VISION 20006/2016
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Die Krippenschlacht

Artikel drucken Seit Jahrzehnten sprechen Forschungsergebnisse gegen die außerhäusliche Kleinkindbetreuung (Von Christa Meves)

Seit 50 Jahren wird um die Form der Baby- und Klein­kindbe­treu­ung gerungen. Trotz vieler Be­den­ken forciert die Politik heute die Kinder­krippe. Jetzt geht die Auseinandersetzung in eine neue Runde – eine hoch erfreuliche, stellt die Autorin fest:  

Denn jetzt sind weitere Ergebnisse von Hirnforschern aufgetaucht, die die Fakten erhärten. Aber um dies darzulegen, muss noch einmal die Vorgeschichte dieses Kampfes ins Visier genommen werden. Die Frage, Säuglinge und Kleinkinder von fremden Fachkräften betreuen zu lassen, statt sie – wie bisher allgemein üblich – in der Obhut ihrer leiblichen Mütter zu belassen, tauchte Ende der 60-er Jahre zunächst eher als erstrebenswertes Positivum für eine gedeihliche Wirtschaftsform auf.
In der Nachkriegszeit war es für junge Frauen allgemein üblich geworden, nach dem Schulabschluss eine Ausbildung anzustreben, um berufstätig werden zu können. Und es schien deshalb auch bald für viele Frauen vorteilhaft, diese neue Möglichkeit durch eine sich lang hindehnende Familienphase zu unterbrechen.
Für die Wirtschaft schien das, ein teures, wenig effektives System zu sein. Diese Unterbrechung zu vermeiden, schien sich als Fortschritt zu erweisen, zumal beide Großmächte, die USA und die Sowjetunion, schon durch die Einrichtung von Kindertagesstätten oder Wocheneinrichtungen die Frauen in die Arbeitsprozesse involviert hatten. Im Osten wurde die Mitarbeit der Frau in öffentlichen Diensten damit begründet, dass so das „Arbeiterparadies“ eher erreichbar sei.
Bei den jungen Familien hierzulande begann dieses neue Konzept in dem Maße zu greifen, als ein angemessener Wohlstand dann schneller erreichbar war.
Ich selbst hatte damals als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin – nach meiner eigenen Familienphase – von den 60-er Jahren ab wieder in freier Praxis zu arbeiten begonnen, musste nun aber feststellen, dass die Verhaltensstörungen bei Kindern – das heißt die Erstsymptome schwerer seelischer Erkrankungen im Erwachsenenalter – rasch zunahmen, und zwar vor allem bei den Familien, in denen der „Fortschritt“ durch Fremdbetreuung der Kleinen bereits Fuß gefasst hatte. Denn rasch waren jetzt bereits private Einrichtungen, ähnlich den späteren Tagesmüttern und Nestern für Kleinkinder, aus dem Boden gesprossen.
Anfang der 70-er Jahre begann die Regierung dann diesen Trend durch die Unterstützung von Einrichtungen für Kleinkinder zu begünstigen. Der Ausdruck „Krippe“ wurde geboren.
Als Fachfrau rief dies mein Verantwortungsbewusstsein hervor; denn die Kinderpsychologie hatte ja bereits international Fachbücher parat, die meine Bedenken stützten. Die Kinderforscher René Spitz und John Bowlby z. B. hatten ihre Beobachtungen publiziert. Aus ihnen ging hervor, dass sich die seelisch-geistige Entwicklung der Kinder verzögert, ja, dass sogar Verwahrlosungserscheinungen im Jugendalter immer mehr bei den Kindern in Erscheinung treten, und zwar bei denen, die kein stabiles familiäres Umfeld hatten erleben können.
Ich begann mit Zeitungsartikeln und Büchern vor den Schwierigkeiten zu warnen, denen sich die Familien auf diese Weise immer mehr aussetzten. Die Kinder wurden unruhig, konnten sich im Schulunterricht nicht konzentrieren und zeigten ihr Unglücklichwerden durch Widerspenstigkeit im Umgang mit ihren Eltern. Es zeigte sich auf diese Weise, dass selbst für die Volkswirtschaft – langfristig gesehen – sich keineswegs ein Fortschritt zu größerer Gedeihlichkeit entwickeln würde. Vielmehr trat das Gegenteil ein: In der jungen Generation gab es bald immer mehr Looser, die nicht zu Leistungsträgern wurden, sondern in immer größerer Zahl der Betreuung und der Versorgung bedurften.
Die Süchte durch Genussgifte, vom Alkohol bis zum Rauschgift, die Kriminalität, besonders mit Diebstahl, Raub und Gewaltdelikten bei jungen Menschen, boomten geradezu. Ebenso die Scheidungen in den überforderten Familien mit den Eltern als Doppelverdienern.
Eine erhebliche Zahl von wachen Menschen, besonders im erstarkten Bürgertum, zeigten die gleiche Besorgnis und ermöglichten mir einen rasch wachsenden Freundeskreis. Dieser wurde 1995 als Verein „Verantwortung für die Familie“ e.V. erweitert. Den Vorsitz übernahm der Psychotherapeut Dr. Horst Schetelig, bis heute. Mit Tausenden von Mitgliedern machten wir nun per Petitionen Eingaben an die Regierung und entwarfen auf Tagungen Konzepte für eine gesündere Lebensform, die für junge Mütter eine den Kindern angemessene Form der Entfaltung vorsah.
Durch staatliche Subventionierung sollten die jungen Mütter bei ihrer Hauptaufgabe, ihre Säuglinge und Kleinkinder selbst zu betreuen, unterstützt werden. Ihnen sollte eine eigenständige Rente zugebilligt und späterer Wiedereinstieg in den Beruf erleichtert werden. Außerdem sammelten wir die Erfahrungen, die uns aus den Staaten, bei denen das Krippensystem für Kleinkinder vorrangig eingeführt worden waren.
Unsere Erfahrungen bestätigten sich hier in einer erschreckenden Weise. Kinderärzte aus den Ostblockländern, besonders aus Tschechien, erstellten Studien über die viel größere Zahl von Krankheiten und Infektionen bei Krippenkindern. In den USA wurde eine Vergleichsstudie über  die langfristige Entfaltung von Krippen- und Familienkindern in Aktion gesetzt. Die heimgekehrte DDR bestätigte unsere negativen Erfahrungen ebenso wie Generalsekretär Gorbatschow für die Sow­jetunion. Er erkannte, dass der viel zu hohe Krankenstand in der Bevölkerung vor allem durch irreparablen Alkoholismus den Ruin hervorgerufen hatte, an dem die Sowjetunion 1990 als diktatorisches Staatssystem zerbrach.
Erschreckenderweise gelang es aber keineswegs nun in Deutschland daraus zu lernen und den verhängnisvollen Trend zu ändern. Im Gegenteil: Mit der Einrichtung des PCs begann eine mächtige Verstärkung des Trends dadurch, dass in zunehmendem Maße Krippen eingerichtet und vom Staat einseitig subventioniert, Mutterschaft immer weniger unterstützt und vor allem durch eine entsprechende Politik ihres Ansehens immer mehr beraubt wurde.
Familienbildung wurde geradezu unmodern, der Geburtenschwund ließ besorgt um den künftigen Wohlstand fürchten. Aber Schlimmer noch: Unser Bemü­hen wurde ohne jede Berechtigung als anrüchig von den Medien in ein diffamierendes Licht gesetzt. Es half sogar nicht einmal, dass nun im neuen Jahrtausend die NICHD- Studie aus den USA keineswegs erbrachte, was man sich doch erhofft hatte, und was auch die deutschen Professoren, Ahnert und Fthenakis vollmündig, scheinbar „wissenschaftlich“ behauptet hatten: Dass die Krippenkinder die starke Mannschaft der Zukunft seien. Denn in den USA traf genau das Gegenteil ein: Als die Arbeitsfähigen, als die potenten Leistungsträger, als die sozial besser Angepassten, erwiesen sich eindeutig die Familienkinder.
Aber selbst diese internationalen Erfahrungen fanden keine Beachtung im mitteleuropäischen Trend: Nachhaltig wurde den jungen Familien eingeblasen, dass vor allem die frühe Fremdbetreuung durch Profis die Intelligenz und Soziabilität des Kindes optimal fördern und damit gewährleisten würde. Half es nicht, dass selbst in Australien und Südamerika Studien einhellig berichteten, dass Säuglinge, die lange von den leiblichen Müttern gestillt, sowie liebevoll und sprechfreudig betreut werden, bereits im Grundschulalter intellektuell die Spitzenreiter sind?
Auch heute noch bleiben Menschen mit gesundem Menschenverstand (von den fortschrittlichen Nachbarn und Printmedien geschmäht) hartnäckig dabei, ihre Kinder in Eigenregie aufzuziehen. Und unter den Christen tauchen sogar Verbände auf, die den gesunden Trend unterstützen.
Können wir nicht aus der Erfahrung lernen? Müssen wir ideologisch verseucht immer mehr depressive chronisch Kranke in unserer Gesellschaft produzieren, bis unsere Sozialsysteme oder was auch sonst noch zusammenbrechen? Müssen so viele Menschen ein von anderen abhängiges Schicksal als persönliches Riesen-Unglück erleiden, weil man ihnen die natürlichen Lebensbedingungen geraubt hat?
Es bleibt nichts anderes übrig, als gewissermaßen politisch inkorrekt wissenschaftlich erhärtetes Material zu publizieren. Deshalb hat unser Verein (siehe Kasten) jetzt in einem Newsletter die neuesten Untersuchungen aus Italien publiziert: Da lässt sich u.a. Folgendes nachlesen: Fachkräfte der Universität Bologna „untersuchten, welchen Einfluss die frühkindliche Betreuung unter drei Jahren auf deren spätere kognitiven Fähigkeiten hat. Dazu führten sie IQ-Tests bei Kindern im Alter von 8 bis 14 Jahren durch und kombinierten die Resultate mit Daten von Kindertagesstätten in Bologna.
Das Ergebnis: Mit jedem zusätzlichen Monat, den Kinder in der Kita verbrachten, reduzierte sich der bei den Kindern später gemessene IQ-Wert um durchschnittlich 0,5%!“
„Das italienische Forscherteam erklärt diesen Befund damit, dass Kinder in der Kita meist weniger Gelegenheit zur unmittelbaren Interaktion mit Erwachsenen haben, die als wichtiger Stimulus der frühkindlichen kognitiven Entwicklung gilt.“
„Kleinstkinder unter drei Jahren sind in Krippen nachweislich chronischem Stress ausgesetzt, der u.a. die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigt“, bestätigt auch Prof. Dawirs, Neurobiologe am Universitätsklinikum Erlangen und Institut für Bindungswissenschaften. Und er führt weiter aus: „Wenn Kinder in Krippen leben, also in ‚emotionale Entbindungssituationen‘ kommen, führt das zu einem hohen Risiko, dass die psychische Entwicklung einen ungünstigen Verlauf nimmt.“
Am erstaunlichsten aber ist es, dass selbst die beiden Professoren in Deutschland, Ahnert und
Fthenakis, die über Jahrzehnte hinweg lautstark für Krippenbetreuung geworben hatten, jetzt mit ihren Verlautbarungen zum Thema in der Öffentlichkeit zurückrudern!
Wer realistisch und ohne ideologische Scheuklappen beobachtet, kann sogar erkennen, dass Krippenkinder eher zu „Beißlingen“ werden als zu glücklichen, leicht erziehbaren Kindern, und liebevollen, leistungsfähigen Erwachsenen. Wer zu Ende denkt, kann erkennen, dass der Mensch sich im Einzelnen, wie im Ganzen, Unglück und wirre Orientierungslosigkeit einhandelt, wenn er meint, er könnte das Leben allein nach seinem Gusto einrichten.
Wer zu Ende denkt, kann ebenfalls wissen, dass uns Gedeihlichkeit nur geschenkt wird, wenn wir uns an die von Gott vorgegebene Naturordnung im Umgang mit unseren Kleinkindern halten. Sollen in Zukunft nur die als „Veraltete“ oder als rechtsextrem verhöhnten Christen allein das Lebensglück für ihre Nachkommen zu erwirken suchen?
Für jede einzelne Familie ist das zwar ein opfervolles, aber gutes, bereits bewährtes, erfolgreiches Konzept. Für die Kleinkinder heißt das Motto unseres Vereins: 9 Monate im Leib (der Mutter), 9 Monate am Leib, 9 Monate an der Hand, 9 Monate in den Fußstapfen, 9 Monate im Blick, dann erst ist das Kind bindungsfest genug, um sich sozial und lernbereit verhalten zu können.


Hilfe für Familien

Verantwortung für die Familie e.V. hat sich aus Fachleuten gebildet, die Eltern in Fragen der Kindererziehung unterstützen möchten. Gegründet wurde das Forum von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten.
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