Angehängt an Infusionen im Spital und nicht mehr ganz bei Bewusstsein waren ihre letzten Worte: ‚Jesus ich liebe dich’…“

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