VISION 20001/2023
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Christliche Familien: Orte der Hoffnung auf eine Erneuerung

Artikel drucken Seit Jahrtausenden unter widrigen Umständen und Verfolgung bewährt: (Christof Gaspari)

Im Trubel des Alltags merkt man es nicht – aber es tobt ein Kampf um die Familie, um den Ort des menschlichen Zusammenlebens, den Raum, in dem der Mensch geformt wird. Das darf uns nicht verwundern. Denn in der Familie wird das Menschenbild geprägt.

   
 Väter entdecken die Freude,
 die Kinder bereiten
 

Und da geht es um die Grundfrage: Ist jeder Mensch ein Abbild Got­tes, ein kostbares Wesen, das liebesfähig ist, bereit zu dienen, imstande, selbständig zu denken, zu urteilen und für das sich ein totaler Einsatz lohnt? Oder ist er ein höher entwickeltes Säugetier, dessen Grundbedürfnisse von einem laufend perfektionierten gesellschaftlichen System befriedigt werden sollte und für dessen Funktionieren es konditioniert und möglichst früh fit gemacht werden muss?
Seit Jahrzehnten wird daher um das Familienbild gekämpft. In einem Brief an den 2017 verstorbenen Kardinal Carlo Caffarra hat Sr. Lucia dos Santos, eine Seherin von Fatima, dementsprechend den Satz geschrieben: „Die letzte Schlacht zwischen dem Herrn und der Herrschaft des Satans wird um die Ehe und die Familie geschlagen.“ Diese Schlacht ist in ihre Endphase eingetreten. Das letzte, ohnedies schon geschwächte Bollwerk, die Mutter, soll jetzt fallen. So las ich kürzlich im ORF-Teletext, dass Vertreter der Wirtschaft wegen des Bedarfs an Arbeitskräften darauf drängten, das Kinderkrippen-Angebot zu „verbessern“, sodass mehr Kinder schon mit einem Jahr untergebracht werden könnten. Es gehe darum, Mütter zu animieren, als nützliches Rädchen im gesellschaftlichen Getriebe früher wieder ins Berufsleben zurückzukehren.
Daher die große Notwendigkeit, die besondere Bedeutung der Mutter, die Schönheit und Größe der eigentlichen weiblichen Berufung hervorzuheben und in Erinnerung zu rufen – worum wir uns in den Beiträgen auf den Seiten 4 bis 9 bemüht haben.
Damit Frauen aber ihrer Berufung zur Mütterlichkeit folgen können, bedarf es vor allem auch einer dem gesellschaftlichen Trend widersprechenden Bereitschaft der Männer, eine echte Familie gründen zu wollen, ihr dann den Vorrang im eigenen Lebensentwurf einzuräumen. Damit ist nicht gemeint, dass sie sich zu Hausmännern, die daheim den Staubsauger betätigen und den Kochlöffel schwingen, entwickeln müssten. Nein, ihr ers­ter Auftrag ist es, sich von der in der Jugend so naheliegenden Selbstbezogenheit zu lösen und bereit zu werden, Verantwortung zu übernehmen, sich an Frau und Kinder zu binden.
Das widerspricht natürlich komplett dem Leitbild, das heute gepflegt wird: dem flexiblen, mobilen, karriereorientierten, Frauen verschleißenden, coolen Typen, der sich möglichst viel leisten kann. Daher fällt es so vielen jungen Männern auch so schwer, den entscheidenden Schritt zu setzen, nämlich sich zu binden – an eine Frau, um mit ihr etwas ganz Neues, in seiner Entwicklung Unvorhersehbares zu begründen: eine lebenslange Ehe. Sie allein ist die Grundvoraussetzung für ein gedeihliches Zusammenleben in der Familie.  
Hier sind die Männer besonders gefordert, wie die Heilige Schrift klarstellt: Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch. (Gen 2,24) Es geht darum, die bisherigen Prioritäten hintanzustellen und dem Neuen, also der Ehe und der Familie Vorrang einzuräumen. Vor dieser Herausforderung stehen die Männer, auf dieses Abenteuer müssen sie sich einlassen. Ein schwieriger Schritt, keine Frage. Aber ein notwendiger.
Das bedeutet nicht, dass all das, was bisher wichtig für sie war, unbedeutend zu werden hat, keineswegs. Es bekommt nur einen nachgeordneten Wert. Ist aus der Sicht der neuen Einheit zu beurteilen und in deren Dienst zu stellen. Auf diesem Hintergrund kann es durchaus dazu kommen, dass etwa das berufliche Engagement des Mannes verstärkt werden muss, um die Frau, solange diese notwendig ist, für ihre häusliche Tätigkeit, insbesondere die Betreuung der Kinder, frei zu spielen.
Frauen können sich nämlich nur dann auf das Abenteuer, ihren Beruf ganz oder für eine gewisse Zeit zu verlassen und sich ganz den Kindern zu widmen, einlassen, wenn sie sicher damit rechnen können, dass die Ehe, die sie eingegangen sind, auch hält und der Mann an ihrer Seite für sie sorgen wird. Bei dem vielen Scheitern, das man heute beobachten kann, ist das durchaus keine leichte Entscheidung. Aber sie ist notwendig.
In einer Zeit, in der die Ehe gesellschaftlich nicht gestützt, ja in vieler Hinsicht sogar eher benachteiligt, ja unterwandert wird, kann ihr Fortbestand nur durch die bewusste innere Entschiedenheit, den Bund aufrechtzuerhalten, koste es, was es wolle, gesichert werden. Da wir nun aber schwache, verführbare Menschen sind, können wir uns nicht allein auf uns verlassen. Wie viele Ehen sind in bester Absicht „für immer“ geschlossen worden – und nach kürzerer, aber auch längerer Zeit wieder geschieden worden!
Diese menschliche Schwäche ist daher unbedingt ins Kalkül einzubeziehen. Für Christen ist sie insofern kein Aus­schließungsgrund, sich auf das Abenteuer einzulassen, weil wir den Schritt ja im Vertrauen auf das Wirken Gottes setzen, auf Seine tägliche Begleitung, auf Seine Fähigkeit, uns immer wieder aufzurichten und uns die Kraft für einen Neubeginn zu schenken. Gott will, dass Ehen auch heute gelingen – und Er gibt die Kraft und notwendigen Mittel zur Hand.
So können christliche Familien zum großen Hoffnungszeichen in unseren Tagen werden. Denn nach wie vor tragen die Menschen eine tiefe Sehnsucht nach gelungenen Familienbeziehungen in ihren Herzen. Alle Umfragen, auch unter Jugendlichen bestätigen das. Daher auch die vielen Tränen, die bei Hochzeiten vergossen werden. Denn in der Familie kann ein Grundbedürfnis des Menschen gestillt werden: Angenommen zu sein, dazuzugehören. Denn überall dort, wo Menschen sich auf ein unbedingtes Zusammenleben an der Hand Gottes einlassen, machen sie diese Grunderfahrung, die der Mensch zunächst für seine Entwicklung, dann aber auch für ein frohes Leben braucht: Es ist gut, dass es mich gibt. Ich bin angenommen, auch wenn ich versage, falle, Böses tue – die anderen stehen zu mir. Nach dem Motto: liebe mich am meisten, wenn ich es am wenigsten verdiene.
Natürlich spielt sich auch in christlichen Familien nicht alles in ungebrochener Harmonie ab. Da gibt es Spannungen, Eifersucht, Konflikte (auch länger währende), Dürreperioden…  Es geht nicht darum, eine christliche Idylle in die Auslage zu stellen. Aber es gibt auch die Erfahrung: Es kann immer wieder einen neuen Anfang, in eine bessere Beziehung als vorher, geben, denn wir Christen leben im Vertrauen: Bei Gott ist alles möglich.



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