VISION 20002/2012
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Gedenkstätte für Ungeborene

Artikel drucken Eine Inititative mit Vorbildcharakter

Als ich vor einigen Jahren in VISION 2000 einen Artikel über die Errichtung einer Gedenkstätte für ungeborene Kinder las, erfasste mich  die Sehnsucht, auch in unserer Pfarre einen solchen Ort der Trauer und des Gedenkens zu haben. Bei unserem Herrn Pfarrer  und dem Pfarrgemeinderat fiel die Idee auf fruchtbaren  Boden und es fand sich ein Team zusammen, das die Verwirklichung des Gedankens in Angriff nahm.
Dabei gab es vor allem drei wichtige Fragen zu überlegen: Welche Botschaft wollen wir als Pfarre mit dieser Gedenkstätte transportieren? Auf welche Art soll sie gestaltet werden? Und schließlich, wo ist ein geeigneter Ort in unserem Friedhof?
Nach intensiven Gesprächen im Pfarrgemeinderat und im Team kristallisierte sich folgende Intention heraus: Diese Stätte soll ein Ort des Trostes und der stillen Erinnerung für alle Eltern sein, die ein Kind durch eine Fehl-oder Totgeburt verloren haben. Sie sollte uns die Wertschätzung gegenüber den vor der Geburt verstorbenen Kindern vor Augen führen: dass jedes Kind kostbar, einzigartig und von Gott geliebt ist und dass die Pfarrgemeinde an der (oft verborgenen) Trauer der Betroffenen Anteil nimmt.
Mit der Gedenkstätte verbinden wir aber auch die Hoffnung, dass jene, die innerlich um ein Ja zu ihrem ungeborenen Kind ringen, dazu ermutigt werden, ihr Kind anzunehmen und sich der Hilfe Gottes anzuvertrauen. Die Texte sind bewusst so gehalten, dass beide Anliegen Platz finden und eingeschlossen sind.
Wir entschieden uns für eine Gestaltung mit Stein, da dieser nicht nur zeitlos elegant, sondern auch sehr pflegeleicht ist. Die Betreuung der Stätte sollte einerseits einfach und nicht sehr zeitaufwendig sein, andererseits sollen die Rahmenbedingungen es erlauben, dass Betroffene, die diesen Ort besuchen, Blumen oder Kerzen hinstellen können, um ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen.
Die Gemeinde stellte uns dankenswerter Weise eine geeignete Grabstelle zur Verfügung, die weder zu exponiert, noch zu versteckt ist. Es war uns wichtig, dass die Gedenkstätte, die sich in der Gestaltung doch sehr von den übrigen Gräbern unterscheidet, weder unangenehm auffällt, noch in der Masse verschwindet. Sie hat jetzt einen idealen Platz, in einer Nische in der Nähe des Friedhofseingangs und der Leichenhalle, wo auch viele Menschen von auswärts vorbei kommen.
In der „Woche für das Leben“, feierten wir einen Familiengot­tesdienst mit anschließender Einweihung der Gedenkstätte. Dabei haben wir sowohl um Trost für verwaiste Eltern als auch um Vergebung und Heilung für alle, die sich durch eine Abtreibung schuldig gemacht haben, gebetet. In diesen Anliegen beten wir auch zu Allerheiligen, wo nun im Rahmen des alljährlichen Totengedenkens am Friedhof auch bei der Gedenkstätte für Ungeborene Station gehalten wird.
Das Echo in der Bevölkerung ist durchwegs positiv. Viele Frauen haben mir bestätigt, dass es ein großer Schmerz ist, nach dem Verlust eines Kindes, keinen konkreten Ort für die Trauer zu haben. Sie nehmen das Angebot dieser Gedenkstätte für Ungeborene dankbar an. Manche helfen bei der Betreuung der Gedenkstätte mit.
Selbst aus Nachbargemeinden kommen Menschen, um für ihr Kind bei der Gedenkstätte zu beten und ein Licht zu entzünden. Wir sind sehr dankbar, dass dieses Projekt in der Umgebung so gut angenommen wird und ich möchte auch andere Pfarren ermutigen, solche Orte des Gedenkens zu schaffen, da die Sehnsucht danach sehr groß ist.
Bettina Rahm

Die Autorin ist stellvertretende Vorsitzende des Pfarrgemeinderates von Zell am Ziller /Tirol

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