VISION 20004/2013
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Die Revolution der Liebe hat begonnen

Artikel drucken Mit starker Unterstützung der katholischen Bischöfe mobilisieren sich Frankreichs Familien:

Zum dritten Mal haben die französischen Familien öffentlich gegen die „Ehe für alle“ („Marriage pour tous“, auch „Loi Taubira“ genannt: Sie sieht Eheschließung und Adoption für homosexuelle Partner vor) protestiert: Väter, Mütter, Kinder – und viele junge Leute. Aus ganz Frankreich waren sie am 26. Mai angereist, obwohl das Gesetz – hastig durch das Parlament gepeitscht – schon rechtskräftig war. Rund eine Million Menschen (im März waren es sogar 1,4 Millionen gewesen) haben sich auf der Esplanade des Invalides versammelt. Eine rundum friedliche Demonstration, bei der es in den Abendstunden dann zu wenigen Auseinandersetzungen gekommen ist.
Was haben die Medien daraus gemacht? „Krawalle bei Massendemonstrationen gegen Homo-Ehe“ titelten sowohl Die Welt wie Die Presse in ihren online Ausgaben. Ihre Zahlenangaben variieren zwischen zehntausende und 150.000 Demonstranten. Ähnlich der Tenor auch im ORF. Für Mainstream-Medien kann eben nicht sein, was nicht sein darf: dass die Mehrheit der Menschen nicht damit einverstanden ist, dass man ein Fundament jeglicher Kultur, nämlich dass Kinder Anspruch auf einen Vater und eine Mutter haben, zerstört.
Als erstes Volk in Europa stehen die Franzosen gegen eine katastrophale Fehlentwicklung auf. Eine Ermutigung für alle anderen, nicht schicksalsergeben alles über sich ergehen zu lassen…
Im folgenden ein Gespräch mit einem der Organisatoren der „Demonstration für alle“ („Manif pour tous“) und der Bericht einer Jugendlichen aus der Bewegung der „Veilleurs“ (Wächter), Gruppen von Jugendlichen, die auch nach der großen Demonstration und weiterhin friedlich, regelmäßig gegen das Gesetz, die „Loi Taubira“, demonstrieren.


Fröhliche Stimmung bei der Groß­demonstration am 26. Mai in Paris, zu der trotz Einschüchterungsversuchen der Regierung eine Million Franzosen gekommen waren. Dazu ein Gespräch über die Grundanliegen der Bewegung:


Was liegt Ihnen jetzt am Ende dieser großen Kundgebung am Herzen?
Tugdual Derville: Ich empfinde eine große Genugtuung, da ich sehe, dass dieser Muttertag in so würdiger Form begangen worden ist. Obwohl uns Frau Taubira gesagt hatte, dass die Geburt nicht ausschlaggebend sei, um Mutter zu sein, sind wir alle hier doch von einer Frau geboren worden. Daher ist es nötig, laut und deutlich zu sagen: Es geht einfach nicht, Menschen dieses Privileg zu nehmen, das zum Kern des Mensch­seins gehört. Dieses Muttertagsfest war außergewöhnlich gelungen: Es fand statt, nachdem das Gesetz beschlossen worden war. Zwar bin ich traurig, dass es zustande gekommen ist. Meiner Meinung nach ergibt sich trotzdem eine große Hoffnung: Frankreichs Seele ist erwacht. Seit Jahresbeginn haben die unterschiedlichsten Vereinigungen zusammengefunden. Brücken wurden geschlagen, zehntausende Jugendliche haben sich für das Gemeinwohl engagiert. Sie werden die nächsten Jahrzehnte gestalten. Die Revolution der Liebe hat sich in Bewegung gesetzt. Und genau das ist die Antwort auf den von der „Loi Taubira“ propagierten Individualismus. Eine verheißungsvolle Perspektive für unser Land.

Danke für diese hoffnungsvolle Perspektive. Die Freude der Leute hinter Ihnen bringt das auch zum Ausdruck. Befürchten sie nicht, dass es noch zu Entgleisungen kommt?
Derville: Ein solches vielgestaltiges, durchaus auch anarchisches, brodelndes Großereignis – da ist immer alles möglich. So besteht stets auch die Möglichkeit des Missbrauchs. Missbraucht hat uns vor allem die Staatsgewalt, die uns bedrängt – vielleicht weil sie auf anderen Gebieten erfolglos bleibt. Mag sein, dass auch die Opposition uns vor ihren Karren spannen will. Aber wir haben es bisher bewiesen: Unsere Bewegung lässt sich nicht vereinnahmen. Sie ist aus einem neuen Geist entstanden, fernab von den üblichen politischen Spielen, wo es stets um Macht geht. Uns geht es um altruistisch geprägte Beziehungen, um etwas, was man nicht berechnen kann, wie es auch in der Liebe der Eltern zu den Kindern zum Ausdruck kommt. Das ist ja der tiefe Sinn der Ökologie des Menschen. Sie wollen wir aufbauen. Da geht es um einen fundamentalen Wandel, der mich, der Sie, der die gesamte Gesellschaft betrifft, damit deren schwächstes Glied, das Kind, zu seinem Recht kommt. Und das, was sich da hinter uns abspielt, ist verheißungsvoll, weil es eine menschliche Zukunft in Aussicht stellt. Es ist eine Antwort auf den derzeitigen liberalistischen Zwang, der den Menschen erstickt. Es geht darum, dass das Gesetz, der Stärkere sei im Recht, ersetzt wird durch den Schutz des Schwächsten. Das ist mein großer Wunsch.

Wenn man aber bedenkt, wie sehr der Normalverbraucher in einen anstrengenden Alltag eingespannt ist, glauben Sie da wirklich, dass man gegen dieses Gesetz und für eine Ökologie des Liebens kämpfen kann?
Derville: Die Familie ist ja im Grund genommen das grundlegende Öko-System, das heute bedroht ist. Es lebt von der Vielfalt, von der Verschiedenartigkeit von Mann und Frau. Dieses System ist der Stoßdämpfer schlechthin, wenn Krisen die Gesellschaft erschüttern. Wenn man allzu sehr vom Materiellen, ja von Sorgen wegen des Überlebens in Anspruch genommen ist, dann ist die Familie der ideale Ort, um vor persönlichem Scheitern bewahrt zu werden. Nun gibt es heute eine Reihe von Leuten, die den Menschen dekonstruieren wollen, die behaupten, es gebe Mann und Frau nicht mehr, sondern nur undifferenzierte, menschliche Wesen. Die einzige adäquate Antwort darauf ist die Familie und das Bemühen, die Schwächsten zu schützen. Genau das sind wir derzeit dabei zu tun. Und wir werden weitermachen!

Interview mit KTO am 26.5.13. Tugdual Derville leitet die Lebensrechtsorganisation Alliance VITA.

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