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Mein Traumberuf: Mutter

Artikel drucken Rückblick auf ein langes Leben als Mutter und Großmutter (Alexa Gaspari)
   
Alexa mit ihren erwachsenen Kindern  

Melden uns nach unserem Treffen wegen Essengehen,“ schrieb mir vor einiger Zeit per SMS der Enkel, der sein Jus-Studium erfolgreich absolviert hat, und den ich mit seinem Bruder – Medizinstudent – danach treffen wollte. „Sehen wir uns um 12 Uhr im Lokal X?“, fragte an einem anderen Tag der älteste Enkel (30) an. Er arbeitet als Konzipient bei einem Rechtsanwalt.
Ja, ich habe das große Glück, nicht nur meine Kinder – die Töchter z.B. auf einen Tee zwischendurch oder meinen Sohn zu einem gemeinsamen Frühstück – sondern auch meine erwachsenen Enkel regelmäßig zu treffen. Ich genieße das. Wenn mehrere zusammenkommen, schwelge ich beim gemeinsamen Lachen, Schmähführen oder Diskutieren sehr. Wie schön ist es, miteinander Zeit zu verbringen!
Als ich vor einigen Jahren einen Vortrag zum Thema „Mutter“ halten sollte, fragte ich meine drei großen Enkel – damals zwischen 13 und 19 –, was die wichtigste Eigenschaft einer Mutter sein sollte? Sie waren sich einig: Eine Mutter sollte vor allem da sein – eine Gegebenheit, die heute, anders als früher, keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Erinnert das nicht an die Worte, die Gott zu Mose gesprochen hat: „Ich bin der Ich-Bin-Da“? Für den anderen da zu sein, ist ein entscheidendes, höchstes Gut.
Als ich 1969 Mutter eines süßen Mäderls wurde, habe ich im Grunde genommen meinen Traumberuf ergriffen. Obwohl ich vorher gut verdient hatte, musste ich mich nicht erst für das  zu Hause bleiben beim Kind entscheiden, hatte ich mich doch riesig darauf gefreut, ein Baby zu bekommen. Und dieses Baby wollte ich selbstverständlich bei mir haben, wollte mich selbst um das Kind kümmern, für die Kleine da sein. Auch war ich ganz sicher, dass niemand meine Kinder – die jüngere Schwester kam zwei Jahre später dazu, viel später der Sohn – so lieb haben könnte wie ich.
Wie viele schöne, bereichernde Erlebnisse hatte und habe ich mit meinen Nachkommen! Von Anfang an durfte ich alles live erleben: das erste Lachen, die ersten Gehversuche, die ersten Liebesbekundungen, die ersten Worte, oder den ersten Kummer mit Spielkameraden. Die Freuden, Kummer und Schmerz geschehen spontan, können nicht auf spät nachmittags oder gar abends verschoben werden. Auch die vielen Warum-Fragen wollen gleich beantwortet werden. Daher ist das Da-Sein so wichtig. Auch konnte ich, da ich ja mein eigener Chef war, meine Kinder ins Spital begleiten, bei Schulausflügen oder Sportveranstaltungen mit dabei sein…
Sie waren bei mir, wenn ich gekocht habe und spielten neben mir. Wir haben geplaudert und einander Geschichten erzählt. Und wie gerne denke ich an die späteren Tee-Sessions in der Küche mit den Heranwachsenden, bei denen alles Wichtige und nicht so Wichtige besprochen wurde, geblödelt und gelacht wurde. Freunde – bei einigen waren die Mütter berufstätig – waren immer willkommen.
Auch für die Enkel hatte ich Zeit, durfte ihre strahlenden Gesichter erleben, als sie mir entgegenliefen, wenn ich sie vom Kindergarten oder der Volksschule abgeholt habe – oder wenn sie statt in den Kinder- lieber in den „Mamigarten“ (die „Mami“, bin ich) wollten. Mit selbst erdachten Geschichten  vor dem Schlafengehen bei uns zu Hause durfte ich ihr Weltbild mitprägen. Die Tage mit jedem Kind einzeln, z.B. in einer Pension in Baden, wo wir uns noch besser kennenlernten, sind unvergessen.
Es gäbe noch viel zu erzählen: Wie der Glaube in unserer Familie Einzug gehalten hat und wir bei verschiedenen Initiativen mithalfen (Strafentlassenenheim, Flüchtlingshilfe, Heimkinder....), begleiteten die Kinder mich oft, wodurch wir gemeinsam andere Facetten des Lebens entdeckten, aus denen auch für unsere Kinder lebenslange Freundschaften entstanden sind.
Hatte ich Probleme? Klar! Und zwar verschiedenster Art: schwere Erkrankungen, finanzielle Probleme, Streit in der Familie, Versäumnisse und Fehler, die ich gemacht und Gott im Gebet hingelegt habe (so sie mir bewusst waren), damit er sie geradebiege…
Aber ich bleibe dabei: Ich habe vor 53 Jahren meinen Traumberuf ergriffen, den ich allen Müttern zum Wohl ihrer Kinder und nicht zuletzt ihrem eigenen, nur wärmstens empfehlen kann. Ein Tipp auch für die Großmütter: Versäumen Sie nicht die Freude und Liebe ihrer Enkel.


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