Franz von Assisi gehört zu jenen Persönlichkeiten, die weit über den Raum des Glaubens hinaus bekannt sind.
So ist er zum Patron von Naturfreunden und der Tierschutzvereine geworden. Heute belegen ihn auch die Umweltschützer als Vorläufer für sich mit Beschlag.
1182 wurde Franz in eine wohlhabende Kaufmannsfamilie in Assisi geboren. Als junger Mann führt er ein fröhliches Leben als reicher Kaufmannssohn. Im Städtekrieg zwischen Assisi und Perugia geriet er 1202 in Gefangenschaft, die ein Jahr lang dauerte. Dieses Erlebnis und eine langwierige Krankheit leiteten seinen Sinneswandel ein. Er begann Armen zu helfen, Aussätzige zu pflegen und eine verfallene
Kirche aufzubauen.
Um diese Wiederaufbauarbeiten zu fördern und um den Armen zu helfen, entnahm er Geld und Waren aus dem elterlichen Geschäft, was schließlich den endgültigen Bruch mit seiner Familie zur Folge hatte. Daraufhin wurde er Einsiedler bei Assisi. Am 24. Feber 1208 zeigte ihm die Evangelienlesung des Tages (die Aussendung der zwölf) den zukünftigen Weg: ein Leben in evangelischer Armut zu führen und
Jesus im Leiden nachzufolgen.
Franziskus ging oft ins Hospital der Aussätzigen, wusch mit eigener Hand den Eiter von den schwärenden Wunden und ließ sich ungeachtet der übelriechenden Fäulnis zuletzt nicht davon abhalten, den Kranken „Hand und Mund zu küssen“, wie dies
in den alten Quellen ausdrücklich erwähnt wird. Für Franziskus war das ein Ausdruck seiner religiösen Anschauung, nach welcher er die Aussätzigen „unsere Brüder in Christus* nannte. Er sah in ihnen den verborgenen Herrn. Wo er nur konnte, übte er Barmherzigkeit.
Franz war von Herzen demütig, er war aus Liebe um des armen Christus willen selbst arm geworden, um wiederum den Armen, Elenden und Enttäuschten beizustehen. Er war kein Revolutionär, sondern ein großer Liebender, dessen Herz der gesamten Schöpfung zugeneigt war. Seine kindlich dankbare Verbundenheit mit der Natur, mit der ganzen Schöpfung ist ein prägendes Element seines erfüllten Lebens.
Wenn Franz von Assisi heute von diversen Grünbewegungen als Gallionsfigur hervorgestrichen wird, so geschieht das sicher dort mißbräuchlich, wo Natur um ihrer selbst willen verherrlicht wird. Der heilige Franziskus jedoch sah in ihr das wunderbare Werk Gottes, und er liebte diese Schöpfung, die den Vater im Himmel verherrlicht.
Eine große Ergebenheit gegenüber der Kirche prägte seine Gesinnung. In vielen Schriften bekundete er seine Treue zur Kirche. „Der Herr gab mir - und Er gibt mir immer noch - zu den Priestern, die nach den Vorschriften der heiligen Kirche in Rom leben, wegen ihrer Weihe ein unbegrenztes Vertrauen.“
Dies zeigt sich auch in seinen anfänglichen Schwierigkeiten mit dem damaligen eher machthungrigen Papst Innozenz III, dem das Ordensideal des Franziskus nicht in die kirchenpolitischen Pläne paßte. Durch Verzicht auf jede Art von Selbstbehauptung und ein demütiges Sich-Beugen unter den päpstlichen Spruch enthüllte Franz seine größte Heiligkeit. „Dies bedarf mehr innerer Kraft als es
Mut zur äußeren Auflehnung fordert.“ (Walter Nigg) Durch diese Unterwerfung unter eine unvollkommene Kirchenbehörde erlangten die Armen von Assisi aber große Autorität.
1210 erfolgte die mündliche Bestätigung ihrer Regel als Bruderschaft durch Papst Innozenz IIl. Am 17. September 1224 empfing Franz in den Bergen bei la Verna die heiligen Wundmale Christi - es ist die erste Stigmatisierung in der Geschichte der Kirche. Erst 42jährig starb Franz am 3. Oktober 1226 völlig entkleidet auf der Erde liegend, während auf seinen Wunsch hin die Leidensgeschichte Christi
verlesen wurde. Schon zwei Jahre nach seinem Tod, am 15. Juli 1228 hat Papst Gregor IX. Franz von Assisi heiliggesprochen.
AIsi ch die Lebensgeschichte dieses großen Heiligen durchdachte, wurde mir so richtig bewußt, was die Liebe zum Nächsten eigentlich bedeutet. Zunächst hat dieser Begriff nichts mit romantischen Gefühlen zu tun. Liebe zum Nächsten ist realistisch, praktisch und oft
unbequem. Sie hat auch nicht viel damit zu tun, daß ich einmal im Jahr für die sogenannte .„Dritte Welt“ spende (wobei das auch
notwendig Ist), und mich dann im Gefühl, ein guter Mensch zu sein, für den Rest des Jahres behaglich
zurücklehne.
Franz von Assisi hat einfach den Menschen geholfen, die er in seiner nächsten Umgebung sah, die ihm sozusagen über den Weg
liefen. Wer zu ihm kam, dem wendete er sich liebevoll zu. Und unsere Zeit ist nicht anders als die des heiligen Franz. Wir haben
dank eines ausgebauten Gesundheitswesens keine hilfsbedürftigen Aussätzigen in den Spitälern und am Wegrand.
Aber wir haben rund um uns viele seelisch kranke, viele traurige, viele alte, alleingelassene Menschen und viele desorientierte
und hilflose Jugendliche, viele behinderte und ausgegrenzte Menschen, die sehr wohl auf einen liebenden Blick, ein geduldiges Gespräch, eine hilfreiche Hand, ein tätiges Zupacken oder auch eine finanzielle Hilfe angewiesen wären.
Wenn ich die Augen aufmache, sehe ich, daß sich all das eigentlich in meiner Umgebung abspielt, in meiner Nachbarschaft,
im Büro, in der Schule. Nächstenliebe ist sehr konkret.