VISION 20005/2023
« zum Inhalt Lesenswerte Bücher

Eine Kirche, die nicht dient, hat ausgedient

Artikel drucken (Helmut Hubeny)
   
   

In diesem Buch bringt Karl-Heinz Fleckenstein vor allem seine theologische Seite ein. Er nimmt uns mit auf eine geistige Wanderung, die sich mit dem Thema Demut in unserer individualistischen Welt auseinandersetzt. Es geht ihm darum, „im Ränkespiel dieser Welt den Weg Gottes zu entdecken!“
Der Autor setzt sich im Prolog mit dem Gegensatz von Demut und Stolz auseinander. Dazu einige Zitate: „Der aufgeklärte Mensch möchte sich befreien von Unmündigkeit. Er will durch eigene Vernunft und Verantwortung sein eigenes Leben in die Hand nehmen. Er reagiert sehr empfindlich, wenn er zur Demut aufgerufen wird. Unser soziales Klima fördert eine Gesinnung, in der sich erst einmal jeder selbst der Nächste ist. Dabei steht Selbstverwirklichung hoch im Kurs. Das uns heute eher skeptisch stimmende Wort Demut meint im Griechischen Niedrig-gesinnt-sein. Solch eine Haltung spielte für das Selbstverständnis der Christen in der Anfangszeit eine herausragende Rolle. Demut war das Erkennungszeichen für gläubig gewordene Menschen. Heute ist dieses Wort eher zu einer Karikatur des Christseins geworden.“
Und der Autor setzt fort: „Aber wie kann ich jemanden achten, wenn ich keine Selbstachtung habe? Demütig im rechten Sinn aber bedeutet nichts anderes als sich selbst als Mensch in seiner Menschlichkeit zu erkennen und anzunehmen. Also das Ende der Zwänge zur Selbstidealisierung und zur unrealistischen Selbstpräsentation. So verstanden ist Demut überhaupt kein Sklavenwort, sondern ein Freiheitssymbol. Demut ist Mut zum Dienen. Auch für die Kirche.“
Und: „Demut bedeutet, dass Gott immer noch der Allmächtige bleibt. Ich bin es nicht. Und muss es auch nicht sein. Gott sei Dank! Demut ist keineswegs etwas für Weicheier oder gutmütige Trottel. Demütig sein, heißt menschlich werden und menschlich handeln.(…) Der Ruf zu Demut kann aber auch missbraucht werden. Was für den Einzelnen gilt, trifft letztlich auch für die menschliche, weltliche und religiöse Gemeinschaft zu: Auch die Kirchen müssen Demut lernen, wie sie Demut lehren.“
„Eine Kirche, die versucht, möglichst großspurig aufzutreten und sich mit dem Zeitgeist konform verhält, braucht in unserer Zeit der vielen Krisen mit dem Ruf nach tragfähigen Leit­ideen mehr denn je Demut. (…) Der Hochmütige hingegen stellt sich die Frage: wie werde ich mein eigener Gott? Weil er selber sein Leben lenken will. Seine Erfüllungen werden umso umfangreicher, je mehr Finanzen er hat. Je mehr Geld er besitzt, desto unabhängiger glaubt er von anderen Menschen zu sein. Neben dem positiven Stolz, der mit gesundem Selbstbe­wusst­sein oder Selbstvertrauen gleichzusetzen ist, trägt der negative Stolz den Beinamen Arroganz und ist der Ursprung vieler Konflikte. Er besteht in der exzessiven Wertschätzung seiner selbst und seiner Verdienste...
Ein Großteil der aktuellen Probleme in der Welt kommt in der Tat vom Stolz. Vom Stolz des einzelnen und dem Stolz der Völker und Religionsgemeinschaften, die sich über andere erheben. (…) Stolz reißt Gräben auf. Demut baut Brücken. Stolz macht das Herz hart. Demut macht fähig zu lieben. Stolz sieht die Fehler nur beim anderen. Demut kann eigene Fehler einsehen und annehmen. Stolz in der Kirche klagt ständig an. Demut kann sich entschuldigen ...“
In vierzehn Kapiteln verpasst Karl-Heinz Fleckenstein in gewohnt journalistischer Manier passend ausgewählten Zitaten aus dem Neuen Testament knallige Überschriften wie „Eigenlob fängt zu stinken an“ – „Keiner kommt zu kurz“ – „Gott ist kein Gebets-Automat“ – „Wer vergibt die obersten Ränge?“ – „Nichts für Weicheier“ bis schließlich zum titelgebenden Slogan „Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts.“ Dort findet sich ein maßgebender Aufruf: „Überlassen wir als Kirche nicht den Zynikern das Feld, die diesen blauen Planeten weiterhin sinnlos ausbeuten!

Eine Kirche, die nicht dient, hat ausgedient. Von Karl-Heinz Fleckenstein,  LIT-Verlag, 120 Seiten, 19,90€.





© 1999-2024 Vision2000 | Sitz: Hohe Wand-Straße 28/6, 2344 Maria Enzersdorf, Österreich | Mail: vision2000@aon.at | Tel: +43 (0) 1 586 94 11