VISION 20003/2001
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Mit Gott ist alles möglich

Artikel drucken Erfahrung in der Beratung von Schwangeren in Not

Wenn ich so nachdenke, war meine Meinung zur Abtreibung wie die vieler anderer auch: Für mich persönlich kam Abtreibung nicht in Frage, aber die anderen sollten das tun, was sie für richtig hielten.

Als mein Studium zu Ende ging - ich studierte Lebensmittel- und Biotechnologie -, hatte ich die Sehnsucht im Herzen, zumindestens für eine Zeit “etwas Soziales" zu machen. In dieser Zeit sprach ich mit einer Bekannten, die ich aus den Gebetskreisen bei den Kalasantinern und den Schwestern der Jüngersuche kannte. Sie erzählte mir von ihrer Arbeit bei HLI-Österreich: Der Leiter dort hatte vor, eine Beratungsstelle für schwangere Mütter in Not zu eröffnen. Genau so etwas hatte ich gesucht!

Als ich im November vor drei Jahren mit meiner Arbeit begann, verbrachte ich die erste Zeit im Büro, später kam ich auf die Straße vor die Klinik, um den Müttern in Not Hilfe anzubieten und für sie zu beten. Am 8. Dezember 1997 wurde unsere Beratungsstelle (das Lebenszentrum) in der Postgasse eingeweiht. Von da an war es möglich, die Frauen von der Straße gleich in die Hilfsstelle zu bringen, um sie dort zu beraten, ihnen durch Videofilme die Entwicklung ihres Kindes zu zeigen und ihnen bei der Lösung ihrer Probleme zu helfen.

Rückblickend gesehen war der Dienst auf der Straße eine sehr wichtige Erfahrung für mich, auch wenn es mich immer wieder sehr viel gekostet hat, Menschen vor der Klinik anzusprechen. Die Sehnsucht in meinem Herzen war eine Beratertätigkeit im Zentrum.

Nach einigen Monaten begann ich dann mit diesen Beratungen. Mit der Zeit wurde diese Arbeit aber so umfangreich, daß nicht mehr eine Person allein für den Straßen- wie für den Innendienst verantwortlich sein konnte. Dietmar Fischer, der Leiter, fragte mich, ob ich es mir vorstellen könnte, die Leitung der Beratungsstelle zu übernehmen. Ich wußte nicht, ob ich dazu fähig war und hätte es nie gewagt, von mir aus diese Stellung anzustreben, doch der Gedanke daran machte mir Freude, und ich wußte, daß ich es schaffen würde, wenn Gott es wollte und mir half.

Im Laufe meines Dienstes erkannte ich deutlich, daß unser “Erfolg" auf der Straße und bei den Beratungen im Lebenszentrum direkt mit dem Gebet in der Kapelle, mit unserem Gebet zusammenhing. Verließen wir uns mehr auf unsere Kräfte als auf das Gebet, merkten wir es sehr bald. Die Herzen der Frauen waren verschlossen, und auch unter den Mitarbeitern kam es zu Uneinigkeiten.

Die Arbeit im Lebenszentrum ist für mich eine große Herausforderung. Ich werde mit sehr viel Not konfrontiert, und ich könnte diese Last ohne Gott nie tragen. Natürlich gibt es auch Zeiten, wo ich denke, ich schaffe es nicht mehr... Aber nach einigen Tagen der Erholung zieht mich mein Herz wieder zu den Müttern in Not, und ich weiß, daß dort mein Platz ist.

Es ist so ermutigend zu erleben, wie Frauen, die sehr bedrückt und hoffnungslos die Hilfsstelle betreten, nach der Beratung erleichtert und voller Hoffnung das Lebenszentrum verlassen. Durch die Arbeit wurde mir auch immer mehr bewußt, daß Gott allein der Herr über Leben und Tod ist und daß es mit Gottes Hilfe für jedes Problem eine richtige Lösung gab.

Mit Gott ist alles möglich. Und so möchte ich beispielhaft einige Zeugnisse geben von dem, was Gott wirkt, wenn wir uns ihm zur Verfügung stellen.

September 99: eine Anstellung rettete ein Baby

Ein Mann aus Afrika kam ins Zentrum, um sich zu erkundigen, welche Hilfe es bei uns gäbe. Seine Frau war erst seit kurzer Zeit in Österreich. Sie hatten geplant, zuerst eine Existenz aufzubauen, und dann mit Kindern zu beginnen. Doch es kam anders. Die Frau war bereits in der 11.Woche schwanger. Die beiden bekamen “zufällig" im Gespräch mit Bekannten unsere Adresse, nachdem sie schon fix eine Abtreibung ins Auge gefaßt hatten. Sie hatten Schulden, eine teure, kleine Wohnung und nur wenig Einkommen. Wir sahen uns einen Film über die Entwicklung des ungeborenen Kindes und den “Stummen Schrei" an. Dem Mann tat das Herz weh, wenn er dabei an sein Kind dachte. Ich versprach ihm eine Anstellung für seine Frau. Seine Augen begannen zu leuchten und er bedankte sich sehr. Einige Tage später kam er mit seiner Frau wieder, glücklich über ihr Kind.

Juni 2000: Angst vor der Zukunft

Eine Straßenberaterin kam mit einer Frau ins Zentrum. Die Frau hatte gerade einen Termin für die Tötung ihres Kindes ausgemacht. Laut Arzt hatte sie noch genau eine Woche Zeit dafür. In der Beratung erfuhr ich von den Problemen der Frau. Sie und ihr Mann waren zur Zeit arbeitslos. Die Wohnung war sehr klein, Schulden waren zu bezahlen und die Kinder schon so groß, daß sie endlich ihr Medizinstudium fortsetzen konnte. Der Mann dachte über das Kind einmal so, einmal so- letztendlich sei es doch ihre Entscheidung, sagte er. Die Frau hatte einfach Angst vor der ungewissen Zukunft, auch finanziell gesehen. Im Laufe des Gespräches merkte ich immer wieder, daß sie Kinder eigentlich liebte. Ich gab ihr einen Termin mit unserer Sozialberaterin und forderte sie auf, ihren Mann mitzubringen, damit auch er sowohl mehr über sein Kind erfuhr und die Folgen der Tötung als auch über die Hilfen, die wir ihnen anbieten konnten. Nach einem Gebet ging die Frau nach Hause.

Die beiden erschienen zum ausgemachten Termin, und schöpften neue Hoffnung.

An dem mit dem Ambulatorium ursprünglich vereinbarten Tötungstermin kam die Frau zu mir in die Beratungsstelle. Ihre Knie zitterten. Sie hatte den Termin gerade abgesagt, war ängstlich besorgt und hoffte, daß sie es nicht bereuen würde. Als ich sie wieder zwei Wochen später sah, strahlte sie über das ganze Gesicht, bedankte sich und bot ihre Hilfe an, wo immer wir sie brauchen könnten.

Mir hat diese Geschichte wieder deutlich gemacht, welcher Zerreißprobe Frauen durch die “freie Wahl", ihr Kind töten zu lassen oder nicht, ausgesetzt werden.

Oktober 2000: Beter mit Babybild rettet ein Baby

Eine Frau mit einem Kind von 11/2 Jahren auf dem Arm kam in die Hilfsstelle. Sie war zur Zeit nicht schwanger, wollte sich aber über ihre Möglichkeiten erkundigen, die sie jetzt nach dem Karenzurlaub hatte. Sie war schon etwas mutlos, weil sie ständig herumgeschickt wurde, ohne eine befriedigende Antwort zu bekommen. Als ich ihr bei dieser Gelegenheit auch etwas über Abtreibung und die Folgen erzählte, sagte sie mir: “Ich wollte dieses Kind abtreiben und war unterwegs zur Abtreibungsklinik am Fleischmarkt. Vor der Türe stand jemand mit einem Bild. Ich sah das Bild, drehte mich um und ging wieder weg. Mir war in diesem Augenblick klar geworden, daß das nicht die Lösung sein konnte."

Inzwischen konnten durch das Lebenszentrum Wien (1010, Postg. 11, Tel: 01 5137579) seit 8. Dezember 1997 mehr als 1.900 Kinder (!) gerettet und über 500 Frauen für das Karenzgeld angestellt werden.

Claudia Groger

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