VISION 20005/1989
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Eine umfassende Verantwortung

Artikel drucken (Papst Johannes Paul II)

Die Kirche spricht niemals davon, daß es Aufgabe der Eltern sei, so viele Kinder wie nur möglich zu bekommen - das wäre ein großes Mißverständnis. Natürlich sagt sie auch nicht: je weniger Kinder desto besser. Die Entscheidung über die Kinderzahl liegt bei den Eltern.

Wir wissen alle, daß die Entscheidung der Eheleute zur Elternschaft nicht immer leicht ist und oft Opfer erfordert. Die Kirche ist sich dessen realistisch bewußt, und ihre Lehre über verantwortete Elternschaft richtet sich an die Eheleute - denn sie allein haben das Recht auf Weitergabe des Lebens - und will ihnen helfen bei der Entscheidung, die frei, überlegt und beiderseitig sein muß in Bezug auf den zu planenden Zeitpunkt und die Anzahl der Geburten. Diese Entscheidung sollte - verbunden mit Gebet - in der hochherzigen Wertschätzung ihrer Mitwirkung mit Gott beim Schöpfungswerk gründen sowie in ihrer Verantwortung sich selbst, ihren Kindern, der Familie und der Gesellschaft gegenüber. Diese Entscheidung muß sich auf sittlich vertretbare Methoden der Zeitwahl oder Geburtenbeschränkung stützen, worüber die Kirche zu sprechen berechtigt und verpflichtet ist.

Andererseits bleibt es Aufgabe der Regierungen und internationalen Organisationen, den Eheleuten durch den Aufbau einer sozialwirtschaftlichen Ordnung zu helfen, die das Familienleben begünstigt, ferner durch das Angebot zuverlässiger Information über die demographische Lage, so daß Ehepaare ihre Pflichten und Möglichkeiten richtig orientieren können. (...)

Viel Aufmerksamkeit findet das Verhältnis von Bevölkerung und Entwicklung. Dabei wird weithin anerkannt, daß Bevölkerungspolitik nur ein Teil der umfassenden Entwicklungsstrategie ist. Wieder betont die Kirche, daß bei dieser Entwicklungsstrategie die Bedürfnisse der Familie erstrangige Aufmerksamkeit finden sollen, daß die Familien ermutigt werden müssen, ihre Verantwortung zu übernehmen und aktive Teilnehmer am Entwicklungsprozeß zu werden. Dabei sollte freilich Entwicklung mehr einschließen als das Streben nach materiellen Gütern. Sie sollte breiter angelegt sein und die geistigen wie die materiellen Bedürfnisse der Einzelperson und der ganzen Gesellschaft umfassen. Mit einem Wort: Entwicklungsstrategie muß sich gründen auf einer gerechten weltweiten sozialwirtschaftlichen Ordnung, die eine ausgewogene Verteilung der geschaffenen Güter anstrebt, verantwortungsbewußte Haushaltung gegenüber der Umwelt und den Bodenschätzen, dazu Sinn für moralische Verantwortung und Zusammenarbeit der Nationen, damit Frieden, Stabilität für alle erreichbar werden. Entwicklung darf nicht nur als Bevölkerungskontrolle verstanden werden, und Regierungen oder internationale Organisationen dürfen Entwicklungshilfe nicht von der Erreichung der Ziele der Familienplanung abhängig machen."

An den Generalsekretär der Weltkonferenz für Bevölkerungsfragen, Rom, 7.6.1984; (In: Johannes Paul II: Die Familie - Zukunft der Menschheit; Patris-Verlag 1985)

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