Vor drei Wochen waren wir auf einem Fest - und mitten im Trubel steht plötzlich eine Bekannte, die wir schon ein Jahr nicht gesehen hatten, vor uns: Das Besondere an dieser Begegnung: Thaddäa hatte Schwesternkleidung an, sie war in diesem Sommer in ein Kloster eingetreten. Sie wirkte fröhlich, strahlend - so eine junge Schwester (sie ist gerade
20) hatten wir noch nie gesehen. Im selben Moment haben wir uns auch gefragt: Was bewegt einen jungen Menschen heute zu diesem Entschluß?
“Irgendwie war ich immer schon am Suchen”, beginnt sie zu erzählen, “auch wenn ich es lange Zeit nicht wahrhaben wollte.” Was sie immer schon gespürt hat: daß sie anders war als ihre Freunde in der Schule. “Dabei wollte ich doch so gerne wie sie sein: dieselben Filme anschauen, dieselbe Musik hören, ausgehen, mein Leben genießen - das alles war sehr schön, aber immer habe ich dabei auch gefühlt: es fehlt etwas.” Nach dem Schulabschluß vor zwei Jahren kam eine längere Zeit der Suche. Sie hat zu studieren begonnen, dann einige Zeit gearbeitet. Der Gedanke an eine Berufung in einen Orden kam ihr damals zum ersten Mal, wurde aber wieder verworfen. Dann wurde sie eingeladen, im Sommer mit nach Frankreich in eine Gemeinschaft zu kommen, die sich um obdachlose Menschen kümmert. “Die Sozialarbeit hat mich immer schon angezogen,” erzählt Thaddäa, “und dort wollte ich mich prüfen, ob ich dafür geeignet bin. ”Dort hat sie sich dann zu dem Entschluß durchgekämpft: Sie wollte für die Menschen dasein, die am Rande unserer Gesellschaft stehen. Daheim begann sie dann, an der Sozialakademie zu studieren und am Nachmittag in einem Obdachlosenheim zu arbeiten; dort traf sie eine Kreuzschwester aus Laxenburg, mit der sie sich sehr gut verstand. “Einmal hat sie mich eingeladen, ob ich nicht ihre Ordensgemeinschaft kennenlernen möchte, aber davon wollte ich zunächst nichts wissen,” erzählt sie. Auf der Sozialakademie begann dann eine schwierige Zeit: “Ich war innerlich zerrissen: die anderen Studenten wollten einem ständig einreden, daß es keinen lieben Gott gibt, und daß die Kirche schuld an allem sei: an den sozialen Problemen, an der Unfreiheit der Menschen. Ich habe nie mitschimpfen können, obwohl ich es manchmal auch gerne getan hätte, aber irgendwie habe ich gewußt, daß das alles nicht stimmt.”
Schließlich hat Thaddäa gespürt, daß ihre innerlich unklare Situation eine Entscheidung forderte.
Der Gedanke an das Kloster wurde zum ersten Mal ernsthafter erwogen, allerdings immer noch als rein theoretische Möglichkeit.
“Aber wen der liebe Gott will, den holt er sich schon,” meint sie rückblickend mit einem kleinen Lächeln, “den zupft er so lange, bis er geht ...”
Im Laufe des Frühjahrs konnte sie sich zum ersten Mal - wenigstens für kurze Momente - ein Leben im Kloster vorstellen. Verschiedene Orden hat sie sich angeschaut und deren Aufgaben und Ziele verglichen. Auch wenn es bei jungen, neu entstehenden Gemeinschaften vielleicht einfacher gewesen wäre, so war für Thaddäa letztlich zweierlei entscheidend: das Gefühl der Geborgenheit, das sie bei den Besuchen in Laxenburg gleich empfand, und auch die begonnene Sozialakademie, die sie dort gut anwenden kann: “Von den Aufgaben her ist es bei den Kreuzschwestern genau so, wie ich es mir für mein Leben vorstelle.”
Durch die Wochen der Überlegung kam dann auch für ihre Eltern die endgültige Entscheidung für das Kloster nicht mehr so überraschend - wenngleich sie anfangs schon Schwierigkeiten hatten, sie zu akzeptieren: daß jemand ins Kloster geht, das fanden sie schon gut - aber gerade die eigene Tochter ... Aber auch wenn ihre Mutter es nicht sofort
ganz verstanden hat, so hat sie doch betont: “Wenn es dein Weg ist, dann mußt du ihn wohl gehen.”
Schwergefallen ist es ihr dann schon, sich von allem zu trennen: dem Zuhause, den Freunden, den schönen Kleidern, dem Schmuck. “Man ist viel mehr gebunden, wenn man sich trennen soll”, erzählt sie über die letzten Wochen zu Hause. Aber mit ihrer Entscheidung war auch die Klarheit gekommen, daß der Weg für sie richtig ist.
Zusätzliche Sicherheit gab ihr die Rücksprache mit einem Priester, der sie lange kennt. Und so wagte sie den Schritt: “Christus, ich sage ja - und Du mußt den Rest machen!”
An einem schönen Spätsommertag betrat sie das Kloster. “Und nun, habe ich gedacht, kommt das totale Freudengefühl - aber die ersten Tage hier waren nicht leicht.” Sie konnte die Menschen, mit denen ich sonst immer beisammen war, nicht mehr sehen, konnte bei dieser Hochzeit, bei jenem Treffen nicht mehr dabei sein. “Ich habe gespürt, daß
ich noch ein ‘reicher Jüngling’ bin, daß ich mich noch von vielem lösen muß, um Christus nachzufolgen.”
Ihre Ausbildung an der Sozialakademie setzt sie nun fort. Ab der zweiten Woche kam sie bereits im Ordenskleid. ‘“Dabei haben mir die Schwestern zunächst davon abgeraten, weil man oft verspottet wird”, erinnert sie sich, “aber ich habe mir gedacht: ich geh doch nicht ins Kloster, damit es niemand weiß! Ich möchte den anderen zeigen, daß Gott lebt und mich und die anderen lieb hat.”
“Gott hat eine Berufung für jeden von uns”, sagt sie später, “und wenn ich einen anderen Weg gewählt hätte, würde ich nie in dem inneren Frieden gehen, den ich jetzt spüre. Ich weiß, ich könnte immer noch nein sagen zu Seinem Anruf - aber ich spüre, je mehr ich ja sage, desto mehr wächst auch meine Freude.”