VISION 20004/2002
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Der heilige Jean-Gabriel Perboyre

Artikel drucken Botschaft an uns (Bernadette Dubois)

Jean-Gabriel Perboyre kommt am 6. Jänner 1802 zur Welt, in Montgesty, einem Weiler im Departement Lot, der Wiege der Familie seiner Mutter, Marie Rigal; sein Vater Pierre ist nur ein paar Kilometer von dort entfernt geboren. Jean ist das älteste von acht Kindern, von denen später drei Lazaristenpriester, zwei Töchter der Nächstenliebe und eine Karmelitin sein werden.

Seine Grundschulbildung ist solid, seine Frömmigkeit tief. Dienstbereit und offen für seine Mitmenschen liebt er seine Arbeit als Bauer, in die ihn sein Vater einführt.

Jacques Perboyre, sein Onkel, ein Lazarist und Geheimpriester während der französischen Revolution hatte, nachdem wieder Frieden eingekehrt war, in Montauban ein kleines Seminar eröffnet. 1816 schicken die Perboyres ihren zweiten Sohn, Louis, der gerade zehn Jahre alt ist, dorthin. Damit dieser sich an die Trennung von zu Hause gewöhnt, bittet man Jean-Gabriel ihn einige Monate hindurch dorthin zu begleiten.

In Montauban stellen die Professoren jedoch fest, daß Jean-Gabriel sehr begabt ist. Und so erklären die Eltern ihre Bereitschaft, ihn dort zur Schule gehen zu lassen. Später werden sie auch damit einverstanden sein, daß dieser Sohn, mit dem sie bisher als Hoferben gerechnet hatten, seiner Priesterberufung folgt.

In nur zwei Jahre schließt er seine Mittelschulausbildung ab. Und dann, im Jahr 1818 tritt er bei den Lazaristen ein und beginnt mit dem Noviziat in Montauban. Schon damals wünscht er sich, Chinamissionar zu werden. Nach seinen ewigen Gelübden, die er schon 1820 ablegt, kommt er ins Mutterhaus nach Paris, um dort Theologie zu studieren. Anschließend schickt man ihn als Professor in das Kollegium von Montdidier, wo er seine Schüler in Gruppen zusammenfaßt, die Arme und Gefangene besuchen gehen.

Am 23. September 1826 wird er in der Kapelle der Töchter der Nächstenliebe in der Rue du Bac zum Priester geweiht. Wegen seiner zarten Gesundheit hält man ihn für die Mission ungeeignet und bestellt ihn zum Professor am Priesterseminar in Saint-Flour. Im Jahr darauf vertraut ihm der Bischof die Leitung des kleinen Priesterseminars an.

Fünf Jahre später ruft man ihn nach Paris zurück, wo er zum stellvertretenden Leiter des Lazaristen-Noviziats ernannt wird. Mehr als durch Worte prägt er die ihm Anvertrauten durch sein Beispiel. Seine Sanftmut ist es, die Eindruck macht; einige seiner Schützlinge werden Zeugen von Ekstasen, erleben, wie er während einer Messe über dem Erdboden schwebt.

Auch Jean-Gabriels Bruder Louis war Lazarist geworden. 1831 macht er sich als Missionar nach China auf, stirbt aber unterwegs auf dem Schiff mit den Worten: “Ich hinterlasse einen Bruder, der Priester ist; hoffentlich tritt er eines Tages an meine Stelle."

Jean-Gabriel, zutiefst von diesem Tod betroffen, sieht in dem Geschehen ein Zeichen. Seine Bitte, aufbrechen zu dürfen, wird jedoch abgelehnt, immer noch wegen seiner Gesundheit. Im Februar 1835 sucht er neuerlich an. Diesmal gibt der Arzt sein Einverständnis, zögert seine Zustimmung aber so lange hinaus, daß Jean-Gabriel Perboyre nicht mehr die Zeit hat, sich von seiner Familie zu verabschieden. Er wird sie nicht mehr wiedersehen.

Am 21. März schifft er sich in Le Havre ein und landet drei Monate später auf Java, nachdem sie unterwegs im Indischen Ozean ein schreckliches Unwetter überstanden hatten. Am 29. August landet er in Macao, wo die Lazaristen den chinesischen Klerus ausbilden. Hier beginnt er seine Sprachstudien, um sich schließlich am 21. Dezember gekleidet wie ein Chinese - langes Gewand, großer Schnurrbart, glatt rasierter Schädel, künstlicher Zopf - zur Mission nach Honan auf den Weg zu machen.

Es gilt, 1.500 Kilometer, zum Teil im Untergrund zurückzulegen (die Einreise war Europäern im Prinzip unter Todesstrafe verboten, Anm). Zunächst ging es entlang der Küste in der Dschunke, dann über Bergwege zu Fuß oder im Boot auf den Nebenflüssen des Jang-Tse-Kiang. Am Ende seiner sechsmonatigen Reise schleppt sich Jean-Gabriel erschöpft nur mehr dahin. In Nan Jang Fu, seinem Bestimmungsort angekommen wird er so schwer krank, daß man ihm die Sterbesakramente spendet.

Allerdings erholt er sich wieder, nimmt sein Chinesisch-Studium wieder auf und reorganisiert die Mission, an der drei chinesische Lazaristen wirken. Mit einem von ihnen besucht er zu Fuß die auf einem riesigen Gebiet verstreuten Christen. Pater Clet, ein anderer Lazarist, der 1820 als Märtyrer starb, hatte diese Missionsstation aufgebaut. Ihn hat sich Jean-Gabriel Perboyre stets zum Vorbild genommen.

1839 bricht im Norden von Hupe eine Verfolgung aus. Mit zwei Mitbrüdern und einem Franziskaner feierte am 15. September das Fest Maria Namen in Anwesenheit von 1.500 Gläubigen. Als die vier Priester anschließend beim Mittagessen sitzen, kommen Soldaten. Drei Priestern gelingt es, rasch in die Berge zu verschwinden, während sich P. Perboyre in der Nähe versteckt. Um 30 Münzen verrät ihn ein Katechumene.

Mißhandelt und in Ketten gelegt wird er in den Nachbarort gebracht. Wie ihn, so hat man auch andere Christen verhaftet. Der Konvoi landet beim Amtshaus. Dort wird P. Perboyre verhört, und er gibt zu, Priester zu sein. Daraufhin sperrt man ihn zu den Kriminellen.

Einen Monat später werden die Gefangenen wiederum in Ketten in einem zweitägigen Marsch zur Präfektur nach Siang Jang Fu gebracht. Dort muß Jean-Gabriel fünf Befragungen über sich ergehen lassen. Jedesmal wird er gefoltert, damit er die Namen von Mitbrüdern preisgebe und seinen Glauben verleugne. Aber er schweigt und leidet grenzenlos geduldig.

Daraufhin verlegt man die Gefangenen nach U Tschang Fu, der Provinzhauptstadt. Hier hat P. Perboyre 20 mit Folterungen verbundene Befragungen über sich ergehen zu lassen. Einmal bringt man ihn in einem so jämmerlichen Zustand zurück ins Gefängnis, daß die von Mitleid ergriffenen Wächter ihn pflegen. Erzürnt wegen seiner Unbeugsamkeit läßt ihn der Vizekönig jedoch weitere 20 Mal vor sich zitieren. Die Folterungen werden verschärft. Fast schon an der Schwelle des Todes, überlebt Jean-Gabriel auch diese Mißhandlung wie durch ein Wunder.

Als man sie das letzte Mal zitiert, wird die kleine Gruppe von Christen, die widerstanden hatten, zur Exilierung, der Pater aber zum Erwürgtwerden verurteilt. Neuerlich verweigern alle abzuschwören. “Dann unterschreibt eure Verurteilung, indem ihr ein Kreuz auf dieses Blatt zeichnet," erklärt der Vizekönig. P. Perboyre setzt das Zeichen als erster, die anderen folgen.

Bis zur Bestätigung der Urteile durch den Kaiser werden die Christen ins Gefängnis zurückgeschickt. Dort gewinnt Jean-Gabriel durch seine außergewöhnliche Geduld und Sanftmut den Respekt aller. Man pflegt ihn, er darf Besuch empfangen und seinen Mitbrüdern einen Brief schreiben, wo er Zeugnis von seinem Leidensweg gab.

Am 11. September langt die Bestätigung des Urteils ein und dieses wird sofort exekutiert. Mit auf den Rücken gebundenen Händen wird P. Perboyre an den Ort der Hinrichtung geführt. Während man sieben Kriminelle vor seinen Augen enthauptet, betet er. (Mit einer zum Glühen gebrachten Nadel ritzt man auf seiner Stirn in chinesischen Schriftzeichen: “Verbreiter einer abscheulichen Sekte", Anm).

Dann wird er an den Pfahl gebunden und erwürgt. Es ist etwa Mittagszeit, die Todesstunde Christi. Und plötzlich erscheint am Himmel ein leuchtendes Kreuz.

Den Christen gelingt es, den Scharfrichtern den Leichnam des Heiligen abzukaufen. Sie setzen den Pater neben P. Clet bei, der 20 Jahre zuvor den Märtyrertod erlitten hatte.

Als Papst Gregor XVI. die Nachricht vom Tod P. Perboyres erhält, fordert er die Lazaristen auf, einen Seligsprechungsprozeß zu eröffnen. 1889 spricht Leo XIII. den Missionar selig, was ein großes Echo auslöst. Er wurde rasch an vielen Stellen, an denen er gelebt hatte, verehrt, insbesondere in Montgesty, Montauban, Montdidier. Man hatte die erstaunliche Übereinstimmung seines Leidenswegs mit dem Jesu Christi erkannt.

Die Heiligsprechung von Jean-Gabriel Perboyre fand am 2. Juni 1996 statt.

Aus “Famille Chrétienne" v. 30.5.96

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