VISION 20006/2017
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Gott wird sich auch unserer Zeit erbarmen

Artikel drucken Was uns eine Erzählung aus dem Alten Testament lehrt: (Von Weihbischof em. Andreas Laun)

Zunächst meist unbemerkt, dann aber mit zunehmender Konsequenz hat sich Europa von seiner christlichen Basis entfremdet und auf Pfade von Menschen gemachten materiellen Wohlstands begeben – in die Gottferne. Weisen nicht die Krisen unserer Tage deutlich darauf hin, dass hier eine Umkehr überfällig und einzige Hoffnung ist?

Lieber Leser, wir alle haben schon als Kinder Geschichten geliebt. Und bis heute hören oder sehen wir lieber eine spannende Geschichte als einen mühsamen, abstrakten Vortrag. Auch in bloßen Märchen steckt meist ein tiefer Sinn. So wage ich es heute, Ihnen eine Geschichte aus dem Alten Testament zu erzählen – alte Geschichte für eine junge Zeit. Im 2. Buch der Könige in den Kapiteln 22 und 23 (1-30) wird erzählt:
Der Hohepriester Hilkija hat ein vergessenes, offenbar auch ihm nicht mehr bekanntes Buch über das Gesetz Gottes gefunden. Aufgeregt gibt er es an den Staatsschreiber Schafan weiter, und dieser liest es dem König vor. Der König ist erschüttert. Er lässt den religiösen Autoritäten sagen:
„Geht und befragt den Herrn für mich, für das Volk und für ganz Juda wegen dieses Buches, das aufgefunden wurde.“ Denn, begründet der König: „Der Zorn des Herrn muss heftig gegen uns entbrannt sein, weil unsere Väter auf die Worte dieses Buches nicht gehört und weil sie nicht getan haben, was in ihm niedergeschrieben ist.“
Man ging zur Prophetin Hulda, und diese sagte: „So spricht der Herr: Ich bringe Unheil über diesen Ort und seine Bewohner, alle Drohungen des Buches, das der König von Juda gelesen hat. Denn sie haben mich verlassen, anderen Göttern geopfert und mich durch alle Werke ihrer Hände erzürnt. Darum ist mein Zorn gegen diesen Ort entbrannt, und er wird nicht erlöschen.“
Dem König selbst lässt Hulda melden: „Durch die Worte, die du gehört hast, wurde dein Herz erweicht. Du hast dich vor dem Herrn gedemütigt, als du vernahmst, was ich über diesen Ort und seine Bewohner gesprochen habe…. Darum habe ich dich erhört.“
Daraufhin ließ der König den Text des Buches vorlesen. Er selbst schloss vor dem ganzen Volk einen Bund mit Gott: „Er wolle dem Herrn folgen, auf Seine Gebote, Satzungen und Gesetze von ganzem Herzen und ganzer Seele achten und die Vorschriften des Bundes einhalten, die in diesem Buch niedergeschrieben sind,“ und „das ganze Volk trat dem Bund bei.“
Nachdem das geschehen war, ließ der König alle Götzenpriester absetzen und einige sogar töten, ihre Kultstätten zerstören, alle Götzenbilder, Baal wird genannt, und die entsprechenden Gegenstände einsammeln und verbrennen. Dann aber befahl der König dem ganzen Volk: „Feiert das Paschafest zur Ehre des Herrn, eures Gottes, wie es in diesem Bundesbuch vorgeschrieben ist.“
Diese Geschichte stammt aus einer anderen Zeit und einer anderen Kultur und einer anderen Gesellschaft. Ja, richtig, aber die Frage ist, ob diese Geschichte nicht sehr leicht übersetzbar ist für uns im 21. Jahrhundert, ja geradezu danach verlangt, weil die alte Geschichte junge Fragen für uns aufwirft:
Könnte es nicht auch heute ein Buch geben, das uns in Frage stellt? Wer könnte der heutige Hilkija sein, der es entdeckt und durch die Verantwortungsträger von heute uns zur Kenntnis bringen sollte? Wenn man meint, drohende Zeichen der Zeit zu erkennen – wäre dies nicht Hoffnung? Was müsste geschehen, wer müsste was tun, damit die Hoffnung Wirklichkeit wird?
Die Geschichte ist eigentlich so klar, dass sich die Antworten auf die Fragen wie von selbst ergeben:
Der heutige Hilkija kann in erster Linie nur die katholische Kirche sein und all jene, die mit ihr den Glauben an die Gebote Gottes teilen und deren Inhalt auch einigermaßen verstehen, weil sie diese mit Benedikt XVI. als „Humanökologie“ erkannt haben, als Gesetz einer „artgerechten Haltung des Menschen für sich selbst“. Daraus entstünde ein neuer, veränderter Zeitgeist, eine andere politische Korrektheit, die das giftige Ideologiegemisch, das heute vorherrscht, ablöst.
Die Hoffnungsträger eines solchen gut biblischen Umdenkens, eines „neuen“ Denkens, sollten die Theologen und Philosophen einer „gesunden Vernunft“ sein. Die Rolle des reumütigen Königs wäre die der Politiker und auch der Bischöfe, die verstanden haben, dass nicht nur reden, sondern auch schweigen sündhaft sein kann, wenn der Träger des Wächteramtes den Feind kommen sieht, aber nicht warnt, um nicht medial an irgendeinen Pranger gestellt zu werden.
Die fremden Götter, die es gemeinsam zu entsorgen gilt, sind die herrschenden Lobbys, die das menschliche Leben zum Freiwild machen, Absurditäten wie Homo-Ehe einführen, und durch Gender in ihrem Machbarkeitswahn einen neuen, anderen, vom Menschen selbst gemachten Menschen erzeugen wollen mit einem anderen „Bauplan“ als den, der lautet: „Gott schuf den Menschen als Mann und Frau!“
Die so dringend nötige Neubewertung unseres Lebens könnte und sollte geleitet werden durch warnende und mahnende Propheten-Worte wie etwa: „Doch sie werden es büßen, denn sie haben ihre Kraft zu ihrem Gott gemacht.“ (Hab 1,11) Bei dieser vergötzten „Kraft“ könnte man an die moralfrei betriebenen Biotechniken von heute denken oder auch an die bittere Ironie des Propheten Jeremia: „Sie wissen, wie man Böses tut, aber Gutes zu tun verstehen sie nicht.“ (Jer 4,22)
Natürlich, eine solche Umkehr ist schwer vorstellbar. Man wird sagen, Angst machen ist kein gutes Mittel für die Welt und ihre Genesung. Schon wahr, aber den Kopf in den Sand stecken, obwohl wir die Gefahren da und dort schon am eigenen Leib spüren, tun wir in allen anderen Fragen auch nicht, sondern wir beobachten, fragen nach dem Warum und suchen nach Hoffnung auf Erhaltung des Friedens, unserer Umwelt und unserer Gesundheit.
Wenn wir uns „erweichen lassen“ wie der König in der Geschichte, haben wir die sichere Hoffnung: Gott wird sich auch unserer Zeit erbarmen wie Er das immer wieder gemacht hat und gerne wieder machen will und wird! Das ist nicht leeres Wunschdenken und „bessere Vermutung“ wie die Wetterprognose für die nächste Woche, sondern sichere Hoffnung. Das bestätigen auch Botschaften wie die von Fatima.
„Wenn möglich, drehen Sie bitte um“, sagt manchmal unser GPS im Auto. Die Bibel hat das schon viel früher und öfter gesagt und die Möglichkeit mitgeliefert, es auch zu tun, sie hat es anschaulich und wörtlich gemeint, und uns damit geholfen, sicher ans Ziel unserer Hoffnung zu kommen. Wäre es nicht vernünftig, es zu versuchen?

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