VISION 20006/2022
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Missionarin unter Muslimen

Artikel drucken Marie Claire Dina Koupaki, Oberin eines rasch wachsenden Ordens, der unter den Ärmsten wirkt (Von Alexa Gaspari)
  
Marie Claire Dina Koupaki

Wir schreiben den 20. September 2022: Mein Mann, Vroni, eine liebe Freundin, und ich erwarten gespannt am Wiener Hauptbahnhof Mutter Marie-Claire Dina Koupaki, die neue Generaloberin der „Gemeinschaft der Dienerinnen Christi“ im Niger. Wie wird der erste Kontakt sein? Bis jetzt hatten wir mit der Nachfolgerin unserer 2021 verstorbenen Freundin Mutter Marie-Catherine Kingbo (Portrait Vision 1/09) nur Mails gewechselt.
Gott sei Dank ist die gebürtige Senegalesin mit ihrer Schwesterntracht leicht zu erkennen, als sie den Zug verlässt. Fröhlich, ungemein sympathisch, mit einem anziehenden Lächeln macht sie es uns leicht, sie gleich ins Herz zu schließen. Dafür, dass sie vorher noch nie in Europa war und nun schon seit Tagen Partner und Spender in Frankreich, Deutschland und Tirol besucht hat, finde ich sie recht frisch und entspannt. Gute Nerven braucht sie wohl auch für die große und äußerst vielfältige Aufgabe, die sie im Niger seit etwas mehr als einem Jahr übernommen hat.
In der Zeit, die sie bei ihrem Wien-Besuch bei uns zu Hause verbracht hat, hatten wir Gelegenheit mit Mutter Marie Claire über ihr Leben, ihr Engagement im Niger und die Beweggründe für ihren Einsatz zu sprechen. Gemütlich bei einer Tasse Tee, erzählt sie: Sie sei im August 1972 in Dakar im Senegal geboren, habe drei Halbschwestern und zwei Halbbrüder. Ihre leibliche Mutter sei ein Jahr nach Marie Claires ersten Gelübden verstorben. Ihre Ziehmutter schon sechs Monate zuvor.
Leibliche Mutter, Ziehmutter? Dürften komplizierte Verhältnisse sein, denke ich mir und frage vorsichtig nach. Und da erfahre ich: Schon während ihrer Schwangerschaft 1971 lehnte Marie-Claires Mutter das noch ungeborene Kind ab. Aus Sr. Marie Claires Bericht vermute ich, dass ihrer Mutter wohl Gewalt angetan worden war.
Nach der Geburt wollte die Mutter das Kind bei den Schwestern im Spital zurücklassen. Diese versuchten jedoch, sie dazu zu bewegen, ihr Kind zu behalten. Und so kommt die Mutter nach drei Tagen wieder, holt ihr Baby zwar ab, bringt es jedoch zu ihrer eigenen Taufpatin. Und in deren Familie wächst die kleine Marie Claire dann auf. In unserem Gespräch legt Sr. Marie-Claire Wert darauf klarzustellen: „Ich war immer glücklich bei meiner Ziehmutter. Sie hat alles für mich getan, mir alles gegeben.“
Nach Beendigung ihrer Schulzeit absolviert sie eine Ausbildung als Näherin, denn ihre Adoptiveltern hatten kein Geld für ein Studium. Um sich dennoch weiterzubilden, besucht sie Kurse und macht ein Fernstudium. Schließlich tritt Marie Claire mit 24 Jahren in den Orden der „Filles de Notre Dame du Sacré Coeur“ ein, verlässt diesen aber aufgrund familiärer und anderer Probleme nach zwei Jahren wieder und kehrt zu den Zieheltern zurück. Die Schwestern des Ordens sorgen insofern weiter für sie, als sie die junge Frau einem Ordenspriester zur Seelenführung anvertrauen. Ihn trifft Marie Claire von da an jeden Monat. Als hätte sie damals schon geahnt, was sie Jahre später im Niger an Wissen benötigen wird, belegt sie Fortbildungskurse in Gesundheit und Ernährung.
Es ist wohl in dieser Zeit, dass sie eines Tages Besuch einer Halbschwester und ihrer richtigen Großmutter bekommt. Die jüngere Schwester hatte durch ein Gespräch zwischen Mutter und Großmutter herausgehört, dass es da eine ältere Halbschwester gebe. Und diese wollte sie unbedingt kennenlernen.
So erfährt Marie Claire, dass ihre Mutter gar nicht weit entfernt wohnt, geheiratet und viele Kinder hat. Angeregt durch die Halbschwester macht sie sich eines Tages auf, um ihre Mutter, an die sie sich ja nicht erinnern kann, aufzusuchen. Die Enttäuschung ist groß: Die Mutter begegnet ihr mit Aggressivität. Was für ein Schock! Marie Claire lässt sich jedoch nichts anmerken und bleibt den ganzen Tag dort. Wie unglaublich traurig muss das für sie gewesen sein!
Als sie ihrem Seelenführer von dieser schlimmen Erfahrung erzählt, erklärt dieser: „Damit musstest du rechnen. Du weißt ja nicht, was deine Mutter bei deiner Empfängnis erdulden musste. Aber geh sie weiterhin besuchen.“ Trotz der ersten verletzenden Begegnung, befolgt sie den Rat und besucht die Mutter immer wieder. Und, siehe da: Das Verhältnis zur Mutter bessert sich. „Sie wurde immer netter zu mir, und langsam konnten wir sogar gut miteinander reden.“ Nur an einem Tag hat sie, ungewollt, die Mutter schockiert: „Ich habe sie nach dem Namen meines Vaters gefragt. Das war keine gute Idee, denn plötzlich war sie wie ausgewechselt.“ Wer ihr leiblicher Vater ist, hat mein Gegenüber also nie erfahren. Denn der Priester rät ihr, dieses Thema nicht mehr anzusprechen. „Du brauchst nur zu wissen, dass Gott der beste Vater ist, den du haben kannst,“ erklärt er ihr. „Das genügt.“
In dieser Zeit arbeitet sie 2-3 Jahre im medizinischen Zentrum der Schwestern ihrer Pfarre, um sich auf diesem Gebiet weiterzubilden. Eines Tages lernt ihr Seelenführer Sr. Marie Catherine Kingbo kennen, die dabei ist, eine neue Kongregation im Niger, dem ärmsten muslimischen Land Afrikas, zu gründen. Er erzählt seinem Schützling von dem besonderen Auftrag, den diese Schwester von Jesus selbst bekommen hat: Das wahre Antlitz Christi unter den ärmsten Muslimen bekannt zu machen.
Trotz des Protestes ihres Pfarrers („Du kennst Sr. Kingbo doch nicht, auch nicht den Niger und die Zustände dort…“) fasst Marie Claire den Beschluss, sich Sr. Marie-Catherine anzuschließen. Zuletzt aber gibt ihr auch der Pfarrer grünes Licht: „Du bist erwachsen, geh fort, wenn du meinst, dass du das tun musst.“
Warum sie bereit gewesen sei, alles zu verlassen, um in den Niger aufzubrechen, frage ich nach: „Ich wollte mein ganzes Leben dem Herrn weihen, Missionarin bei den Ärmsten werden, indem ich mich ganz dem Herrn schenke,“ erklärt mir mein Gegenüber, als wäre es das Selbstverständlichste.
2006 ist es dann soweit: Sr. Marie Catherine Kingbo und Sr. Marie Claire Dina Koupaki gehen in den Niger und gründen die „Kongregation der Dienerinnen Christi“ – die erste diözesane Kongregation im Niger. Von da an setzen sich die beiden Frauen gemeinsam unermüdlich vor allem für Frauenförderung und Fortschritte in der Hygiene ein, für eine Steigerung der Lebensbedingungen der Einheimischen (z.B. durch Brunnenbau) und eine bessere Ernährung, für das Wohl der Kinder (vor allem wollen sie die Zwangsheirat kleiner Mädchen verhindern und ihnen Zugang zu Bildung ermöglichen) – ohne jedoch das pastorale Engagement in der Kirche zu vergessen.
2009 soll Marie Claire die zeitlichen Gelübde ablegen, doch gerade zu diesem Zeitpunkt ist die schwerkranke Mutter Oberin in Wien, um sich behandeln zu lassen. 2010 ist es dann aber soweit: Sr. Marie Claire legt am 21. November 2010 ihre ersten Gelübde ab. Danach schickt sie Mutter Marie Catherine in den Senegal, um in Kinderheilkunde und als Kindergärtnerin ausgebildet zu werden. Danach studiert sie zwei Jahre Theologie in der Elfenbeinküste und schließlich wird sie noch 9 Monate lang zur Novizenmeisterin in Burkina Faso ausgebildet.
Nach dieser intensiven Vorbereitung übernimmt sie gemeinsam mit der Mutter Oberin die Unterweisung von 5 Novizinnen. Sie wird zur Drehscheibe der Aktivitäten, immer dann, wenn Mutter Marie Catherine abwesend ist. Dann hält sie die Mutter Oberin telefonisch am Laufenden über den Stand der Dinge, über Probleme und das Fortschreiten der verschiedenen Projekte der Gemeinschaft. Im August 2018 legt Sr. Marie-Claire die ewigen Gelübde ab. 2019 hätte sie gemeinsam mit der Mutter Oberin nach Europa fahren sollen, doch da bricht Corona aus und das Reisen wird unmöglich. 2020 wird eine neue Reise geplant, doch da erkrankt Mutter Marie-Catherine schwer, ihr Zustand verschlimmert sich rasch und sie stirbt im Mai 2021.
„Nach dem Tod der Mutter Marie Catherine war es für mich besonders schwer. Alle rund um mich haben geweint. Ich konnte nicht weinen, ich fühlte mich total von ihr verlassen. Wir waren doch miteinander gekommen, hatten alles miteinander geteilt, erlebt und geplant. Nun war ich alleine zurückgeblieben. Was sollte nun aus uns, aus mir, werden? Wie könnten wir das alles ohne sie schaffen?“
Vor ihrem Tod hatte die Mutter Oberin angeordnet, dass Sr. Marie Claire zunächst für 6 Monate die Leitung übernehmen sollte. Danach müsste eine neue Oberin gewählt werden. Wer sollte nun alle Projekte mit den europäischen Spendern, den Partnern unterschreiben, die Verantwortung übernehmen? Die Wahl der Schwestern fällt auf Sr. Marie Claire. „Das war schwer aber ich habe mich ganz in die Hände Gottes gegeben. Es ist Gottes Werk, es ist Seine Arbeit, bei der ich mitwirken darf.“
„Du hättest dir wohl dieses Amt nicht selbst ausgesucht,“ sage ich. Die Schwester lächelt: „Ja, genauso ist es“. Und sie fährt fort: „Gott sei Dank rufen die europäischen Partner an, um mich zu ermutigen, um mir gute Ratschläge zu geben. Ebenso ist es mit den anderen Schwestern: Wir arbeiten Hand in Hand. Das ist wunderbar. Wir müssen gemeinsam vorwärtsgehen.“
Wo engagieren sich die Schwestern jetzt? Gleich vorweg sei gesagt: Man kann nicht alle Aufgabenbereiche hier aufzählen. Die 21 Ordensfrauen, vier Novizinnen, zwei Postulantinnen und fünf Aspirantinnen teilen sich auf vier Niederlassungen auf. Die umfassen pastorale Aufgaben, etwa die Kinder- und Erwachsenenkatechese, ein Ernährungszentrum für unterernährte Kinder und schwangere Frauen, das Organisieren von Bildungstagen zur Sensibilisierung in Bezug auf diverse Themen, das Betreiben einer Schule und eines Internats für Mädchen – wo die Kinder in einem christlichen Geist erzogen werden – die Betreuung von Gefangenen und Kranken, die Mikrokreditvergabe an Frauen für einen Einzelhandel… Und nicht zu vergessen: Sie bilden Novizinnen und Postulantinnen aus.
Ob sie nun genug Geld für all ihre Vorhaben, ihre laufenden Projekte haben?
„Nein, das haben wir leider nicht. Wir haben zwar Geld für die Ausbauten bekommen, aber es fehlt uns Geld für das Internat der Mädchen, die Kantine sowie das Ernährungszentrum. Alle anderen Projekte konnte ich gut unterbringen.“ Mir scheint  aber die Frage der Alltagsfinanzierung ein wichtiger Punkt zu sein. „Ja, und wir ,“ fährt sie fort, „haben ja kaum die Möglichkeit, etwas selbst zu erwirtschaften. Wir können wohl mit unserer Bäckerei etwas verdienen und haben eine „Boutique“ in der Kleinigkeiten, auch Wasser und Eis, verkauft werden, aber das reicht nicht. Was wir sehr gut brauchen könnten, ist eine Maschine die Hostien herstellt. Das gibt es in der ganzen Diözese nicht. Es wäre eine gute Einnahmequelle. Derzeit beziehen wir die Hostien aus Burkina Faso.“
„Wie gestaltet sich dein Tag in der Gemeinschaft?“ frage ich. „Aufstehen um 5:30 Uhr. Um 5:45 werden die Laudes gebetet. Beim Frühstück wird nicht geredet. Danach verabschieden wir uns voneinander und jeder begibt sich an seinen Arbeitsplatz.“ Als erstes betet Sr. Marie Claire mit den Internatsmädchen. „Übrigens kamen da manchmal Schulkinder herübergelaufen, die mitbeten wollten. Um das zu verhindern – die meisten Schüler sind ja Muslime –, hat der Landesinspektor aber erklärt, die Schwestern müssten einen Zaun mit einer Türe zwischen Internat und Schule aufstellen. Und die Tür müsse in der Zeit, in der gebetet wird, versperrt bleiben.“
Dann geht die Schwester in die Schule und begrüßt dort die Kinder (Diese sind ab drei oder vier Jahre, im Kindergarten und derzeit bis zum 11. oder 12. Jahr in der Schule). Mit der Schulleitung bespricht sie den Schultag sowie etwaige Probleme. Fällt die Schulleiterin aus irgendeinem Grund aus, übernimmt die Schwester deren Aufgabe.
Nach der Begrüßung in der Schule widmet sich die Schwester der Ausbildung der Novizinnen. Das Noviziat dauert 2 Jahre. Wenn die jetzigen Novizinnen das Noviziat im November beenden werden – in diesen Tagen also – kommen die jetzigen Postulantinnen ins Noviziat. Nach dem Unterricht ist Mittagessen: wieder im Schweigen und danach Pause bis 15 Uhr. Jeder betet in dieser Zeit für sich alleine. „Nachher ist entweder wieder Unterricht mit den Novizinnen oder wir arbeiten handwerklich. Das geht bis 17 Uhr. Dann ist Vesper und Rosenkranz. Anschließend werden kleine Arbeiten erledigt, etwa im Garten. Es herrscht Stille. 19 Uhr ist Abendessen. Dann kommt eine freie Zeit für einen Erfahrungsaustausch, miteinander plaudern, usw. Nach der Komplet kehrt Ruhe ein.“
Sehr wichtig – das hat Mutter Marie-Claire erkannt – ist das Delegieren von Arbeiten. Doch die Verantwortung und Koordination für die verschiedenen Aufgaben ist enorm. „Jetzt verstehe ich erst so richtig, warum die Mutter Oberin oft so müde war.“ Trotz Müdigkeit bekräftigt die neue Oberin: „Für mich gilt: Ich bin glücklich und lebe für das Vorwärtsgehen der Gemeinschaft.“
Neben dem Alltag gibt es besondere Gelegenheiten des Austausches mit der Bevölkerung: Zwei- bis dreimal im Jahr finden große Veranstaltungen statt, an der Frauen, Männer, Dorfälteste und Imame teilnehmen. Je nachdem, wieviel Geld die Gemeinschaft dafür ausgeben kann, werden dann zwischen fünf und zehn Bewohner pro Dorf, das die Schwestern betreuen, eingeladen. Das können bis zu 500 Teilnehmer sein. „Die Leute werden von uns hier verpflegt und wir sorgen auch für deren Transport.“ Das stärkt vor allem die Solidarität der Frauen in den Dörfern. Sie fühlen sich nützlicher und werden von ihren Ehemännern mehr respektiert. Diese Tagungen haben schon zur Änderung des Verhaltens bei den Verantwortungsträgern geführt. Ein großer Erfolg: Es gibt in den Dörfern kaum mehr erzwungene Kinder-Ehen.
Einmal in der Woche versorgen die Schwestern 150 bis 200 Schwangere und Mütter von unterernährten Kleinkindern. Und: „So versehen wir jährlich bis zu 600 Mütter mit Lebensmitteln für die Kinder.“ Die Mütter bekommen jeweils für eine Woche die Nahrung für ihr Kind mit. Schon Mutter Marie Catherine hatte uns jedoch erzählt – und Sr. Marie Claire bestätigt es –, dass davon nicht nur die unterernährten Kinder, sondern oft die ganze Familie lebt. So kommt es vor, dass die unterernährten Babys beim nächsten Abwiegen weniger Gewicht auf die Waage bringen als das Mal davor. Wie traurig, das mit ansehen zu müsse!
Trockenheit, Staub, starke Hitze bis über 50 Grad Celsius, Wasserknappheit, Strom, der immer wieder zwischendurch abgeschaltet wird, aber auch Heuschrecken und Insektenplagen sowie Überschwemmungen sind einige der Begleiterscheinungen, die den Schwestern die Erfüllung ihrer Aufgaben erschweren.
„Heuer wird das noch schlimmer werden, da die Ernte sehr schlecht ausfällt. Wir werden noch mehr Unterernährung sehen. Wir werden die einzelnen Ess-Portionen manchmal reduzieren müssen. Und außerdem müssen wir ja 100 von den 233 Schülern zu Mittag mit Essen versorgen. Es sind einfach nicht genug Mittel da für den Ankauf der Nahrungsmittel.“ Und sie ergänzt: „Wir können nur alles in die Hände Gottes und der Vorsehung legen.“ Auf sie zählen die Schwestern ganz fest.
Für  uns kaum nachzuvollziehen ist, was uns die Schwester beim gemeinsamen Abendessen über die Behandlung von Kranken in den Spitälern erzählt. Dabei wird deutlich, wie sehr ihr das zu Herzen geht. Im staatlichen Spital geschieht alles sehr schleppend, hören wir. „Wenn wir mit einem Schwerkranken hinkommen, unterhalten sich die Spitalsanggestellten, ohne den Kranken zunächst zu beachten. Wenn eine Schwester oder ein Kind krank ist, gehe ich daher lieber mit ihm in die private Klinik. Dort wird man zwar besser behandelt, aber als ich mit einem schweren Malaria-Fall eintraf, musste ich die Medikamente selbst besorgen gehen. Und als eine Mitschwester operiert werden musste und eine Bluttransfusion brauchte, hatte sie Gott sei Dank die selbe Blutgruppe wie ich. Also haben mich die Ärzte von der Klinik ins Spital zur Blutabnahme geschickt. Blutabnahmen werden nämlich nur im Spital gemacht. Mit meinem eigenen Blut im Sackerl bin ich dann schnell zurück in die Klinik, weil die Zeit gedrängt hat.“ „So schnell nach der Blutabnahme aufzustehen, war sicher gefährlich,“ meine ich. „Ja,“ gibt die Schwester lächelnd zu, „ich war ziemlich schwindlig auf dem Weg zurück in die Klinik.“
Und außerdem muss man Operationen im Voraus bezahlen. Mutter Marie-Claire erzählt weiter: „Da gab es ein 11-jähriges Mädchen mit einer, wie sich später herausstellte, Riesenzyste im Unterleib. Das Kind konnte vor Schmerzen nicht mehr gehen. Wir mussten sie liegend gleich in die Klinik fahren. Alles musste sehr schnell gehen.“ Doch bevor der Arzt das Mäderl operiert, muss Sr. Marie Claire das Geld für die OP haben, „obwohl es da um Leben und Tod ging,“ schildert mein Gegenüber die dramatischen Momente. Also so rasch wie möglich wieder zurück und schauen, wo sie das Geld zusammenkratzen kann. „Erst als die Ärzte das Geld hatten, wurde das Mäderl – Gott sei Dank erfolgreich – operiert,“ erzählt uns die um die Gesundheit der ihr Anvertrauten sichtlich besorgte Mutter Oberin. Auch da wieder Geldprobleme.
Wir wechseln das Thema: „Gibt es Moslems, die Christen werden wollen? Oder ist das für sie gefährlich?“ will ich wissen.
„Es gibt sie: Ein Dorf hat fast geschlossen den Beschluss gefasst, Christen werden zu wollen. So erhalten sie nun seit einem Jahr jeden Donnerstag von einer der Schwestern und einem Katechisten Katechismusunterricht. Ob dieses Dorf deswegen Probleme mit anderen Muslimen bekommen wird oder ob im Gegenteil dieses Beispiel von anderen Dörfern nachgeahmt werden wird, bleibt abzuwarten,“ sinniert Sr. Marie-Claire.
„Bei einer Hochzeit, bei der die Mutter der Braut Christin und der Vater Moslem waren, waren alle in der Kirche, um der Messe beizuwohnen. Nach der Messe ist ein Moslem zu mir gekommen und hat gesagt: ,Ihr Christen seid wirklich gut erzogen.’“ Wieso er das meine, hat die Schwester ihn gefragt: „Bei euch ist alles so geordnet. Ihr macht das, was der Priester euch sagt. Bei uns ist das leider gar nicht so. Bei uns gibt es viel Unordnung.“ Auch die ausführliche Vorbereitung auf die Hochzeit, habe ihm imponiert. „Bei uns ist nach einer Viertelstunde alles vorbei,“ habe der Mann bedauert, dem auch die ausführliche Predigt an das Brautpaar besonders gefallen hatte.
„Was den Menschen hier gut tut ist unsere liebevolle Zuwendung und die Freude, die wir haben, unseren Mitmenschen durch Werke dienen zu können. Es ist eine ansteckende Freude. Das erfahren wir – und das sagen uns auch die Leute: Sie erkennen darin die Liebe Gottes. Für sie stellen wir die Kirche Jesus Christi dar. Sie sehen, dass Er mitten unter uns ist.“
Abschließend meint mein Gegenüber, die nicht nur ich bereits sehr lieb gewonnen habe: „Alles was ich im Niger erlebt habe, habe ich in tiefer Freude erlebt. Ich fühle mich immer glücklich und ich rechne mit der Vorsehung Gottes. So kann ich, mit tiefem Frieden im Herzen im Glauben und in der Liebe wachsen.“

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