VISION 20001/1989
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Der Weg miteinander

Artikel drucken (Ingeborg und Richard Sickinger)

Wie oft hört man: Was die Natürliche Empfängnis­regelung dem Menschen abverlangt, ist wir­klichkeitsfremd, schwer lebbar, ja geradezu un­möglich. Wir haben Bruno und Martina Mucha - ein Ehepaar, das seit sieben Jahren nach den natürli­chen Rhythmen lebt und in der Zwischenzeit drei Kinder im "Ideal-Abstand" von zwei Jahren hat - über ihre Erfahrungen befragt.

VISION 2000: Was ist für Euch das Schöne an der NER?

Martina: Da gibt es eine ganze Reihe von Dingen! Am besten gefällt mir dabei, daß ich spüre, von meinem Mann vollständig angenommen zu werden. Er fin­det mich gut, so wie ich bin und versucht nicht, mich oder unsere Begegnung unfruchtbar zu ma­chen.

Bruno: Was mich besonders an­spricht, ist die Tatsache, daß man die NER sowohl verwenden kann, um eine Schwangerschaft anzustreben als auch um sie zu vermeiden. Beides ist ja für uns als Ehepaar wichtig, und wir haben sie auch schon in beiden Richtungen angewandt.

Martina: Früher hatte ich große Schwierigkeiten, mich mit mei­nem Zyklus zurechtzufinden, und die Blutung ist immer zu den unmöglichsten Zeiten gekom­men. Ich habe dann ein Jahr vor unserer Hochzeit begonnen, mich selbst zu beobachten, und es hat mir sehr gut getan, mich - mit meinem Zyklus, mit meiner Fruchtbarkeit - immer besser kennenzulernen. Jetzt kann ich nicht mehr überrascht werden, weil ich schon im voraus weiß, in welcher Phase des Zyklus ich gerade bin.

Bruno: Natürlich gibt es noch weitere Aspekte. Für uns ist, ausgehend von der ganzheitli­chen Sicht des Menschen, die eheliche Begegnung und die Fruchtbarkeit nichts Zufälliges, sondern etwas Gottgewolltes. Wir wollen beides nicht durch manipulative Eingriffe egal wel­cher Art zerstören. Ich kann mir auch vorstellen, daß der Papst diese Frage so wichtig nimmt, weil das Leben nach den natürli­chen Rhythmen ein bewußtes Sich-hinein-Stellen in den Wil­len Gottes ist.

Martina: Schön finde ich auch, daß wir in Gesprächen gemein­sam entscheiden, ob wir jetzt ein Kind verantworten können oder nicht, und dann auch gemeinsam danach handeln. Wir müssen einfach miteinander reden: über meinen Zyklus, über die Frucht­barkeit, über die Sexualität. Und daß ich mit meinem Mann über all das sprechen kann, macht mich einfach sehr, sehr froh.

VISION 2000: Gibt es irgendwel­che Schwierigkeiten, mit denen ihr zu kämpfen habt?

Martina: Nachdem wir bereits vor der Hochzeit gemeinsam einen Kurs bei Dr. Rötzer besucht ha­ben, gab es in der Anwendung zunächt keine besonderen Schwierigkeiten. Allerdings war nach der Geburt unserer ersten Tochter die Situation eine Zeit lang sehr undurchsichtig, weil ich die Symptome einfach nicht richtig deuten konnte. Nach und nach habe ich allerdings gelernt, die Zeichen richtig zu interpretieren. Im Nachhinein hat mich diese Erfahrung bestärkt, daß es auch in solchen Situationen möglich ist, sich richtig zu beobachten.

Bruno: Schwierig ist es manch­mal auch, weil Martina einen nicht unbedingt regelmäßigen Zyklus hat, sodaß es vorkommen kann, daß die Zeit der möglicher­weise fruchtbaren Tage länger wird - ja, natürlich hat man dann auch schon große Sehnsucht, und es ist nicht immer ganz einfach. Aber ich muß sagen, es macht dann auch immer große Freude, diese Zeit gemeinsam zu mei­stern.

VISION 2000: Ist das nicht auch eine Einschränkung?

Martina: Ich als Frau empfinde diese Zeit der Enthaltsamkeit eigentlich auch als sehr große Bereicherung, einfach deshalb, weil dann unsere Zärtlichkeiten auf ganz anderen Ebenen verlau­fen - und die sind auch wunder­schön! Manchmal erlebe ich das Gefühl der Nähe dabei sogar stär­ker als beim ehelichen Vollzug.

Bruno: Ich glaube, daß viele Paare heute verlernt haben, zärt­lich zueinander zu sein. Gerade die Zeit der Enthaltsamkeit kann ein Weg sein, das wiederzuent­decken, ja zurückzugewinnen.

VISION 2000: Können Eurer Er­fahrung nach alle Ehepaare die NER anwenden?

Bruno: Nach unserer Erfahrung: ja! Wir geben die Zeitwahlme­thode nach Dr. Rötzer auch wei­ter und haben bis jetzt niemanden kennengelernt, der sich ernsthaft bemüht und das nicht zusam­mengebracht hätte. Vorausset­zung ist natürlich, daß beide mit­machen, das ist ganz sicher wich­tig.

VISION 2000: Wo seht Ihr den Unterschied zu anderen Metho­den?

Bruno: Der wesentliche Unter­schied besteht für mich darin, daß ich mit der NER den Zyklus - mit den fruchtbaren und un­fruchtbaren Tagen - als einen von Gott gegebenen Zustand, und damit gleichzeitig auch meine Frau annehme, und sie nicht nach meinen Wünschen zurechtma­chen will. Interessant ist auch, daß man durch die gegenseitige Annahme gleichzeitig auch offe­ner für das Kind wird: wir haben beobachtet, daß viele Leute, die sich für die NER entscheiden und sie über einen gewissen Zeitraum betreiben, sich häufig auch noch für ein Kind entscheiden.

Martina: Der Unterschied zu an­deren Methoden sehe ich auch darin, daß bei der NER beide mitmachen müssen und beide gemeinsam die Verantwortung übernehmen - das finde ich so schön daran! Außerdem könnte ich mir nicht vors!ellen, jeden Tag Hormone einzunehmen - wenn ich doch einen ganz einfa­chen Weg habe, der mir alles zeigt, was wichtig ist: ich weiß genau, zu welcher Zeit ich ein Kind empfangen könnte, und ich kann zwischen Tagen, an denen ich sicher unfruchtbar, und ande­ren, an denen ich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit unfruchtbar bin, sehr wohl unterscheiden. Dieses Wissen haben wir - und danach können wir uns richten.

VISION 2000: Wenn die Zeitwahl­methode so sicher ist - wo ist dann zum Beispiel der Unterschied zur Pille, wo ist die Offen­heit für das Leben?

Bruno: Zweifellos ist es richtig, daß die NER, richtig angewandt, ebenso sicher ist wie zum Bei­spiel die Pille, da besteht bezüg­lich der Sicherheit kein Unter­schied. Die Frage der Zuverläs­sigkeit einer Methode ist dabei nicht der springende Punkt, darü­ber steht auch nichts in "Familia­ris Consortio". Warum wir uns aber für die NER entschlossen haben, ist ganz einfach, daß wir uns dabei in eine gottgewollte Gegebenheit hineinbegeben, mit jeder anderen Form aber eben nicht. Und das ist der wesentliche Unterschied.

Martina: Der Unterschied besteht auch hinsichtlich der Frage der Haltung. Denn wenn mich nur die Frage der Sicherheit einer Methode interessiert, kann ich natürlich auch die NER schlecht gebrauchen. Es geht ja gleichzei­tig darum, welche Gründe mich dazu motivieren, eine Schwan­gerschaft jetzt nicht anzustreben, bzw. zu meinen, Kinder zu die­sem Zeitpunkt nicht verantwor­ten zu können. Die Frage, ob diese Gründe auch dem Geist des Christentums entsprechen, bleibt bestehen - unabhängig von der Methode. Aber sicher ist es viel leichter, mit der NER die richtige Haltung zu entwickeln als mit jeder anderen Methode.

VISION 2000: Ihr habt gesagt, die NER läßt sich in zwei Richtungen anwenden: um eine Schwanger­schaft zu verhindern, aber auch anzustreben. Wie sieht das bei Euch aus?

Martina: Wir haben alle drei Schwangerschaften bewußt an­gestrebt, und ich muß sagen, ich empfinde das als wunderschön! Das ist nämlich ganz etwas ande­res, als wenn man gar nicht weiß, wann man ein Kind empfangen könnte. Eine bewußt angestrebte Empfängnis ist für mich ein wunderschönes Ereignis, gera­dezu ein Fest. Außerdem habe ich mit der NER schon sehr früh - wenn sonst noch niemand eine Ahnung davon hat - Gewißheit und kann mich darauf einstellen, kann mit dem Kind Kontakt auf­nehmen, kann für das Kind be­ten.

Bruno: Ich kann das bestätigen. Bei ersten Kind war das noch nicht so stark, aber bei den beiden anderen habe ich schon bei unse­rer Begegnung wesentlich be­wußter erlebt, daß nun ein Kind entstehen könnte - das ist natür­lich sehr, sehr schön, wenn man so bewußt miterleben kann, wie man am Schöpfungswerk Gottes teilhaben kann.

Martina: ... und Werkzeug Gottes sein kann, wenn neues Leben am Entstehen ist.

Mit dem Ehepaar Mucha sprachen Ingeborg und Richard Sickinger.

Kurse für Anfänger gehen meistens über drei Abende. In Verbindung damit wird ein Intensiv-Kurs zu einer vertieften Ausbildung ange­boten (Erwerb eines Zertifikats als Multiplikator ist möglich). Siehe https://iner.org/de/

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