VISION 20002/2005
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Das war wirklich neu für sie

Artikel drucken Jugend für das Leben in einer Schulklasse:

Als ich das Klassenzimmer betrete und mir 26 Augenpaare gespannt entgegenblicken, beginnt mein Herz schneller zu klopfen. Die nächsten beiden Unterrichtseinheiten in einer 2. Klasse der Akademie für Kindergartenpädagogik in Wien sind der Abtreibungsthematik gewidmet. Meine Kollegin und ich wollen die Botschaft für das Leben vermitteln.

Seit 1989 versucht Jugend für das Leben, durch Vorträge in Schulen, Pfarren usw, in Österreich junge Menschen über das Thema Abtreibung zu informieren. In zwei Unterrichtsstunden (häufig Biologie oder Religion) wird das umfangreiche Thema zusammen mit den Schülern erarbeitet. Dabei ist jede Klasse ein Fall für sich - auch diesmal! Während meine Kollegin und ich den Laptop und den Videobeamer für die Präsentation aufbauen, verfolgen uns die neugierigen Blicke der Schülerinnen.

Doch bevor wir uns dem Thema Abtreibung zuwenden, gibt's erst einmal Biologie pur! Die Entwicklung des menschlichen Lebens wird anhand vieler Bilder und Endoskop-Aufnahmen von der Befruchtung bis zur Geburt genau erläutert. Unsere Zuhörer sollen erkennen, daß die Menschwerdung zum Zeitpunkt der Empfängnis stattfindet und daß die Zeit danach nur der Entwicklung bereits festgelegter Merkmale dient. Die Mädchen sind fasziniert und lassen sich zu Zwischenrufen wie “Schau, wie lieb!" oder “So klein, aber schaut schon aus wie du und ich" hinreißen, als sie die Bilder der Kinder im Mutterleib sehen.

Dann, als die Schülerinnen die Zahlen über die Abtreibungen in Österreich hören, schwenkt die Stimmung um. Daß fast jedem zweiten Kind das Recht auf Leben verwehrt wird, hätte sich hier niemand träumen lassen. Auch über die gesetzliche Lage in Bezug auf Abtreibung weiß man in der Klasse wenig Bescheid. Erster Unmut regt sich, als die unterschiedlichen Abtreibungsfristen für gesunde und behinderte Babys zur Sprache kommen.

Auf die Äußerung einer Schülerin, für behinderte Kinder sei es vielleicht besser, nie geboren zu werden, antwortet spontan eine Mitschülerin, sie hätte einen jüngeren, behinderten Bruder. Auch wenn er eine große Herausforderung für die Familie darstelle, wolle ihn keiner als vollwertiges Familienmitglied missen! Als Resümee halten wir fest, daß den schwächsten Mitgliedern unserer Gesellschaft das fundamentale Recht auf Leben verwehrt wird!

Die Abtreibungsmethoden nimmt meine Kollegin durch. Sie bleibt betont sachlich, bringt nur die notwendigen harten Fakten. Ein hoher Informationsbedarf der Teenager zeigt sich in Bezug auf Empfängnisverhütung. Spirale und “Pille danach" sind für die Mädchen zwar nichts Neues, aber daß sie frühabtreibend wirken, hat ihnen noch niemand erzählt. Abtreibung hinterläßt immer zwei Opfer - das Kind und die Mutter. Viele Frauen, die abgetrieben haben, berichten später, unter Traumata zu leiden. Das “Post- Abortion-Syndrome" (PAS) äußert sich durch verschiedenste Symptome wie Schlafstörungen, Depressionen, Angstzustände usw. und hindert viele Frauen daran, wieder den gewohnten Alltag aufzunehmen.

Besonders wichtig ist uns, die betroffenen Mütter nicht als Täter, sondern als Opfer darzustellen, die unserer Hilfe sowie des Verständnisses und Mitgefühls bedürfen. Aber was wäre ein Vortrag über das Thema Abtreibung, ohne Alternativen anzusprechen?

Die Frage wird an die Klasse gestellt und wie aus der Pistole geschossen, geben sich die Mädchen selbst die Antworten, die wir für sie vorbereitet haben: soziale und finanzielle Unterstützung von Schwangeren in Not, Adoption und Aufwachsen des Kindes bei einer Pflegefamilie.

Damit sind wir auch schon beim letzten Teil unseres Einsatzes angekommen: der Diskussion. Den Schülerinnen brennen viele Fragen unter den Nägeln: “Was ist bei Vergewaltigung, finanziellen Schwierigkeiten, Gefährdung der Karriere, Behinderung des Kindes...?" Dem halten wir entgegen, daß das Recht auf Leben absolut ist. Was bedeutet beruflicher oder finanzieller Erfolg im Vergleich zum Reichtum, den ein Neugeborenes in unserer Welt darstellt? Auch kann ein Verbrechen, ein Trauma (Vergewaltigung) nicht durch ein anderes (Abtreibung) wettgemacht werden. Nachdem die Schülerinnen unseren Fragebogen ausgefüllt und wir Informationsmaterial verteilt haben, verabschieden wir uns von ihnen.

Neugierig sehen wir uns in der U-Bahn die ersten Feedback-Zettel an. Schon auf einem der ersten steht zu lesen: “Ich bin froh, daß ich diesen Vortrag miterlebt habe. Meine Meinung hat sich wirklich geändert. Abtreibung - nie im Leben!" Wir lächeln uns über den Fragebogen hinweg zu; sie scheint angekommen zu sein, die Botschaft für das Leben!

N.N.

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