VISION 20001/2023
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Ein Informatiker wird Priester

Artikel drucken Eugen Shimanovich, ein Weißrusse, orthodox getauft, katholischer Pfarrer an Russlands Grenze (Alexa Gaspari)
   
 Eugen Shimanovich  

Es war bei Missio Austria, dass ich den jungen, auf Anhieb sympathischen, weißrussischen Pfarrer Eugen Shimanovich – er weilte gerade in Wien – nach einer Heiligen Messe, die er dort mit Pater Karl Wallner gefeiert hatte, angesprochen habe. Zu meinem Erstaunen entdecken wir im Gespräch, dass wir einen gemeinsamen Bekannten haben: den weißrussischen Pfarrer Ceslav Pavliukevic (Portrait 4/14). Pfarrer Eugens Art gefällt mir von Anfang an sehr gut: offen, humorvoll, herzlich, überzeugend. Ein paar Tage später erzählt er mir bei uns zu Hause, aus seinem Leben.
Geboren wurde er 1991 in einem kleinen Ort der Diözese Grodno. Der Vater ist orthodox, die Mutter katholisch. Das Kind wird also orthodox getauft. Über seinen Vater erzählt er lächelnd: „Der Vater war nicht gläubig, aber er wird es langsam. Er ist eigentlich nie in die orthodoxe Kirche gegangen – außer zu Ostern, um Eier segnen zu lassen.“ Damals möchte der kleine Eugen so wie sein Vater orthodox sein, war tatsächlich aber, wie er erzählt, nie in einer orthodoxen Kirche.
Seine katholische Mutter hatte ein Gebetsbuch und lehrte ihn und seine Schwester die darin enthaltenen Gebete: „Schutzengel mein“ war Eugens erstes. Auch die 10 Gebote waren im Buch aufgelistet. Der Bub hat nicht nur alle Gebete gelernt, sondern auch das Lesen mit Hilfe des Gebetsbuches gefestigt. Übrigens waren die Gebete auf Polnisch, da diese Sprache in diesem Teil Weißrusslands weit verbreitet ist. Auch die Heilige Messe wurde auf Polnisch gefeiert, selbst wenn der Priester nicht Pole war. In den Gebetsbüchern standen polnische Gebete in kyrillischer Schrift.
Kurzer Abstecher in die Geschichte: Weißrussland hat seine Wurzeln im großen litauischen Königreich, das eine Zeitlang zu Polen gehört hat: im 16. Jahrhundert hieß das Land „Aristokratische Republik Polen-Litauen“. Außerdem hat der westliche Teil von Weißrussland einige Zeit zu Polen gehört. Viele Leute in Weißrussland haben daher polnische oder litauische Wurzeln. Interessant ist übrigens: Wer polnische Wurzeln vorweisen kann, hat bessere Chancen ein Visum zu bekommen.
Zurück zu Pfarrer Eugens Kindheit: In der Schule wird jedenfalls weißrussisch gesprochen, obwohl in den Schulen und Universitäten der größeren Städte auf Russisch gelehrt wird. Mein Gegenüber erklärt mir: Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet, wurde Weiß­russland ein Teil der Sowjetunion, in dem die weißrussische Sprache zunächst bewahrt wurde. In den 60-er Jahren jedoch wurde das Russische im Schulsystem dominant, so dass es mittlerweile nur etwa 20 Schulen im Land gibt, in denen noch auf Weißrussisch unterrichtet wird. So hat Pfarrer Eugen z.B. Physik und Mathematik zuerst auf Weißrussisch gelernt, später auf Russisch. Das muss recht verwirrend für die Kinder gewesen sein, denke ich mir. Aber es kommt noch verwirrender: Im Ort wurde ein Dialekt gesprochen, der eine Mischung aus Polnisch, Weißrussisch, Russisch und Ukrainisch ist.
Als der kleine Eugen ungefähr acht Jahre ist, nimmt ihn die Mutter in die katholische Kirche mit. Dort sind viele Kinder, auch Freunde aus der Schule, und es gibt eine gute Jugendarbeit, Katechese und Erstkommunion­vorbereitung. Die Gebete kennt er ja schon. Das alles gefällt ihm, und so besucht er von nun an regelmäßig die katholischen Kirche: „Ich habe alle Gebete immer von Herzen gebetet. Bei der Katechese sind nie sehr viele Kinder gewesen, doch mich hat das interessiert, auch wenn ich manchmal der einzige Zuhörer war.“ Schmunzelnd fügt er hinzu: „Die Eier wurden nun zu Ostern in der katholischen Kirche gesegnet und auch der Vater ist mitgegangen.“
Für sein Glaubensleben hat in seiner Kindheit die Großmutter mütterlicherseits eine besondere Rolle gespielt: „Sie hat im Winter immer bei uns gewohnt, damit sie in dieser kalten Jahreszeit nicht alleine war. Jeden Abend wurde da mit ihr der Rosenkranz sowie die Lauretanische Litanei gebetet.“ „Freiwillig?“, frage ich etwas skeptisch. „Ja, doch,“ versichert er glaubhaft und berichtet, dass dieser traditionelle Glaube in der sowjetischen Zeit den Christen sehr geholfen habe, ihren Glauben durchzutragen. Seine Großmutter hatte ihm erzählt, dass sie ihren Glauben im Verborgenen leben mussten. Um am Sonntag eine Messe zu haben, seien sie auch im Winter zehn Kilometer zu Fuß gegangen. Der junge Priester betont jedenfalls, in seiner netten Aussprache: „Ich bin immer von Herzen gern in die Kirche gegangen.“
Jeden Abend, solange er in die Schule ging, hat er eine Stunde gebetet: Rosenkranz und verschiedene Litaneien. „Das war mein eigener Herzenswunsch, ja wirklich,“ erzählt er. „Vor meiner Matura hat die Mutter den Priester gefragt, ob ihr Sohn auch weniger beten dürfe, da sie sich offenbar Sorgen machte, dass ich nicht genug lernen würde. Der Priester hat ihr daraufhin gesagt, unter diesen Umständen sollte ich nur den Rosenkranz beten. Das habe ich dann auch gemacht.“ Im Rückblick erinnert sich der junge Pfarrer: „Ich war von Gott geführt. Und obwohl ich mehr für Gott tun wollte, hatte ich doch keine Lust, Priester zu werden.“
Die Eltern hatten dennoch die Sorge, er könne Priester werden wollen. Daher erlaubten sie ihm nur sehr selten zu Seminaren, Jugendtreffen oder Einkehrtagen zu fahren. Er wäre gerne trotz des Verbotes dabei gewesen, aber da gab es ein Problem: Die Matura war eine Zentralprüfung, die, je nachdem wie gut sie ausfiel, darüber entschied, ob jemand studieren durfte oder nicht. Daher war es wichtig, eigene Nachhilfelehrer zu haben, um bei der Matura möglichst gut zu bestehen. Und Eugen wusste: Sollte er zu einem Jugendtreffen fahren, würden ihm die Eltern die Nachhilfe in Mathematik und Physik nicht zahlen. „Das Schlimmste, was mir damals passieren konnte,“ erinnert er sich. „Hätte ich nicht studieren dürfen, hätte ich gleich ins Priesterseminar eintreten müssen,“ sagt er jetzt als Priester und lacht.
Jedenfalls arrangiert er sich mit den Eltern, die Matura fällt sehr gut aus, und er darf schließlich Informatik studieren. Schon im dritten Studienjahr arbeitet er als Programmierer. Er studiert in Minsk, wohnt in verschiedenen Studentenwohnungen und absolviert nebenbei zwei Jahre statt eines Präsenzdienstes seinen Militärdienst an der Fakultät und wird Leutnant.
Sechs Jahre lang arbeitet er als Programmierer. Diese Arbeit war übrigens eine der wenigen, die gut bezahlt waren. Pfarrer Eugen erzählt mir: „Auch der Vater hat als Ingenieur mit 500€ im Monat gut verdient. Das Gleiche habe ich aber von Anfang an bekommen – und später noch zwei-, dreimal so viel.“ Den Eltern war daher viel daran gelegen, dass er diese Arbeit behält.
Er ist 19, als er eines Tages von Minsk nach Ros in die Pfarre von Ceslav Pavliukevic (Portrait 4/14) fährt, um an Exerzitien von Pater Rufus Pereira, einem Inder, teilzunehmen. Es eröffnet sich ihm eine neue Welt: „Glaube ist ja so viel mehr,“ stellt er fest. Unter anderem hat er durch die Vorträge, Zeugnisse und Heilungsgebete erkannt, dass es zwar den Bösen gibt, dass aber Jesus lebendig ist und Er genauso heilt wie vor 2000 Jahren. Außerdem erkennt er, dass in seiner Familie die Türen für das Böse offen sind, „denn meine Großmutter heilte – wie viele andere alte Frauen in Weißrussland auch – durch eigene Gebete und Rituale.“ Diese Gebete sind, so weiß nun der junge Student, aber nicht von Gott. Es sind okkulte Gebete, die von okkulten Mächten stammen.
Die Großmutter habe allerdings nicht verstanden, was sie da machte, erklärt er mir. „Sie hat zwar die Macht gespürt, die sie bekam, aber nicht erkannt, dass diese Macht nicht von Gott ist.“ Also totale Verwirrung. Seine späteren Erfahrungen auf diesem Gebiet werden diese Einsicht bestätigen.
Als er daheim die neue Erkenntnis mitteilt und meint, die Großmutter möge diese Art von Heilungen nicht mehr praktizieren, kommt es zu Konflikten. Ja, die Mutter erklärt sogar, er sei nicht mehr ihr Sohn, er möge nicht mehr heimkommen. „Das war sehr schmerzhaft für mich,“ erzählt er weiter. „Es gab aber einen vom Österreicher Gottfried Prenner ins Leben gerufenen Gebetskreis von Studenten, in dem ich gut aufgehoben war.“ Einige Wochen hält das schlechte Verhältnis zu den Eltern an.
Interessanterweise meint mein Gegenüber aber auch: „Ich bin ja sicher, dass die Großmutter andererseits dafür gebetet hat, dass ich Priester werde.“ Zu diesem Zeitpunkt wollte der junge Mann diesen Schritt keineswegs setzen. Bei diesem Gedanken, so versucht er zu verdeutlichen, fühlte er sich unfrei. Sogar als ein Priester ihm auf den Kopf zusagt, er hätte eine Berufung zum Priester, steckt er diese Botschaft weg.
Bei charismatischen Exerzitien in Minsk nimmt er eines Tages an der Anbetung teil. Da hört er plötzlich, wie eine Nonne sagt, es gäbe hier einen 19-jährigen jungen Mann, der hinten in der Kirche steht, und zu dem Jesus sagt: Folge mir nach. „Ich habe rechts und links geschaut, aber niemanden gesehen, der 19 Jahre alt sein könnte – außer mir selbst,“ erinnert er sich. „War das für mich?“, fragt er sich, will es aber nicht wahrhaben.
In den sechs Jahren, die er nun in Minsk lebt, hat er zwar verschiedene Freundinnen, aber keine wirklichen Beziehungen. „Alle waren sehr schön. Ich hätte jede heiraten können. Ich wusste nicht, welche ich wählen sollte,“ lacht er in der Erinnerung. Doch als er 24 ist, will er doch genauer wissen, was Gott von ihm möchte. In diesem Anliegen betet er 24 Tage täglich drei Rosenkränze.
In dieser Zeit fährt er eines Tages zu einem Jugendtreffen. Er steht gerade im Bus und betet Rosenkranz, als er plötzlich eine unglaublich starke Liebe von Gottvater spürt: „Als ich aus dem Bus ausgestiegen bin, hatte ich Tränen in den Augen. Bei dem Treffen habe ich kein Wort herausgebracht, zu sehr war ich erschüttert. Dieses starke Gefühl hat mehrere Stunden angehalten und war  für mein Leben sehr prägend. Von diesem Moment an wusste ich, ich muss mich ganz Gott hingeben.“
Er macht sich auf die Suche nach einem Priesterseminar und findet Heiligenkreuz in Österreich, obwohl er kein Wort Deutsch spricht. Ende des Sommers beginnt er also mit dem Deutschstudium im Internet. Er muss auf B2 kommen, um in Heiligenkreuz studieren zu können.
In einem E-Mail von P. Karl Wallner, dem Rektor der Hochschule (Portrait 4/18) klärt ihn dieser  auf, er könne auch in Heiligenkreuz Deutsch lernen. Allerdings sollte er nur zum Studieren kommen und nicht nebenbei arbeiten, wie es der junge Mann eigentlich vorgehabt hatte, um sein Studium zu finanzieren. Eugen beendet also seine Arbeit in Minsk, sagt den Eltern jedoch nicht, dass er in Österreich Theologie studieren werde, um Priester zu werden. Für den Vater ist es ja schon unverständlich, dass der Sohn seinen gut bezahlten Job aufgibt.
Nach umständlicher Beschaffung von Dokumenten in Moskau kommt er am 15. März 2015  in Österreich an. „Die Studienzeit war sehr schön: Das Kloster, die gregorianischen Gesänge, das Stift haben mich sehr beeindruckt.“ Schon im Juni schafft er die B2-Stufe. Von Pater Karl fühlt er sich während des Studiums väterlich  begleitet und findet auch schnell Freunde unter den Studenten, die ihm auch beim Studium behilflich sind. Im Priesterseminar in Heiligenkreuz ist P. Bernhard Vosicky nicht nur sein geistiger Vater, sondern auch eine große Stütze.“ Wichtig in  all dieser Zeit: Ich war nie allein.“
Nach dem ersten Jahr in Österreich gesteht er den Eltern, dass er Priester werden möchte. Die Enttäuschung ist groß.
2019 schließt er sein Studium in Heiligenkreuz ab. Nach verschiedenen Kloster-auf-Zeit-Aufenthalten  und ignatianischer Exerzitien fühlt er eine besondere Verbundenheit mit der „Gemeinschaft des Vaters“, gegründet von Gottfried Prenner, der ihn schon während des Studiums bestärkt und geistlich geformt hat. Diese Gemeinschaft begleitet ihn weiterhin, hat aber keine eigenen Priester.
Das heißt nun: Eugen Shimanovich muss Diözesanpriester werden. Er geht also zurück nach Weißrussland und kommt in eine Weißrussisch sprechende Diözese, nach Glubokoye, wo er vom Bischof sowohl zum Diakon wie auch im Mai 2020 zum Priester geweiht wird.
Dort wirkt er zwei Jahre. Nach wie vor begeistert erzählt er: „Es war eine unglaublich schöne Zeit: Viel Jugendarbeit, Hausbesuche, Beich­te, Krankensalbungen. Ich habe damals verstanden, dass ich das Richtige gefunden hatte, nämlich das, was Gott für mich ausgesucht hatte.“ Etwa 900 Menschen kamen da am Sonntag in die vier Heiligen Messen. Wir waren ein Pfarrer und zwei Vikare. Die ganze Messe hindurch wurde Beichte gehört.“
Der Pfarrer ist auch Exorzist. „Wie geht so ein Exorzismus vor sich?“, frage ich. Mein Gegenüber erklärt: „Da spricht der Priester nur Gebete, die von der Kirche vorgeschrieben sind.“ „Und was geschieht mit dem, über den gebetet wird?“ Pfarrer Eugen schildert: „Manche sprechen dann z.B. mit einer ganz anderen Stimme. Einmal war da eine ganz kleine Frau, die mussten wir zu viert halten, weil der Dämon so stark in ihr getobt und uns ausgelacht hat.“ Pfarrer Eugen erzählt nun Genaueres über den Exorzismus: „Zwei Sachen sind wichtig: eine intensive Begleitung und das Entdecken, woher die Besessenheit kommt. Es gibt meistens einen dieser drei Gründe: dass der Mensch Okkultismus betrieben oder lange Zeit in einer Sünde verharrt hat oder lange Zeit jemandem nicht vergeben konnte. Es gibt auch so etwas wie unschuldige Opfer. Ein Mädchen, in dessen Familie viele schlimme Dinge geschehen waren, wollte diese als Leiden auf sich nehmen, damit die ganze Familie gereinigt und geheilt würde. Das ist selten, aber das gibt es. Vor unseren Augen sehen wir manchmal, wie Dämonen, die man nicht sieht, die Besessenen physisch attakieren. Diese physischen Leiden sind schlimm aber die psychischen sind meist viel schlimmer. Zu den ärgsten Besessenheiten, die wir zuletzt erlebt haben, gehörte ein Mädchen das zehn Jahre bei den Satanisten war. Die schlittern da bei Veranstaltungen oder Partys hinein und wissen eigentlich gar nicht, auf was sie sich einlassen. Dort werden sie dann oft missbraucht und vergewaltigt. Das ist wie ein Ritual. Aber danach spüren solche Mädchen plötzlich eine große Kraft und ein unglaubliches Hochgefühl und bleiben bei den Satanisten, bis sie so viele Probleme bekommen und heraus wollen. Das ist aber äußerst schwierig.“
Nun hat man bei uns ja Filme gesehen, in denen vorzugsweise Mädchen gegen ihren Willen zu Exorzisten geschleppt und dann dort schlimm behandelt werden. In Wahrheit spielt sich ein Exorzismus ganz anders ab: „Ein Exorzismus funktioniert nur, wenn der Mensch von sich aus kommt und sich von den Dämonen befreien möchte. Wenn jemand zu meinem Pfarrer kommt, wird nicht gleich gebetet, sondern zunächst viel besprochen:  Die Kindheit des Hilfesuchenden, wie er aufgewachsen ist, was er erlebt hat… Es muss Vertrauen entwickelt werden. Die Person muss ein väterliches Vertrauen zum Priester aufbauen können. Dann erst kann der Priester langsam diese Person begleiten. Exorzismen werden sehr sparsam eingesetzt, weil sie während der Gebete meist mit viel Leiden und Schmerzen durch die Dämonen verbunden sind. Die väterliche Liebe ist daher das Wichtigste. Der Mensch, der da kommt, muss sich ganz dem Priester öffnen wie einem Vater. Es muss eine Vater-Kind Liebe entstehen. Das hassen die Dämonen nämlich am meisten.“
„Wenn ohne eine solche Beziehung nur der Exorzismus stattfindet, werden die Dämonen zwar ausgetrieben, die Personen bleiben jedoch stark verwundet und können oft kein normales Leben weiterführen. Die Gefahr ist dann groß, dass die Dämonen noch einmal von der Person Besitz ergreifen. Daher ist die Beziehung zum Priester so wichtig. Sie schützt und stärkt die Menschen. Diese wichtigste Erfahrung haben wir in unserer Pfarrei gemacht.“
Als Kaplan hat Eugen Shimanovich oft Rosenkranz betend an Exorzismen teilgenommen. „Heilung bei diesen Menschen ist auf jeden Fall immer wunderschön,“ betont er gerne. „Man muss auch sagen, dass es nicht immer wirklich Besessenheit ist, die die Menschen plagt. In solchen Fällen wird auch anders gebetet.“ Zur Zeit gibt es drei Priester in Weißrussland, die als Exorzisten wirken (siehe auch Portrait Vision 4/14 ). Diese Priester müssten oft viel leiden, höre ich, da sie seelischen aber auch körperlichen Angriffen der dämonischen Welt ausgesetzt sind. „Sie nehmen das aber an, denn wie bei meinem damaligen Pfarrer, sind die Personen, für die er betet, seine geistlichen Kinder, und für Sohn oder Tochter kann man schließlich alles erleiden,“ ist für den jungen Pfarrer klar.
Mittlerweile ist für die Priester, vor allem für die polnischen, die Situation im Land schwierig geworden. Schon so mancher muss­te das Land verlassen. Die politische Situation wird immer angespannter. Alles wird streng kontrolliert und überwacht. Evangelisierung ist nicht einfach. Mehr kann darüber hier nicht berichtet werden.  
Im Land leben derzeit 1,5 Millionen Katholiken. 80% der über neun Millionen Einwohner sind orthodox, aber meist nicht praktizierend. Nur sehr wenige gehen in die Kirche. Bei den Katholiken gibt es hingegen fast 30% Kirchgeher, bei den Orthodoxen sind es nur ein Prozent.
Nach seiner ersten Stelle, an der die Messen mit Gläubigen voll waren, wirkt Pfarrer Eugen jetzt seit Anfang März 2022 in Orsha, eine Stadt mit ca. 100 000 Einwohnern, in der alles anders ist. Sie liegt etwa in der Mitte zwischen Minsk und Moskau, 37 Km von der russischen Grenze entfernt. Sonntags kommen nur etwa 25 Leute in die Messe.
Außerdem betreut der Priester eine zweite Pfarre mit 6.000 Einwohnern und dort feiert er am Sonntag nur mit zwei bis fünf Gläubigen die Heilige Messe. Seine beiden Pfarren hat er, zum Schutz, die eine der Muttergottes von Fatima, die andere dem Unbefleckten Herz Mariens geweiht.
Ob er dort nicht sehr einsam sei, frage ich ihn. Doch das sei er manchmal schon, meint er. Was er dagegen tut? „Dann gehe ich zur Anbetung,“ kommt die Antwort prompt: Zwiegespräch mit dem Vater! Auch gebe es in der Gegend befreundete Priester, mit denen er sich austauschen kann. Und heuer zu Weihnachten kamen die Eltern aus dem 450 Km entfernten Heimatort zu Besuch: „Langsam gewöhnen sie sich daran, dass ich Priester bin,“ lächelt er.
Der Krieg in der Ukraine und eine mögliche Einberufung machen die Situation rundherum nicht leichter. Wenn es zu keiner Bekehrung und Versöhnung zwischen den Ländern kommt, werde es in diesem Krieg keine Gewinner geben, ist er überzeugt. „Wenn es nur Hass gibt, gegenseitige Beschuldigung und Beleidigung – egal, wer gewinnt, so kann man darauf nicht neu aufbauen,“ erklärt er.
In dieser äußerst bedrohten Situation ist es wichtig, nicht nur für die leidgeprüften Bewohner der Ukraine, sondern auch für die in den Nachbarstaaten zu beten, besonders für all jene, die wie der junge Priester Eugen den Menschen Trost, Heilung und Frieden von Gott zusprechen.


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