VISION 20005/2010
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Wirklich eine Mutter

Artikel drucken Rückblick auf ein erfülltes Leben (Anna Mayr-Melnhof; Georg Mayr-Melnhof)

Seit dem Familienkongreß 1988 hat Maria Anna Mayr-Melnhof VISION 2000 großzügig gefördert. Im August ist sie zum Herrn heimgegangen. Im folgenden ein Auszug aus dem berührenden Nachruf ihres Sohnes.

Sie war eine Mutter, eine wirkliche Mutter. Sie war Mutter nicht nur dem Papier nach, dem Titel oder dem Berufe nach, sondern sie war Mutter bis in die tiefste Faser ihres Herzens und ihres ganzen Lebens. Das war ihre Urberufung, ihr großes Charisma und ihre ganze Erfüllung.
Sie war Mutter in allen schönen Stunden und in allen schweren Momenten des Lebens. Mutter zunächst für uns zehn Kinder. Zehn Kinder! Das muß ich so betonen, weil ich der Neunte bin und es so zu schätzen weiß, daß ich überhaupt leben darf.
Zehn Kinder: Diese Tatsache alleine läßt uns schon von ihrer Ganzhingabe und Heiligkeit etwas erahnen. Der Mami war die Gabe geschenkt, immer da zu sein, immer ein offenes Ohr und Herz zu haben, ein Wort des Trostes, der Ermutigung und auch - wenn notwendig - der Correctio, der Zurechtweisung.
Sie wusste alles, wirklich alles, was ihre Kinder betraf. Die Quellen, aus denen die Mami ihre Informationen bezog konnte man oft nicht festmachen, es war nicht selten ein bißchen unheimlich, daß sie tiefste Herzensangelegenheiten schon beim Namen nannte und ansprach, bevor man sich selber dessen bewußt war.
Kein Liebeskummer, kein kleiner Blechschaden, kein Fünfer in der Schule (und davon gab es mehr als reichlich bei allen meinen Geschwistern und mir), nichts, absolut nichts blieb ihr verborgen - warum? Weil sie eine Mutter war!
Kein Geburtstag, Namenstag, Hochzeitstag, kein Nikolo, Osterhase oder Weihnachten verging - ohne daß nicht der erste Anruf in der Früh der von der Mami war. Ein Packerl mit einer Karte mit ganz besonderen Zeilen folgte in den Stunden danach.
Dies wird uns vielleicht am allermeisten fehlen…
Der Schreibtisch von Mami war die eigentliche Kommandozentrale bei uns hier in Glanegg. Nach außen ganz unscheinbar, nach innen aber sehr effektiv. Jeder von uns wußte, wenn man etwas wollte, ob unaufregend oder wichtig, man mußte zunächst die Mami für sich und seine Idee gewinnen. Alles andere erledigte sich von selber. Kurze Zeit später hörte man aus dem Mund vom Papi: „Die Mami und ich haben beschlossen…"
Sie war immer jene, die im Hintergrund die Fäden zog, alles abwog, überdachte, bebetete und dann mit dem Papi abstimmte. In ihrer großen Bescheidenheit, war ihr der zweite Platz immer viel lieber als der erste.
Die Mami war keine Frau für Blitzlicht, Presse oder Fernsehen. Ihr Platz, an dem sie wirklich zu Hause war, waren die Herzen ihrer Kinder, ihrer Familie und unzähliger Menschen, für die sie sich engagierte.
Eine Begegnung mit der Mami war für ganz viele Menschen ein oft unvergeßliches Erlebnis. Sie hatte da ein ganz spezielles Charisma und eine Gabe, die ihr von Gott geschenkt wurden. Ihr großes Mutterherz war für niemanden zu klein: Papi, Kinder, Betrieb und all ihre unzähligen Engagements.
Kam ein Kind auf die Welt, die Mami war die erste, die eintraf. Hatte jemand einen Unfall oder eine Krankheit, die Mami war immer unter den ersten, die am Krankenbett erschienen. Sie nahm mit den Ärzten Kontakt auf, verhandelte und setzte sich ein. Ging es bei jemand dem Ende zu - die Mami saß an seiner, an ihrer Seite. Sie tröstete die Trauernden und freute sich mit den Fröhlichen.
Was für eine faszinierende Frau tragen wir da heute zu Grabe!
Eine zweite Seite möchte ich noch kurz beleuchten: Sie war eine Frau an der Seite Jesu - sie ist eine Frau an der Seite Jesu. Ihr tiefer inniger Glaube und ihre faszinierende Spiritualität waren die Urquelle ihres Lebens und ihres Wirkens. Die Mami lebte aus der Eucharistie und aus den Sakramenten der Kirche, sie lebte aus der Liturgie, dem Lobpreis, vor allem der Ostkirche, und aus dem Wort Gottes.
(…) Als die Mami vor genau drei Monaten den Befund bekam, daß ihre Zeit hier auf Erden sehr absehbar ist, sagte sie zu mir: „Georg, was für eine große Gnade!“ Ich dachte im ersten Moment, sie falsch verstanden zu haben. Aber nochmals erklärte sie mir mit ganz frohem Herzen, daß sie es als große Gnade empfinde, am Horizont ihres so erfüllten, schönen und langen Lebens einen Wink zu bekommen, daß die Zeit der Vorbereitung für die letzte, die wichtigste Reise begonnen hat.
Und so begann die Mami alles vorzubereiten: sich selber, den Papi, uns Kinder und viele von Euch.
(…) Die letzten Tage und Stunden bei und mit der Mami waren unvergeßlich und tief beeindruckend für alle, die dabei sein durften. Ihr Zimmer war erfüllt von Lobpreis, Gebet und einem himmlischen Frieden. Am Sonntag, den 1.August um 3.30 Uhr in der Früh hatte die Mami ihren letzten Atemzug und ihre Seele wurde in die Herrlichkeit Gottes hineingeboren. Es war die Stunde der Auferstehung des Herrn, am ersten Tag der Woche, in aller Frühe. Es war der erste Tag im Monat August. Dem Monat, in dem wir der Himmelfahrt Mariens gedenken. Hätte man einen schöneren Termin wählen können?

Georg Mayr-Melnhof

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