Er ist Urgroßvater, und uns ist er ans Herz gewachsen. Auf kurzen Fahrten nimmt er noch das Auto. Es leistet ihm umso wichtigere Dienste, als es die fehlende Kraft seiner müden Beine ersetzt. An jenem Tag tankte er bei einem Supermarkt voll - lang ist die Wagenschlange vor den Benzinpumpen. Dann kommt er dran. Nach beendeter Operation klemmt er sich hinter das Lenkrad, dreht den Zündschlüssel, um zu starten. Nichts: Die Lichter am Armaturenbrett leuchten nicht. Er versucht es noch einmal. Immer noch nichts.
Mühsam steigt er aus, bittet vergebens um Hilfe bei der Kassa und kehrt verzagt zum Wagen zurück. Schon hört man wütendes
Hupen: "Was will der Alte hier? Zu Mittag den Verkehr aufhalten!“ Klarerweise hilft keiner der Fahrer, die hinter ihm stehen. Da steigt ein junger Gärtner aus einem klapprigen Renault und bietet freundlich seine Hilfe an. Er schiebt das Vehikel fort, hebt die Kühlerhaube. Die Diagnose: „Die Batterie ist leer“. Er regt an, eine neue im Supermarkt zu kaufen, begleitet unseren Großvater, trägt die neue Batterie,
baut sie ein, versucht zu starten, übergibt dem alten Mann das Auto ...
Diese beinahe evangelische Geschichte, sozusagen ein motorisierter guter Samariter, könnte uns - wenn nicht zu einer Katechese
- zu vier erzieherischen Überlegungen veranlassen:
- In dieser Zeit der Depressionen und des Raunzens, der Telekatastrophen und Affairen jeglicher Art sollten wir unseren Kindern die Welt um uns so zeigen, daß sie auch die Gegenwart des Schönen, Guten und Wahren in einfachen Dingen erkennen. Es fehlt uns nicht an Beispielen wie diesem. Wir müssen nur lernen, sie zu sehen, über sie zu staunen und für sie zu danken.
- Unser Gärtner hat seine Mittagspause damit verbracht, einem alten Mann, den er nicht kannte, zu helfen. Versuchen wir, nach seinem Vorbild, unseren Kindern den christlichen Sinn für die uns geschenkte Zeit zu geben ...
- Immer früher verfügen die Jungen über ein Vehikel. Bringen wir ihnen nicht nur das Fahren bei, sondern auch, daß man Batterien warten muß - auch im übertragenen Sinn. Ein Akku ... ist in gewisser Weise wie ein menschliches Wesen. Er lebt und stirbt, muß täglich aufgeladen und periodisch überprüft werden. Gleiches gilt für das geistige Leben - mit dem Unterschied, daß wir, wenn der Glaube
tot ist, ihn nicht im Supermarkt kaufen können. Ein Grund zu zeigen, daß wir ihn im Gebet täglich „neu füllen‘“ müssen.
- Heute ist das Auto ein Teil unseres Lebens; ob wir nun mit einem Jauguar oder einem alten Renault unterwegs sind, versuchen wir die Haltung des Gärtner-Samariters anzunehmen ...
So werden wir zur Veränderung der Welt beitragen.
Auszug aus Présences vom 21.10.1993