VISION 20001/2011
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Was Christen glauben, ist vernünftig

Artikel drucken Ein Gespräch über den Atheismus (Walter Kardinal Brandmüller und Ingo Langne)

Wie würdest du jemandem erklären, woran du glaubst?“ hat mich einmal ein Freund gefragt. Ich habe kurz gezögert, worauf er mir erklärte: „Du mußt eigentlich nur das Glaubenbekenntnis sprechen, eine wunderbare Klarstellung, an wen wir glauben: den Vater, den Sohn, den Heiligen Geist…“ Ganz richtig!
Jeder kann sich dann aber leicht ausmalen, was passiert, wenn man heute jemandem, der dem Glauben fernsteht, dieses Bekenntnis vorlegt: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde…“ Da kämen sofort die ersten Einwände: „Was heißt allmächtig! Schau dich doch nur um in der Welt – all das Elend, das Unrecht, Kinder, die leiden… Da soll Gott ein liebevoller Vater sein – und ein allmächtiger womöglich auch noch. So ein Unsinn!“
Darauf zu antworten, ist gar nicht so einfach. Das Buch Vernünftig glauben – Ein Gespräch über Atheismus bietet für solche Situationen eine sehr gute Hilfestellung. Der Filmemacher und Publizist Ingo Langner und der anläßlich des jüngsten Konsistoriums zum Kardinal ernannte ehemalige „Chefhistoriker“ des Vatikans, Walter Brandmüller, setzen sich mit der gängigen Kritik am Glauben der Kirche gekonnt auseinander.
Da kommt gleich zu Beginn das Buch eines kämpferischen Atheisten, des britischen Biologen Richard Dawkins Der Got?teswahn zur Sprache. Dessen Botschaft kennzeichnet Kardinal Brandmüller treffend: Dawkins „ ersetzt Gott durch das anthropische Prinzip, das alles kann, was Gott können müßte, wenn es ihn denn gäbe. Ergo ist das anthropische Prinzip selbst Gott – ergo gibt es ihn, er heißt nur anders!“
So kommt es in dem Gespräch zwischen dem Publizisten und dem Kardinal – es ist tatsächlich ein Gespräch und nicht ein Interview mit Brandmüller – zu vielen interessanten Anfragen an die heute mit größter Selbstverständlichkeit gehandelten Klischees. So wird in einem Kapitel die Aufklärung aufgeklärt, in einem anderen die Rationalität des Glaubens dargelegt und in einem weiteren die Glaubwürdigkeit von Wundern.
Besonders wichtig habe ich die Passagen gefunden, die sich mit den Berichten des Neuen Testaments auseinandersetzen (siehe Seite). Erfreulich die klare Stellungnahme des Historikers Brandmüller: „Tatsächlich gibt es (…) keinen Menschen der Antike, über den wir mehr Gesichertes wüßten als Jesus. Es ist doch eine Ironie der Geschichte, daß in unserer wissenschaftsgläubigen Zeit gerade die historisch-kritischen Wissenschaften ein Element nach dem anderen zu Tage fördern, das die Person des Nazareners immer mehr ins Licht stellt. Das betrifft zunächst jene Schriften, die wir unter dem Namen Neues Testament kennen.“
Kein Mensch zweifle die Existenz des griechischen Philosophen Sokrates an, obwohl nur Platon und Xenophon über ihn berichtet haben. Ihnen glaubt man, was sie erzählen. „Bei Jesus von Nazaret, wo die Quellenlage offenbar eine viel solidere ist, können wir uns vor Zweiflern nicht retten. (…) Offenbar stört Jesus, aber Sokrates nicht.“
Damit ist ein wesentlicher Aspekt nicht nur der zeitgenössischen Bemühungen angesprochen, Wege – auch wissenschaftlich verbrämte – zu finden, um sich nicht mit dem Anspruch Jesu Christi, Mensch und Gott zu sein, auseinandersetzen zu müssen. Wer sich also für Gespräche über unseren Glauben in der heute so kirchenkritischen Umwelt rüsten will, dem sei die Lektüre dieses in verständlicher Sprache gehaltenen Gesprächs zwischen dem Kardinal und dem Filmemacher empfohlen.

Christof Gaspari
Vernünftig glauben – Ein Gespräch über Atheismus. Von Walter Kardinal Brandmüller und Ingo Langner. fe-medienverlag 2010, 223 Seiten, 6,95 Euro.
Auszüge aus dem Buch über die Historizität des NT siehe Seite 13.

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