Frage: Ist es nicht so, daß gerade die konservativen Kreise von innen her einen konkreten Vorstoß zur Abschaffung der Fristenregelung verlangen - kommt ein solcher Vorstoß da von Ihnen?
Bischof Klaus Küng: Ich bin selbstverständlich nach wie vor davon überzeugt, daß das ein ganz großes Anliegen, eine große Sache ist. Ich glaube, feststellen zu müssen - tatsächlich, ich kann da kein Wort zurücknehmen, ob jetzt viele kritisieren oder wenig - daß die Abtreibung eben eine furchtbare Wirklichkeit ist in der Welt und auch in unserem Land. Das Gesetz als solches scheint mir auch nicht akzeptabel. Ich bin damit - unter vielem anderen - auch ein wenig befaßt, mache mir meine Gedanken, werde auch in der Bischofskonferenz einen entsprechenden Vorschlag machen und weiß, daß die anderen ähnlich denken.
Frage: Werden Sie versuchen, die Bischofskonferenz dazu zu bringen, daß sie an die Politiker herantritt und sagt: "Ändert das Gesetz über die Fristenlösung!"?
Küng: Es wird zunächst einmal darum gehen, daß wir in der Bischofskonferenz vor allem jetzt das Thema der Abtreibung regelmäßig aufgreifen, daß wir den Schutz des Lebens von der Empfängnis bis zum letzten Atemzug betonen, also den moralischen Aspekt darlegen, wie es der Zuständigkeit der Bischöfe entspricht. Dann wird man immer auch darauf hinweisen müssen, daß die Fristenregelung als solche eben eine Wunde ist, wie auch Kardinal König es immer wieder bezeichnet hat, und ich hoffe, daß die Gläubigen initiativ werden.
Frage: Bedeutet das, daß möglicherweise ein Volksbegehren lanciert werden soll?
Küng: Es ist viel zu früh, um davon zu sprechen. Ich sehe mich davon noch weit entfernt. Ich würde es sofort begrüßen, wenn eine entsprechende Voraussetzung gegeben ist.
(Interview mit Bischof Dr. Klaus Küng ausgestrahlt vom ORF-Landesstudio Vorarlberg am 19.8.1989)