VISION 20005/2023
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Propagiert wird ein falsches Bild der Frau

Artikel drucken (Christof Gaspari)

Wir sind so an die Sichtweise des Feminismus, die Frau sei ein unterdrücktes, benachteiligtes Wesen, gewöhnt, dass gegenteilige Aussagen fast unglaublich erscheinen. Darf man solche heute noch äußern?, fragt man sich unwillkürlich. Genau solches sagte aber unlängst Martin Schröder, Soziologe an der Universität des Saarlandes, gestützt auf umfangreiche, empirische Untersuchungen in einem Interview in Die Presse (v. 5.8.23). Im Folgenden einige Kostproben aus diesem Gespräch:

Die Daten zeigen, dass Frauen heute in Deutschland, und das kann man jedenfalls auf Österreich umlegen, weder im beruflichen noch im privaten Leben gegenüber Männern benachteiligt sind. Forschungen zeigen beispielsweise. dass Arbeitgeber in frauendominierten Berufen Frauen bevorzugen, Männer allerdings nie signifikant bevorzugen.
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Frauen übernehmen den Großteil der Hausarbeit, das zeigen die Daten klar. Der Unterschied ist signifikant. Und sie machen auch den Großteil der Kindererziehung. Bei der Hausarbeit sind Frauen auch unzufrieden mit der Ungleichverteilung. Es ist also lang nicht alles in Butter. Aber was die Kindererziehung betrifft: Wenn Frauen gefragt werden, sagen sie, dass sie auch gern mehr machen wollen als die Männer.
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Was man mit den Daten aber definitiv widerlegen kann: dass Frauen das Gefühl haben, sie werden unterdrückt, und die Männer sagen, sie können machen, was sie wollen. Die Daten zeigen auch, dass Frauen im beruflichen Kontext nicht benachteiligt sind. Für eine Studie wurden 21.000 Bewerbungen für sechs Berufe in sechs entwickelten Ländern verschickt. Es ist nicht so, dass Männer ständig eingeladen werden und Frauen nicht. Sondern tendenziell werden die Frauen sogar etwas häufiger zu Bewerbungsgesprächen eingeladen. Teilweise gibt es sogar positive Diskriminierung, dass Frauen bessere Chancen haben als Männer. Was nicht heißen soll, dass Männer nun die Opfer sind. Laut den Untersuchungen sind Männer und Frauen in Deutschland und Österreich heute etwa gleich zufrieden mit ihrem Leben.
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Frauen studieren technische Fächer am seltensten dort, wo es am meisten Gleichberechtigung gibt. In Dänemark, Norwegen, Finnland, Schweden. Am öftesten studieren Männer und Frauen dasselbe in Ländern, die am wenigsten gleichberechtigt sind: Algerien, Türkei, Albanien, Vietnam. In Deutschland entscheiden sich Frauen nicht deshalb gegen technische Fächer, weil sie davon abgehalten werden. Sondern - das lässt sich messen - weil sie keine Lust darauf haben. (…) Und die Daten zeigen, dass die Menschen mit ihren Entscheidungen durchaus zufrieden sind. Wir haben deswegen kein Recht, dem Physikstudenten zu sagen, dein Interesse hat dir das Patriarchat eingeredet, studiere doch besser Pädagogik. Oder der Pädagogikstudentin zu sagen, eigentlich ist Nuklearphysik das Richtige für dich.
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Es gibt sehr viele Haushalte, in denen der Mann mehr verdient, länger arbeitet, teilweise in anstrengenden Jobs. Aber er sagt seiner Familie: Mein Konto ist euer Konto. Und davon profitieren auch viele Frauen. Die Situation, dass der Mann den Deckel auf sein Geld hält, spiegelt sich in den Daten nicht wider: 80 Prozent der Paare sagen. sie entscheiden gemeinsam darüber, wofür das Geld ausgegeben wird.

Ich bin erstaunt über meine eigene Reaktion: Eigentlich erlebe ich all das zwar in meinem persönlichen Umfeld. Aber dass es die Erfahrung der überwiegenden Mehrheit der Mitbürger ist, war für mich ein echter Aha-Effekt. Wieder einmal wurde mir klar, wie stark die Meinungsmache wirkt und wie notwendig es ist, Widerstand zu leisten und sich umfassend zu informieren.


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