Das Wort Umkehr ist für uns Christen im Grund ein selbstsverständliches Wort - auch wenn es in einer merkwürdigen Spannung zu der Welt steht, in der wir heute leben. Es ist ein unbequemes Wort, wie aus einer anderen Welt und aus einer anderen Zeit stammend, beinahe schon ein Ärgernis, vor allem dann, wenn die Notwendigkeit zu solcher Umkehr uns selbst trifft. Haben wir das denn wirklich nötig?
Diese Haltung ist in vieler Hinsicht typisch für uns Menschen: Wir lassen uns nicht gern in Frage stellen. Sie ist aber noch dazu ganz besonders typisch für unsere Zeit. Das herrschende geistige Klima legt uns nahe, wir hätten die Welt gemäß unseren Bedürfnissen, Wünschen und Vorstellungen zu gestalten. Im gigantischen Aufbruch des wissenschaftlich-technischen Fortschritts der letzten beiden Jahrhunderte haben wir gelernt, unsere Ansprüche sozusagen "beinhart" gegen die Welt um uns durchzusetzen.
Die Möglichkeit, daß wir uns ändern könnten - und nicht die Welt um uns - ist dabei praktisch aus dem Blickfeld entschwunden. So nimmt es denn keineswegs wunder, daß wir die umfassende Krise unserer Zeit, die in der Zerstörung von Gottes guter Schöpfung sicht- und spürbar wird, am liebsten gar nicht wahrnehmen würden. Und wo wir ihr doch nicht mehr auskommen können, hoffen wir, daß andere - Politiker und Wirtschaftler, Techniker und Wissenschaftler - für uns schon die richtigen Lösungen finden werden.
Die Rede von der Umkehr geht von der entgegengesetzten Voraussetzung aus. Sie besagt: Wenn du an Grenzen stößt, Grenzen deiner Ansprüche an die Welt, so verstehe diese "Grenzerfahrung" zunächst einmal als Rückfrage an dich selbst.
Sind deine Ansprüche berechtigt? Sind sie "sinnvoll"? Ja, mehr noch: Sieh zu, daß an den kleinen und großen Grenzen deines Lebens du derjenige bist, der - um der anderen willen - einen Schritt zurückgehen kann, damit die Grenzen gewahrt werden. Sind diese Grenzen doch in der Regel die Lebensrechte und - wünsche anderer - seien es nun Menschen, Tiere oder Pflanzen.
Wenn Jesus von der "weiten Pforte" und dem "breiten Weg, der zur Verdammnis führt" (Mt 7 ,13) spricht, so meint er jene Selbstgerechtigkeit, die noch angesichts weltumspannenden und menschengemachten Unheils nicht bereit ist, die Verantwortung für den eigenen Anteil an diesem Unheil wahrzunehmen und sich so grundsätzlich in Frage stellen zu lassen. Jesus hat die Haltung jener verhängnisvollen Bequemlichkeit im Auge, die immer nur ruft "mehr Technik, mehr staatliche Lenkung, andere Wirtschaftsformen", nur um die eigenen Ansprüche (an Wohlstand, Konsum ... ) aufrechterhalten zu können.
"Gehet ein durch die enge Pforte", (Mt 7,13) rät uns Jesus gerade jetzt von neuem. Geht den Weg der Selbstveränderung!
Aber: Diese Wandlung könnt ihr nicht aus euch selbst bewerkstelligen, erwartet sie von Gott! Er weiß, was euch nottut. Umkehr heißt Zuwendung zu Christus. In ihm - und nur in ihm - erfährt unser sündenkranker Zeitgeist Heilung.