VISION 20002/2023
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Ohne Illusionen – aber voller Hoffnung

Artikel drucken Christen stehen in einem geistigen Kampf, dem sie sich stellen müssen (Christof Gaspari)

Ist es übertrieben zu sagen, wir lebten in einer Zeit, in der alles drunter und drüber zu gehen be­ginnt? Macht sich nicht Verunsicherung breit, wohin man schaut? Fixpunkte gehen ver­loren, Selbstverständliches wird infrage gestellt, man redet an­einander vorbei, traut sich oft nicht, seine Meinung zu sagen, weil sie mit dem nicht konform geht, was die Medien verkünden und scheinbar alle denken…

   
 Die Gemeinschaft Cenacolo führt gestrandete
 Existenzen zum Glauben und zu neuer Hoffnung
 

Nach den Erfahrungen in den drei Jahren, in denen uns die Politik, fast alle Medien und die „Wissenschaft“ in die Corona-Mangel genommen haben, fragt man sich jetzt, da es sich langsam auch im Mainstream herumspricht, dass da viel gelogen worden war, wem man noch vertrauen kann – vor allem, da so viele in der Kirche bei all dem mitgespielt haben. Und jetzt, da wir hier im Westen – wieder unisono – auf Krieg als einzigen Weg eingestimmt werden, wird jeder, der Bemühungen um Frieden einmahnt, als Verräter, naiver Pazifist oder „Putin-Versteher“ an  den Pranger gestellt.
Auf ähnliche Ablehnung stößt auch, wer nicht in den Chor der Klima-Katastrophen-Beschwörer einstimmt und nicht im Kampf gegen den CO2-Ausstoß das Heil der Welt er- und bekennt. Oder noch schlimmer: Wer sich gegen Abtreibung äußert und erklärt, es gäbe keinen wirklichen Unterschied zwischen dem Umbringen eines ungeborenen und eines geborenen Kindes, und dann auch noch klarstellt, es müsse beides in gleicher Weise gesetzlich bestraft werden, um die Kinder zu beschützen, so jemand wird selbst bei nicht wenigen kirchlichen Kreisen auf Unverständnis stoßen.
Da kürzlich der „Synodale Weg“ in Deutschland – mit 80-prozentiger Zustimmung der Bischöfe! – die Segnung homo­sexueller Paare beschlossen hat, wird wohl auch jeder, der in praktizierter Homosexualität ein sexuelles Fehlverhalten sieht, vor dem man die Jugend bewahren müsse, als reaktionär, ja als unchristlich gelten.
Was ist da geschehen? Und: Wie können Christen, die ihren Glauben ernst nehmen, mit all dem umgehen? Unlängst las ich eine wertvolle Aussage: Als Christen müssten wir ohne Illusionen, aber voll Hoffnung unser Leben gestalten.
Ohne Illusionen, was bedeutet das? Einfach, die Realität zur Kenntnis zu nehmen. Und zwar nicht nur in ihrer äußeren Erscheinungsform. Für uns Chris­ten ist es wichtig, den geistigen Hintergrund der Situation auszuleuchten. Die Widrigkeit, die wir erleben, ist ja nicht Ergebnis einer zufälligen historischen Konstellation, sondern einer geistigen Entwicklung, mit der wir seit langem konfrontiert sind. Mit ihr gilt es sich auseinanderzusetzen.
Und wenn wir von geistiger Entwicklung sprechen, so sollten uns die Worte des heiligen Paulus in Erinnerung kommen, dass wir Christen immer schon in einem geistigen Kampf stehen. Nur haben es die meisten längst ausgeblendet und sind auf den Zug des scheinbar unaufhaltsamen Fortschritts aufgesprungen. Er hat uns vorgegaukelt, dass die Fortschritte von Wissenschaft, Technik und Organisation uns in ein irdisches Paradies führen würden. Alles schien möglich, wenn wir Menschen es nur klug anstellen. Die Instrumente stünden bereit – sie würden laufend verbessert.
Ehrlich gesagt: Nach meiner Bekehrung im Erwachsenenalter war ich auch noch eine ganze Weile von dieser Denkweise fasziniert, nur mit dem Unterschied, dass ich dachte, es sei der Wille Gottes, dass Christen hier an vorderster Front mit marschierten. Die zunehmenden Umweltprobleme, die international wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, die finanziellen Machtzusammenballungen… machten aber bald deutlich, dass der Fortschrittszug in die falsche Richtung unterwegs war. Er war und ist geistig fehlorientiert.
Er rollt auf das Ziel des vom Menschen gemachten Heils zu. Der Schöpfer war längst aus den Plänen ausgeblendet. Man hatte ihn ersetzt durch das Konzept Evolution, die auf unerklärliche und unbewiesene Weise quasi aus dem Nichts die erstaunlichs­ten Wunderwerke hervorgebracht habe, auch den Menschen.
Und dieser sei nun berufen, das Werk, insbesondere den Menschen selbst, weiter zu perfektionieren, belehren uns heute die Transhumanisten. Bei den Zielen ist man nicht kleinlich. So liest man etwa bei Yuval Harari, einem prominenten Vertreter dieses Denkens, in seinem Bestseller Homo Deus (Der Mensch als Gott!), jetzt gehe es um die Abschaffung des Todes: „Im 21. Jahrhundert werden die Menschen vermutlich ernsthaft nach der Unsterblichkeit greifen. (…) Und für jedes technische Problem gibt es eine technische Lösung. Wir müssen nicht auf das Jüngste Gericht warten, um den Tod zu überwinden. Dazu reichen ein paar Freaks in einem Labor. War der Tod traditionell ein Fall für Priester und Theologen, so übernehmen nun die Ingenieure…“ (S. 25ff)
An solchen Aussagen merkt man, welcher Geist hinter dem Projekt steckt – nicht nur hinter dem der Transhumanisten. Sie setzen das Denken der Moderne nur konsequent fort, und dieses richtet den Menschen darauf aus, sich alles zu unterwerfen. „Ihr werdet sein wie Gott,“ hatte die Schlange, der Satan, den ers­ten Menschen im Paradies in Aussicht gestellt. Sie würden selbst festlegen können, was gut und was böse ist. Und genau das geschieht heute. Die Werte werden umgepolt: Der materielle Wohlstand wird zum Lebensinhalt. Abtreibung wird ebenso zum Menschenrecht erklärt wie Selbstmord. Pornographie segelt unter der Flagge des Rechts auf Freiheit der Kunst. Das biologische Geschlecht wird für unbedeutend erklärt und das Recht auf Verstümmelung schon Jugendlichen eingeräumt. Sexuelle Verirrungen werden zum gesellschaftlich anerkannten Merkmal der Person…
Das sind die neuen Götzen. Auch sie fordern Menschenopfer: 50 Millionen im Mutterleib getötete Kinder jährlich, tausende getötete Alte und Kranke, eine wachsende Zahl von verstümmelten Kindern und Jugendlichen… Wie bei den Azteken.
Machen wir uns nichts vor, wes Geistes Kind dieser Kult ist. Der Widersacher suggeriert der Welt, sie habe das Christentum überwunden und sei endlich auf dem Weg in die Freiheit. Mitten in diesem mittlerweile etablierten Neuheidentum leben Christen heute. Da dürfen wir uns keinen Illusionen hingeben. Mit diesem Denken gibt es keine Kompromisse, wie sie jetzt etwa beim „Synodalen Weg“ gemacht wurden. Da fehlt es einfach an der Unterscheidung der Geister. Gläubige Christen können nicht Gott und dem Geist der Welt dienen. Das hat der Herr klargestellt, es gilt für alle Zeiten. Und so leben Christen, die auf Gottes Wegen gehen wollen, heute immer mehr als Fremde in ihrem Umfeld.
Die Kirche kann den Weg der  Kompromisse einfach nicht beschreiten. Sie würde nicht nur Christus verraten, sondern jede Attraktivität verlieren. Alle Gläubigen, die sich erst im Erwachsenenalter bekehrt haben, können das bestätigen. Attraktiv an der Kirche ist ihre klare Lehre, die eine Alternative zum perspektivlosen Neuheidentum ist. Jesus Christus kennenzulernen, ist das eigentlich Attraktive an ihrem Angebot. Mit Ihm, dem alle Macht gegeben worden ist, im Himmel und auf Erden, lernt der Mensch, durchs Leben zu gehen. Die Nähe des Mensch gewordenen Gottes, Sein Heiliger Geist sind das Kapital der Kirche, das die Menschen anzieht.
Und damit sind wir beim zweiten Teil des im Titel angeführten Lebensrezeptes für den Christen: die Hoffnung. Wir haben die Zusage, dass „bei Gott denen, die Ihn lieben, alles zum Guten führt.“ (Röm 8,28) Das ist zwar bei dem vielen Unrecht, das fortwährend geschieht, nicht einfach zu glauben, aber es ist der feste Grund, auf dem ein unerschrockenes Leben als Christ aufbaut. Das haben uns die verfolgten Chris­ten aller Zeiten immer wieder bestätigt.
Wir selbst haben es von mehreren Zeugen aus dem ehemals kommunistischen Osten persönlich gehört. Ich zitiere gern den slowakischen Arzt Silvester Krčméry, der in 13-jähriger Haft unter den Kommunisten ein wahres Martyrium erlitten hat, aber im Gespräch mit meiner Frau erklärte: „Wir haben im Gefängnis sehr viel Apostolat gemacht. Dort haben wir viele Bekehrungen erlebt. Auch das war Frucht des Laienapostolats. Es war eine sehr fruchtbare Periode meines Lebens. Vielleicht sollte ich sogar sagen, dass die Zeit im Gefängnis die größte Gnade meines Lebens gewesen ist.“ Und: „… eines wissen wir jedenfalls, das haben wir erfahren: Das Evangelium hat heute dieselbe Kraft wie vor 2000 Jahren. Wir müssen uns nur immer wieder fragen, ob wir uns von dieser Kraft ebenso erfassen lassen wie die junge Kirche.“
Das ist der springende Punkt: Wir werden in dem Maß heute und morgen bestehen können, in dem wir uns für den Heiligen Geist öffnen und uns – so gut es geht – vom Zeitgeist, der sich dem Widersacher verschrieben hat, fernhalten. Damit ist nicht gemeint, dass rund um uns lauter Bösewichte, die in die Fänge des Teufels geraten sind, leben. Aber eines muss klar sein: Wer sich aus der Nähe Jesu Chris­ti weg begibt, gerät zwangsläufig in den Einflussbereich des Bösen, unbemerkt, zunächst schmerzlos, aber dennoch. Chris­tus lässt diesbezüglich keine Zweifel aufkommen. Er stellt klar: „Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich; wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.“ (Lk 11,23) Diese Warnung führt uns vor Augen, in welcher Gefahr alle glaubensarmen Mitmenschen leben. Sie sollte uns ermutigen, sie für Jesus Christus und ein Leben für Ihn zu begeistern.
Damit wird deutlich: Es ist an der Zeit, Abschied von der falschen Vorstellung zu nehmen, es gäbe so etwas wie geistige Neutralität. Es muss uns klar sein: Wir stehen in einem zunehmend heftigen geistigen Kampf, einem, in dem von Gott abgefallene Geister agieren. Paulus macht uns darauf aufmerksam: „Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern (…) gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs.“ (Eph 6,12)
Man muss deswegen nicht gebannt nach bösen Geistern ausschauen und sich auch nicht vor ihnen fürchten. Wohl aber sollte man um ihre Existenz wissen.  Wer durch zweifelhafte Aussagen von Priestern und Bischöfen verwirrt ist, findet im Weltkatechismus klare Antworten. Und wer sich an Jesus Christus und am Glauben der katholischen Kirche  festhält kann auf jeden Fall beruhigt sein: Den Kampf zwischen Gut und Böse hat Jesus Christus längst für sich entschieden.
Daher ist es für Christen überlebenswichtig, sich für Seinen Geist zu öffnen, heute, morgen und immer wieder neu.


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