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Mit Kindern über Sexualität sprechen lernen

Artikel drucken Über ein seit Jahren erfolgreiches Projekt: Die Mutter-Tochter- und die Vater-Sohn-Tage (Maria Eisl)

Zwar wird man heute im Alltag pausenlos mit sexuellen Motiven konfrontiert, mit den eigenen Kindern über dieses Thema zu sprechen, gelingt jedoch nur wenigen.  Eine erfolgreiche Initiative bietet diesbezüglich Hilfe an:

Am 11.4.1987 lasen wir den Artikel „Eltern, setzt euch doch zur Wehr!“ von Herrn Ritschel in den Salzburger Nachrichten. Auszüge aus diesem Artikel lauteten: „Dennoch liegt in einer so aufgeklärten Welt gerade die Sexualaufklärung noch immer im Argen. Noch immer versagt weitum das Elternhaus, und auch in der Schule ist der Sexualunterricht ein Zufallstreffer…. Das Unterrichtsministerium hat einen Arbeitskreis berufen, einen sogenannten Medienkoffer Sexualaufklärung zu erstellen …. Welcher Geist weht hier? Welcher Ungeist? Das ist nicht das Hineinwachsen junger Menschen in die Zeit der ersten Liebe. Hier wird heranreifenden Buben und Mädchen brutal und auf höchst fragwürdige Weise ein wichtiges Kapitel des Menschseins vorgeführt… Wo bleibt der Aufschrei der Verantwortlichen? Eltern setzt euch zur Wehr!“
Wir waren gerade Eltern geworden und fühlten uns von dem Artikel angesprochen. Begleitet doch diese wichtige Erziehungsaufgabe der Aufklärung alle Eltern von der Geburt bis zum Erwachsenwerden ihrer Kinder. Wir informierten uns nun selbst über den Inhalt des Medienkoffers Sexualaufklärung. Neben positiven Inhalten entsprachen jedoch viele davon nicht unseren Überzeugungen, sondern waren als als abstoßend und verwirrend für Kinder ab 10 Jahren einzustufen. Wir starteten eine Unterschriftenaktion und schickten das Ergebnis an alle wichtigen Stellen.
Sexualität betrifft den innersten Kern des Personseins und kann daher nie wertfrei vermittelt werden. Wir waren nicht gegen Sexualaufklärung, die wir bis heute als sehr wichtig erachten, sondern wollten einfach unser gesetzlich festgeschriebenes Recht als Eltern auf Mitsprache zum Ausdruck bringen.
1990 absolvierte ich den Aufbaulehrgang für Natürliche Empfängnisregelung (NER) nach Rötzer mit der Befähigung, Kurse und Beratungen durchzuführen. Anfangs hielt ich gemeinsam mit meinem Mann Heinrich Kurse nur für unsere Freunde. Unser Wohnzimmer wurde zum Vortragsraum. Rasch folgten Kursanfragen auch von außerhalb.
Auf Grund dieser Referententätigkeit traten Eltern an uns heran und baten uns um Vorträge zum Thema Pubertät und für ihre Jugendlichen Kurse zum Thema Aufklärung zu halten. Den meis­ten Eltern erschien eine fundierte Aufklärung sehr wichtig. Gleichzeitig fanden viele keinen Einstieg dazu, da ihre Kinder und Jugendlichen wenig Fragen stellten, sie den richtigen Zeitpunkt dafür nicht fanden oder einfach bezüglich des „Wie“ überfordert waren.
Bei Jugendlichen stießen wir in den Workshops und im Gespräch mit ihnen auf große Offenheit und Wissenshunger für dieses Thema. Sie berichteten wiederum, dass die Gesprächskultur in ihrer Familie darüber fehle. Also holten sie sich die Informationen anderswo her.
So gründeten wir das Elternprojekt „Tief verwurzelt“ – von Eltern für Eltern. Das Herzstück davon ist der „Mutter-Tochter Tag“ sowie „Vater-Sohn Tag“, der Jugendliche im Alter von 13 bis 18 Jahren mit ihren Eltern über wichtige Themen der Pubertätszeit betreffend ins Gespräch bringen soll: die Tochter im Gespräch mit ihrer Mutter und der Sohn im Gespräch mit seinem Vater. Diesen Seminartag gibt es nun beinahe schon 30 Jahre und wir dürfen bereits auf einen reichen Erfahrungsschatz zurückblicken.
Der Aufbau dieses Tages ergab sich durch die Fragen der Jugendlichen an uns. An diesem Semi­nartag werden folgende Themen, mit vielen aus dem Leben gegriffenen Beispielen angesprochen: Die Sprache des Körpers entdecken – Geschenk Fruchtbarkeit -Selbstannahme – Loslösung – Identitätsfindung – Herzensbildung (Tugenden) - Freundschaft – Partnerschaft – Ehe – Sexualität – Elternschaft – Familie – Glaube.
Nach dem Impulsvortag gehen die Jugendlichen mit ihren Eltern anhand von Arbeitsblättern immer wieder in den persönlichen Austausch unter vier Augen.
Der Seminarvormittag beschäftigt sich vor allem mit dem körperlichen Entwicklungsprozess in der Jugendzeit. Mit der Geschlechtsreife treten beim Mädchen sowie beim Burschen starke körperliche Veränderungen auf. Das sich ständig verändernde körperliche Erscheinungsbild kann verunsichern. Vor allem Mädchen leiden unter den Erwartungsvorgaben der sozialen Medien und dem dazukommenden Druck von Gleichaltrigen.
Die Sprache des Körpers in seinen biologisch fein aufeinander abgestimmten Prozessen zu entdecken, hilft vielen Jugendlichen zur Selbstannahme und zur kritischen Hinterfragung des vorgegebenen Mainstreams. Es wäre aber zu kurz gegriffen, in der Pubertätszeit nur auf die körperliche Entwicklung zu achten. Papst Johannes Paul II hat einmal gesagt: „Die Jugend ist die Bildhauerin, die das ganze Leben formt.“
Die Persönlichkeitsentfaltung und Herzensbildung bedürfen in der Teenagerzeit eines besonderen Augenmerks. Vielleicht ist gerade deshalb die Jugend eine so spannende Zeit.
„Was ist wichtig, um ein selbstbestimmtes, geglücktes Leben führen zu können?“ Das Thema Partnerschaft rückt ebenso in den Fokus: „Was trägt eine Partnerschaft?“ und eine zentrale Frage: „Wer ist Jesus für mich?“ Der Nachmittag ist diesen breit angelegten Themengebieten gewidmet.
Viele wunderbare Zeugnisse durfte ich schon als Rückmeldungen nach diesen Seminartagen erhalten. Viele Eltern berichten mir als besonders schöne Frucht dieses Tages, dass seit dem Dialog bei den Workshops ihre Jugendlichen sie nun auf Themen ansprechen, über die es vorher keinen Gesprächsaustausch gab.
Ebenso großartig, wenn mir eine junge Frau schreibt, dass sie durch meine Tipps nun keine Periodenschmerzen mehr habe und sie durch die vielen Informationen zur körperlichen Entwicklung ihr Frausein ganz anders annehmen könne und die Schönheit der Fruchtbarkeit immer mehr entdecke. Jugendliche schreiben mir, dass sie begonnen haben, für ihren zukünftigen Partner zu beten. Sie hätten einen anderen Blick auf Partnerschaft und Sexualität bekommen.  
Es kommt oft vor, dass Eltern zweimal mit ihren Jugendlichen kommen, einmal zu Beginn der Pubertät und einmal im Alter von 15 bis 18 Jahren. Der Blickwinkel verändert sich in der Pubertätszeit oft sehr rasch und was vor einem Jahr noch als uninteressant erschien, rückt auf einmal in den Mittelpunkt. Ein bewegendes Zeugnis gab mir eine Mutter, die mit ihrer Tochter jedes Jahr zum Mutter-Tochter Tag kam. Sie erklärte: „Meiner Tochter gefällt dieser gemeinsame Tag sehr gut, und sie kommt gern. Sie sagt, dass sie jedesmal für sich etwas anderes Wertvolles mitnehmen kann.“ Und sie ergänzt: „Dieser Tag ist für mich als Frau, Ehefrau und Mutter eine heilsame Zeit. Ich arbeite durch die Impulse meine Jugendzeit auf, die leider von sehr vielen Verletzungen geprägt war. Sogar mein Mann fällt die positive Veränderung von mir auf.“
Gerade beim Vater-Sohn Tag erlebe ich, wie wichtig es ist und wie gut es tut, wenn Väter mit ihren Söhnen über körperliche Aufklärungsthemen sowie ihre christlichen Wertvorstellungen ins Gespräch kommen oder diese Themen vertiefen. Häufig erhalte ich von Vätern die Rückmeldung, dass sie nach diesem ganztägigen Seminartag bei der Heimfahrt noch eingekehrt sind, weil sie gerade in einem so guten Austausch mit ihrem Sohn gewesen seien.
Das Elternprojekt erhielt von Anfang an den Namen: „Tief verwurzelt.“ Nicht nur weil die Inhalte vom christlichen Menschenbild getragen sind, sondern weil die Verkündigung ein tragendes Element dieses Projektes ist. Wir sind fest davon überzeugt, dass der beste Weg zur Identitätsfindung der ist, wenn Jesus in unserem Leben wirken darf. Die größte Sehnsucht des Menschen ist zu lieben und geliebt zu werden. Gott ist die Liebe. Wagen wir wieder frohen Herzens unseren Jugendlichen dieses Zeugnis zu geben!

Die Autorin ist Mitarbeiterin des Referats für Ehe und Familie der Erzdiözese Salzburg.


Die Sprache des Körpers entdecken

Heinrich und Maria Eisl sind Autoren des Buches Die Sprache des Körpers entdecken – vom Jugendlichen zum Erwachsenen. Es gibt Antwort auf die vielen Fragen von Jugendlichen, die im Rahmen ihrer Seminare an sie gestellt wurden und dient als wertvolles Nachschlagewerk zum Thema Sexualbiologie und -aufklärung – auch für Eltern. Der weibliche Zyklus mit Blickpunkt auf den jugendlichen Zyklus des Mädchens sowie auf die Geschlechtsreife des Burschen werden eingehend erklärt und so die Sprache des Körpers in seiner ganzen Schönheit in Bezug auf das Geschenk der Fruchtbarkeit offenbart. Dank zahlreicher und detaillierter Illustrationen wird auch tiefergehendes Fachwissen leicht verständlich aufbereitet. Ein wichtiges Buch für Jugendliche und Erwachsene.

Das Buch ist 77 Seiten stark und kann um 24,90€ versandkostenfrei bestellt werden bei:
www.tiefverwurzelt.at
Auf dieser Homepage findet man auch alle Termine zu den Mutter-Tochter- sowie Vater-Sohn-Tagen.

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