In der Vendée wurde ein Monument zum Gedächtnis an die Opfer des Aufstands der Bevölkerung gegen die Tyrannei der Jakobiner während der Revolution enthüllt. In Lucs-sur-Boulogne hatte die Revolutionsarmee 564 Menschen, darunter 104 Kinder, im Jahr 1793 in der Kirche eingesperrt und lebend verbrannt ...
Nicht nur im Frankreich, sondern auch anderswo ist der Aufstand in der Vendée und seine blutige Unterdrückung in neuem Licht gesehen worden. Denn historische Ereignisse werden niemals ganz begriffen in der Glut der Leidenschaften, die sie begleiten, sondern erst mit einigem Abstand, abgekühlt durch den Lauf der Zeiten.
Lange hat man es abgelehnt, das zu hören und ernstzunehmen, was aus dem Mund jener, die zugrundegegangen sind, die man lebend verbrannt hat, in die Welt hinausgeschrien worden ist: Die Bauern einer fleißigen Region, für die die Revolution ja scheinbar gemacht worden war, die dieselbe Revolution aber bis zum Exzeß unterdrückt und gedemütigt hat - ja, eben, diese Bauern haben sich gegen die Revolution erhoben!
Daß jede Revolution bei den Menschen Instinkte niedrigster Barbarei, dunkle Kräfte der Mißgunst, der Habgier und des Hasses entfesselt, das hatten die Zeitgenossen wohl registriert. Sie zahlten einen allzu schweren Tribut für die allgemeine Psychose, wenn schon die Tatsache, sich als politisch gemäßigt zu geben oder auch nur so zu wirken, bereits als Verbrechen galt.
Das 20. Jahrhundert hat in den Augen der Menschheit den Glorienschein, der die Revolution im 18. Jahrhundert umgab, erheblich verdunkelt. Von einem halben Jahrhundert zum nächsten ist in den Menschen aufgrund ihrer eigenen Leiden die Überzeugung gewachsen, daß Revolutionen den organischen Charakter der Gesellschaft zerstören; daß sie den natürlichen Lauf des Lebens ruinieren; daß sie die besten Elemente in der Bevölkerung zunichte machen, indem sie den schlimmsten freien Lauf lassen; daß keine Revolution ein Land bereichern kann, sondern nur die skrupellosen Schlauköpfe; daß sie im eigenen Land im allgemeinen Ursache
einer Unzahl von Toten, einer weitverbreiteten Verarmung und - in den schlimmsten Fällen - einer bleibenden Erniedrigung der Bevölkerung ist ...
Wir begreifen nunmehr immer besser, daß soziale Wirkungen, die wir intensiv herbeisehnen, durch eine normale, evolutive Entwicklung mit unendlich weniger Opfern erreicht werden können, ohne allgemeine Verwilderung. Man muß mit Geduld verbessern, was uns jeder
neue Tag bietet.
Es wäre vergebens zu hoffen, die Revolution könne die menschliche Natur erneuern. Das ist es allerdings, was eure, vor allem aber unsere, die russische Revolution so sehr erhofft hatte ... Nie und keinem Land könnte ich eine „große Revolution“ wünschen ...
Die Erfahrungen mit der französischen Revolution hätten den rationalistischen Organisatoren „des Glücks der Völker“ als Anschauungsunterricht reichen müssen. Aber nein! In Rußland hat sich alles noch schlimmer abgespielt, in einem unvergleichbaren
Ausmaß.
Zahlreiche grausame Prozeduren der französischen Revolution wurden von den leninistischen Kommunisten und den internationalistischen Sozialisten artig auch am Leib Rußlands angewendet.
Der Grad der Organisation und die systematische Vorgangsweise waren denen der Jakobiner allerdings weit überlegen.
Wir haben ... auch unsere Vendée gehabt - und sogar mehr als eine. Es waren die großen bäuerlichen Aufstände, jener
von Tambov 1920-21, von Westsibirien 1921.
Eine bekannte Episode: Eine unübersehbare Menge von Bauern in Holzpantoffeln, mit Stöcken und Heugabeln bewaffnet, marschiert beim Klang der Glocken der benachbarten Kirchen auf Tambov, um von Maschinengewehrsalven niedergestreckt zu werden. Der Aufstand von Tambov hat elf Monate lang durchgehalten, obwohl die Kommunisten zu seiner Unterdrückung Kampfpanzer, gepanzerte
Züge, Flugzeuge eingesetzl haben, obwohl sie die Familien der Aufständischen als Geisel nahmen und knapp daran waren, Giftgas einzusetzen.
Wir wissen auch vom leidenschaftlichen Widerstand der Kosaken im Ural, im Dongebiet, in Kuban, Tersk gegen den Bolschewismus.
Er wurde in Strömen von Blut erstickt, ein wahrer Völkermord.
Wenn ich heute das Denkmal eurer heldenhaften Vendée enthülle, so geht mein Blick in die Ferne: Ich sehe in Gedanken die
Monumente, die eines Tages in Rußland errichtet werden, Zeugen des russischen Widerstandes gegen das Anbranden der kommunistischen Horden ...
Aus einem am 25. September 1993 gehaltenen Vortrag des Nobelpreisträgers, zitiert in L’Homme Nouveau vom 17.10.1993