Empfängnisregelung und Weitergabe des Lebens: Den meisten Menschen sind Argumente, die scheinbar gegen die Lehre der Kirche sprechen, geläufig. Wir haben auf den folgenden 6 Seiten einiges zusammengestellt, was für diese Botschaft spricht - in Theorie und Praxis. "Das ist aber mühsam", mag sich mancher denken. Nehmen Sie sich, bitte, dennoch Zeit für die Lektüre. Das Anliegen ist so wichtig, hat aber noch wenige engagierte Vertreter.
Kürzlich sprach ich mit einem Bekannten über die Enzyklika "Humanae vitae". Ja, sie zeichne ein hohes Ideal, meinte er. Für manche mag das gut sein. Aber doch nicht für alle! Er kenne viele, die es versucht hätten - auch er -, aber es funktioniere eben nicht. "Diese Lehre ist unrealistisch - ein Unsinn!"
Ja, das stimmt - unrealistisch wie das ganze Evangelium. Oder ist die Aufforderung, "Liebet eure Feinde, tut Gutes, denen, die euch hassen" (Lk 6,27) oder das Gebot "sorgt euch nicht um euer Leben ... " (Mt 6, 25) etwa realistisch? Wer kann von sich behaupten, er verwirkliche all das in seinem Leben?
Und dennoch: Diese Worte Christi sind bindende Wegweisungen in jeder Phase unseres Lebens. Würden wir unsere Fähigkeit, Geboten zu folgen, zum Maßstab für das Evangelium erheben, wir könnten es sofort zur Papiersammlung geben.
Mir hat ein Wort von Romano Guardini sehr geholfen. Guardini sagt an einer Stelle seines Buches "Das Ende der Neuzeit" sinngemäß folgendes: Christliche Werte legen dem Menschen die Latte zu hoch. Wer glaubt aus eigenem Vermögen, sein Leben nach dem Evangelium perfektionieren zu können, scheitert. Christliche Werte lassen sich nur mit Christus verwirklichen. Und damit sind wir wieder bei "Humanae vitae": Die Lehre der Päpste will im Grunde genommen nicht in einem Methodenstreit der Empfängnisverhütung (natürlich - ja, künstlich - nein) entscheiden und damit Paradechristen vor dem "einfachen Fußvolk" herausstellen. Sie will uns Wesentliches über die erfüllte christliche Ehe sagen.
Sie verkündet die oben erwähnte Botschaft: Sorge dich nicht ängstlich, laß dich im Vertrauen auf Gott ganz auf deinen Partner ein. Nimm ihn an, so wie er ist - mit seinen körperlichen, psychischen und geistigen Fähigkeiten! Zu diesen Fähigkeiten gehört auch seine Fruchtbarkeit. Wer wirklich ja zu seinem Partner sagt, bejaht auch dessen Fruchtbarkeit und versucht nicht, sie mit künstlichen Mitteln oder Chemie wegzuretuschieren - als wäre sie eine Krankheit. Welche Schäden das anrichtet, ist dem Beitrag von Adelheid Grüniger zu entnehmen.
Aber noch einmal: Es geht nicht um alternative Verhütungsmethoden. Es geht um eine Alternative zur weitverbreiteten Verhütungsmentalität. Sie wird heute schon dem jungen Menschen eingeimpft: Das Kind erscheint dann als Bedrohung des sexuellen Glücks, auf das doch jedermann Anspruch habe.
Und diese Verhütungsmentalität ist ihrem Wesen nach unchristlich. Sie ist Ausdruck der ängstlichen Sorge um die Verwirklichung der eigenen Vorstellungen. Auf diesem geistigen Hintergrund verordnen Männer ihren Frauen gefährliche Verhütungspraktiken, gefährden Frauen jährelang durch Eingriffe ihre Gesundheit, wächst die Bereitschaft zur Abtreibung (noch nie wurde so viel verhütet - und abgetrieben wie heute!) und wird das Kind zum Gegenstand von Kosten-Nutzen-Überlegungen. Nur: Wer kann jemals Freud und Leid einer menschlichen Beziehung vorausberechnen? Ich habe erlebt, daß unerwünschte Kinder später die große Freude im Leben ihrer Eltern geworden sind.
Dem stellen die Päpste entgegen: Sorget euch nicht ängstlich um eure Nachkommenschaft und verhütet nicht um jeden Preis!
Gott weiß besser, was ihr nötig habt, als ihr dies ausrechnen könnt. Lernt, daß man sich Liebe und Hingabe nicht nur in der sexuellen Begegnung, sondern auch in der Enthaltsamkeit bezeugen kann.
Daran wird zunächst eines deutlich: Diese Botschaft ist an Christen gerichtet. "Familiaris Consortio" wendet sich ausdrücklich an sie, "Humanae vitae" außerdem noch an die Menschen guten Willens. Selbstverständlich darf der Mensch seine Option, jetzt eher Kinder zu wollen oder nicht, Gott vorlegen. Schließlich ist es ja Gottes Werk, daß es im weiblichen Zyklus unfruchtbare Perioden gibt. Einziger Zweck des Sexualaktes ist es also offensichtlich nicht, Kinder zu zeugen.
Sich an diesen Zeiten auszurichten, ist somit konform mit der Wahrheit der Person und manipuliert sie nicht. Wer auf diese Weise sein Sexualleben gestaltet, verzichtet aber darauf, seine Vorstellungen um jeden Preis durchzusetzen. Das ist nicht Unmündigkeit, sondern geschieht im Vertrauen darauf, daß Gott es mit mir besser meint als ich. Und damit sind wir eigentlich am Kern der Debatte.
Gilt auch für unser Sexualleben die Vater-unser-Bitte: Dein Wille geschehe? Oder ist der Mensch gerade in dieser zentralen Frage der Menschwerdung autonom? Bleibt Menschwerdung nicht bei jedem neu gezeugten Menschen das, was wir über die Erschaffung des Menschen am Anfang der Heiligen Schrift lesen: ein Anruf Gottes?
Zugegeben - Wir wissen heute um einiges mehr über das Wie der Fortpflanzung. Aber wissen wir deswegen mehr über das Wesen unseres Lebens als wir der Schrift entnehmen können? Und dort stellt Christus klar: Ich bin die Auferstehung und das Leben (Joh 11,25) und: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben (Joh 14,6). Sollten wir den, der das Leben ist, gänzlich ausschalten, wenn es um die Menschwerdung geht? Zugegeben: Der moderne Mensch richtet sich rundum das Leben so ein, als wäre er allein verantwortlich und allein am Werk. Die Versuchung, dieses Konzept auch auf die zentrale Frage der Menschwerdung auszuweiten, ist groß. Daß sich hier die Geister scheiden, ist verständlich. Aber es bleibt trotz allem wahr, daß Natürliche Empfängnisregelung der einzige Zugang ist, diese Offenheit für das Wirken Gottes zu verwirklichen.
Keine Frage: Für viele, vielleicht sehr viele ist es äußerst schwierig, diesen Weg zu gehen. Wie man mit diesen Schwierigkeiten umgeht, dafür gibt es keine allgemein gültigen Patentrezepte. Da wird jeder im Einzelfall mit viel Geduld Wege suchen müssen. Aber für alle gilt: Gott gibt nicht nur Gebote. Er wirkt ja auch in unserem Leben, damit wir diesen Wegweisungen folgen können. Das ist doch tägliche Erfahrung in vielen Lebensbereichen, wo wir mit scheinbar unüberwindlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Im Vertrauen auf Ihn wird möglich, was menschlich unmöglich erscheint.
Wer sich auf diesen Weg begibt, wird merken, daß periodische Enthaltsamkeit - wenn sie nicht mit tierischem Ernst und aus sturer Verhütungsmentalität betrieben wird - keineswegs ein Programm für sauertöpfische Kostverächter, sondern im Gegenteil sehr segensreich für die Beziehungen - auch die sexuellen - ist. Er wird auch erfahren, daß Leben - besonders das des Kindes - Geschenk ist. Überwiegt nicht diese Erfahrung in der Geschichte der Menschen?