VISION 20001/1989
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Pressesplitter kommentiert

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Menschenaffen

Der Mensch und Menschenaffen sollten biologisch gesehen zu einer Familie gezählt werden. Zu dieser Auffassung kommt Mor­ris Goodman von der amerikani­schen Wayne State University nach molekulargenetischen Un­tersuchungen am Globin-Gen. Wegen der großen Übereinstim­mung bei Mensch, Gorilla und Schimpanse halten es die Wis­senschaftler für angebracht, die­se drei Gattungen einer gemein­samen Unterfamilie (Homini­nae) zuzuordnen, während der asiatische Orang-Utan eine an­dere Unterfamilie (Poniginae) bilden soll.
Bisher rechnete man zu den Hominiden nur den Menschen (Homo sapiens) sowie seine Vorfahren bis hin zu den Austra­lopithecinen. Ob sich die neue, eine enge Verwandtschaft von Mensch und höheren afrikani­schen Menschenaffen fordernde Klassifikation behaupten wird, darf freilich bezweifelt werden. So sind die Wissenschaftler über die Aussagekraft molekularge­netischer Untersuchungen un­eins.
(FAZ v. 21.12.1988)

Der wissenschaftliche Zugang ist immer wieder derselbe. Ein Detailaspekt wird herausge­pickt. Vergleiche in diesem Ausschnitt angestellt, Ähnlich­keiten und Differenzen regi­striert - und weitreichende (weit über das Beobachtungs­feld hinausgehende) Schluß­folgerungen gezogen.

Embryoreduktion

Fünf Tage nach ihrer Geburt mußten drei der ersten französi­schen Sechslinge künstlich beat­met werden, während ihre Mut­ter einer Darmverschlußopera­tion unterzogen werden mußte. Ihr Gynäkologe verteidigt sich gegen Angriffe: Mittels Ultra­schall hatte er nach einer Hor­monbehandlung fünf be­fruchtete Eier erkannt.
Erst im Juni konnte man zehn Eier zählen. Bei der Patientin setzten Blutungen ein. "Wir ha­ben einige Zeit gewartet, in der Hoffnung es würde sich ein Teil­ oder sogar ein vollständiger Abortus ergeben. Als die Blutun­gen aufgehört haben und die zehn Embryos noch immer zu sehen waren, habe ich die Anwendung einer Embryo-Reduktion vorge­schlagen."
Der Eingriff entfernt nur vier Embryonen. Die Operierte zog es jedoch vor, das Risiko einzu­gehen, die übrigen auszutragen.

("La Croix" v. 21.1.1989)

Man beachte zunächst die schamhafte Umschreibung für ein mörderisches Geschehen: Embryo-Reduktion! Außer­dem macht dieses Beispiel klar, welche Kette von Verheerun­gen die Methoden der künstli­chen Befruchtung nach sich ziehen. Denn schon der erste Schritt ist falsch: sich zum Herrn über das Leben aufzuschwingen.

Kinder - Elefanten

Heute gehört wieder Mut dazu, wenn Frauen im "Stern" beken­nen: "Wir haben abgetrieben." Und es gehört auch Mut dazu, die Abschaffung des Paragraphen 218 (Deutscher Abtreibungspa­ragraph) zu fordern.
(Den Abtreibungsgegnern) geht es um die Bevormundung von Frauen in ihren ureigensten Angelegenheiten. Bei uns wer­den Frauen von katholischen Würdenträgern und militanten Lebensschützern öffentlich als "Mörderinnen" angeprangert. Ärzten wird leichtfertiger "Um­gang" mit "ungeborenen Kin­dern" vorgeworfen. Dr. Peter von Oertzen, Mitglied im Partei­vorstand der SPD: "Es ist und bleibt ein schwerer Konflikt. Aber die Entscheidung für oder gegen ein Kind kann nur die Frau treffen, am besten mit dem Part­ner. Staat und Justiz haben sich da rauszuhalten."

Und nur wenige Seiten dahinter ein Bericht über Elefanten-Wil­derer in Afrika:

Ein ermorderter Elefant ist ein niederschmetternder Anblick. Auch in Serengeti wird gestor­ben: vier Tote Dickhäuter, wie alle anderen von Wilderern er­legt, wie alle ohne Stoßzähne - als Objekt der Begierde. Die Gangster müssen in Banden ge­kommen sein, ausgerüstet mit Schnellfeuerwaffen, mit Elek­tro-Sägen zur schnellen Siche­rung des Elfenbeins.
In den Hütten werden Waffen gefunden - ein kleiner Erfolg im Kampf gegen das Elefanten-­Morden. Im Nachbarland Kenia hat Präsident Danie arap Moi den Kampf gegen die Wilderer zur "Nationalen Priorität" erklärt, seine Einheiten mit modernen Waffen ausrüsten lassen und ihnen Order gegeben, Wilderer ohne Warnung niederzuschie­ßen.
("Stern" 5/1989)

Keine Frage, daß die Ausrot­tung der Elefanten eine Tragö­die ist. Wer sich aber über "Elefanten-Mord" empört, sollte sich nicht gleichzeitig dagegen verwahren, daß von Mord an ungeborenen Kin­dern gesprochen wird. Diese eklatante Ungereimtheit ent­steht einfach dadurch, daß bei der Abtreibung die Opfer, die ungeborenen Kinder, systema­tisch aus der Betrachtung aus­geblendet, bei den Elefanten aber groß herausgestellt werden. Nur wer nicht an die Kin­der denkt, kann davon spre­chen, daß Staat und Justiz sich aus der Sache herauszuhalten hätten. Und noch etwas: Zum Aus­druck kommt mehr Sympathie für das Tier als für den Men­schen.

Ohne Kinder

Wer hat es besser: Leute mit Kindern oder Leute ohne Kin­der? So hieß eine harmlos klin­gende Frage der Brigitte-Unter­suchung. Die Antwort war ein­deutig. Alle antworteten mit überwältigender Mehrheit das­selbe: Besser haben es Leute ohne Kinder. Und das, obwohl doch erst Kinder dem Leben ei­nen Sinn geben, wie an anderer Stelle (der Befragung) festge­stellt wurde.
Wer hat es besser im Leben: Berufstätige Frauen oder Haus­frauen? Gewählt wird, ohne mit der Wimper zu zucken. Besser haben es die Berufstätigen. Be­rufstätigkeit macht selbstbe­wußt, ist angesehen, bunt und vielfältig.
Mit dem Dasein als Hausfrau verbinden sich dagegen ver­gleichsweise freudlose Vorstel­lungen. Was ist das für eine Gesellschaft, in der eine Mutter nur dann für wirklich gut gehal­ten wird, wenn sie bei ihren Kin­dern zu Hause bleibt - das Haus­frauendasein gleichzeitig aber immer mehr abgewertet wird?

("Brigitte" 21/1988)

Man wüßte zwar, was Kindern gut tut, würde sich wohl auch wünschen, daß Kinder Gebor­genheit erfahren. Aber kon­kret vor die Wahl gestellt, zie­hen viele doch die Annehmlichkeiten der Wohlstandsgesell­schaft vor.

Gepäcksstücke

Regelrecht "aufgegeben" wie Gepäcksstücke werden jährlich rund 30.000 Kinder von ihren Eltern in bundesdeutschen Kran­kenhäusern.
Auf diesen Skandal machte der Göttinger Kinderarzt Ulrich Müller aufmerksam. Der Kölner Arzt Uwe Knoop weiß von Fäl­len, in denen Eltern ihre Kinder vorsätzlich verletzt haben, um si­cherzugehen, daß die Aufnahme im Krankenhaus verwirklicht wird.
Manchmal können die Ärzte ein längst gesundes Kind nicht ent­lassen, weil die Eltern einfach nicht zu erreichen sind.
("Rheinische Post" vom 13.10.1988)

Kommentar überflüssig

Niederlande

In den Niederlanden soll es kün tig auch unverheirateten Paaren erlaubt werden, Kinder zu adop­tieren. Dies will eine Mehrheit des Parlaments in Den Haag. Dagegen erscheint es zweifel­haft, ob auch homosexuellen Paaren dieses Recht eingeräumt wird.
Insbesondere Justizminister Frits Korthals-Altes bekräftigte in dieser Woche Bedenken. Ei­nerseits sieht er die Gefahr von späteren Identitätskrisen für Kinder, die von homosexuellen Paaren adoptiert werden.

Auf der anderen Seite verwies er auf das geltende Familienrecht, das zwei Frauen bzw. zwei Män­ner als Elternpaar ablehnt. Dage­gen wollen die Liberalen, die in der Regierung sind, sowie die Oppositionsparteien keiner Gruppe das Recht zur Adoption verwehren.
("Frankfurter Rundschau vom 29.10.1988)

Zunächst einmal: Sich zu über­legen, ob Homosexuelle Kin­der adoptieren dürfen, zeugt von totaler Verwirrung. Darü­ber hinaus ist es mehr als frag­würdig, Unverheirateten, de­nen der Wille zur Bindung an den Partner fehlt, Kinder an­zuvertrauen, die auf stabile Verhältnisse angewiesen sind. Werden solche Erwachsene genug Kraft haben, sich an ein fremdes Kind zu binden?

Eva aus Afrika

Der amerikanische Biochemiker Allan C. Wilson, der bereits vor drei Jahren mit der Behauptung aufgetreten war, er könne wissenschaftlich beweisen, daß es eine "Urmutter" aller Menschen gegeben habe und diese Afrika­nerin gewesen sei, hat nun ein weiteres Ergebnis seiner For­schungen veröffentlicht: Wilson will herausgefunden haben, daß der moderne Mensch, der Homo sapiens, nur in Afrika entstanden ist, alle weiteren Hominiden-­Spezies verdrängt habe und daß somit letztlich alle Menschen Neger seien.

Wilson bezieht seine Überzeugung aus Untersuchungen des genetischen Materials. Er ging davon aus, daß es in einem ge­wissen zeitlichen Rhythmus Mutationen gebe. Nach der Aus­wertung von 200 Proben aus aller Welt ergab sich bei den Afrika­nern die größte Vielfalt in den Genen, somit die größte Zahl von Mutationen und das größte Alter.

(Die Presse vom 18.1.1989)

Offensichtlich kann die Wis­senschaft nicht ausschließen, daß wir alle von einem Men­schenpaar abstammen. Das ist immerhin beachtlich.
Und außerdem: Neue Funde und neue Denkmodelle der Wissenschaft stellen überdies fortlaufend infrage, was unse­ren Kindern als scheinbar unumstößliche Wahrheit in der Schule verkündet wird: der Mensch habe sich zufällig aus seinen Affenvorfahren ent­wickelt.

Mensch=Tier

Zwei von drei Schweden halten Menschen und Tiere für gleich­wertig, nur 27 Prozent meinen, daß der Mensch höherwertig sei als alle anderen Lebewesen. Dies geht aus einer Untersuchung von drei Forschern an der theologi­schen Fakultät in Uppsala her­vor, die nun erschienen ist. Die Forscher stellen darin eine Ab­kehr von der traditionellen christlichen Ethik mit dem Men­schen als Zentrum der Schöp­fung fest.
Noch vor drei Jahren hatten in einer gleichartigen Untersu­chung erst 44 Prozent die Frage verneint, ob der Mensch größere Wertschätzung verdiene als an­dere Lebewesen. Diesmal wa­ren es 66 Prozent.
In beiden Untersuchungen waren es vornehmlich jüngere Men­schen, die Tiere und Menschen für gleichwertig hielten, was die Forscher glauben läßt, daß diese Einstellung sich weiter ausbrei­tet.

(Die Presse vom 16.1.1989)

Das Überhandnehmen dieses Denkens ist eigentlich die logi­sche Folge des Glaubens an die Evolutionstheorie: Der Mensch ein Zufallsergebnis der Evolution, ein - wenn auch höher entwickeltes - Säugetier. Dementsprechend bedenken­los werden auch die bei Säuge­tieren entwickelten Methoden der künstlichen Reproduktion beim Menschen angewendet. Mit derselben Logik - "gleiche Normen für Menschen und Tiere" - werden Zuchttierhal­tung und Versuche mit Tieren in der Forschung abgelehnt.

30 Millionen Pilger

An der Mailänder Tourismus-­Börse wurde Montag, den 27.2.1989 mitgeteilt, daß jährlich 30 Millionen Europäer an Pilgerrei­sen teilnähmen, davon 93 Pro­zent aus rein religiösen Gründen! Spitzenreiter mit 6 Millionen ist Assisi vor Lourdes mit 5 Millio­nen Pilgern.
Rom-Pilger stellen touristische Interessen in den Vordergrund. Nach Rom, Assisi, Lourdes, Je­rusalem und Santiago de Compo­stella (siehe auch die Einladung zum Jugendtreffen mit dem Papst im August (S. 20) zählen Mariazell und Tschenstochau zu den am meisten gefragten Wall­fahrtsorten Europas.
(Salzburger Nachrichten vom 28.2.1989)

Äußerst erfreulich. Zeichen einer Glaubenserneuerung.

Männer und Väter

Immer mehr Amerikaner neh­men nicht mehr nur ihre Karriere, sondern auch ihre Vaterrolle ernst... Eine Untersuchung des Chemie-Konzerns DuPont ... erbrachte folgende Ergebnisse:
Vor drei Jahren waren erst 18% der Väter an einer Teilzeitbe­schäftigung interessiert, um mehr Zeit für ihre Kinder zu haben. Jetzt sind es 33%.
1985 wollten 12% der Väter in der ersten Zeit nach der Geburt ihres Kindes gerne längeren unbezahlten Urlaub nehmen. Jetzt sind es 26%.
Zahlreiche Firmen haben sich auf das neue Selbstverständnis der Väter eingestellt Das Maga­zin zitiert dazu eine Untersu­chung des US-Arbeitsministe­riums unter 10.345 Unterneh­men: 43% der Firmen bieten fle­xible Arbeitszeit für Väter, 35% Teilzeitarbeit für Väter, 15,5% Job-Sharing (zwei teilen sich einen Arbeitsplatz) für Väter, 8% Heimarbeit für Väter.
(Welt am Sonntag vom 26.6.1988)

Erfreuliche Anzeichen für eine Abkehr von der "vaterlosen Gesellschaft"? Übrigens: In Deutschland ist der Anteil der Väter, die bei der Geburt ihres Kindes anwesend sind, auf 70 % gestiegen!

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