VISION 20002/2018
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„…dieses Gefühl der Verantwortung uns nicht wenig geistiges Leiden bereitet hat…“

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Es war eine Entscheidung, die dem Papst extrem schwergefallen ist. Das wird deutlich aus den Worten von Paul VI. bei der Generalaudienz  am 31. Juli 1968, der ersten nach Veröffentlichung der Enzyklika Humanae vitae: „Wir müssen euch gestehen, dass dieses Gefühl der Verantwortung uns nicht wenig geistiges Leiden bereitet hat,“ gestand der Papst den am Petersplatz versammelten Gläubigen und: „Noch nie in diesen Zeiten haben wir die Last unserer Aufgabe so stark gespürt…“
Vier Jahre lang hatte ihn das Thema beschäftigt. 1963 hatte Papst Johannes XXIII. eine geheime Kommission eingesetzt. Sie sollte die Probleme der Bevölkerungs- und Geburtenentwicklung sowie der Familie studieren und Antworten auf die Politik der Geburtenbeschränkung geben. Als dann Kardinal Montini Papst wurde, erbt er auch diese Kommission, erweiterte deren Themenbereich sowie die Zahl deren Mitglieder und machte sie 1964 offiziell bekannt. Damit entzog er das Thema Geburtenregelung der Kompetenz des Konzils und behielt sich das letzte Wort in dieser Frage vor. Allerdings geriet die Kommission und deren Arbeit damit auch ins Visier der Medien, die massiv Einfluss auf deren Arbeit zu nehmen versuchten.
All das fand in einer Zeit statt, in der die hormonelle Empfängnisverhütung im Westen ihren Siegeszug antrat. Immer häufiger wurden nun Warnungen vor einer Bevölkerungsexplosion weltweit, 1968 veröffentlicht Paul R. Ehrlich The Population Bomb, einen Alarmruf zum Thema, in dem er hunderte Millionen von Hungertoten für die siebziger Jahre voraussagte. Die Prognosen erwiesen sich allesamt als falsch, aber systematische Verhütung wurde zum quasi unwidersprochenen notwendigen Mittel, um eine gedeihliche Zukunft der Welt zu gewährleisten.
Diese Sichtweise setzte sich auch in der vom Papst eingesetzten und mehrfach erweiterten Kommission durch. Am 24. Juni 1966 kam sie zu dem Ergebnis, Verhütung sei mit der Lehre der Kirche vereinbar.
Zwei Jahre lang erwog nun Papst Paul VI. dieses Thema in seinem Herzen – und entschied schließlich gegen die Mehrheitsmeinung des Gremiums. Am 25. Juli 1968 setzt er die Unterschrift unter die Enzyklika – und löst damit weltweit und innerkirchlich einen Sturm aus, den er allerdings vorausgesehen hatte: „Es ist vorauszusehen, dass vielleicht nicht alle diese überkommene Lehre ohne weiteres annehmen werden; es werden sich, verstärkt durch die modernen Kommunikationsmittel, zu viele Gegenstimmen gegen das Wort der Kirche erheben. Die Kirche aber (…) steht dennoch zu ihrem Auftrag, das gesamte Sittengesetz, das natürliche und evangelische, demütig, aber auch fest zu verkünden.“ (HV 18)
Die Entwicklung der letzten 50 Jahre zeigt, all die Fehlentwicklungen, auf die Paul VI. hingewiesen hatte, sind tatsächlich eingetreten. Der Papst hatte ein prophetisches Wort gesprochen. „Sein genialer Charakter war prophetisch. Er hatte den Mut, sich gegen die Mehrheit zu stellen und die Moral zu verteidigen,“ erklärte Papst Franziskus 2014 in einem Interview mit Corriere de la sera.
Bezeichnend ist auch das Wunder, das zur Seligsprechung von Paul VI. geführt hat: die Heilung eines Fötus im Schoß seiner Mutter.
CG

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